Die Abendblatt-Serie für alle, die Hamburg schon gut kennen, aber immer wieder neu oder anders entdecken wollen. Teil 9.

Der Museumsführer
Hamburgs derzeit einziger Museumsführer repräsentiert die vielfältigen Ausstellungen und Sammlungen der Hansestadt: vom Handwerk bis zur Kunst, von der Geschichte bis zur Ethnologie, von der Arbeitswelt bis zur Schifffahrt. Viele Einrichtungen laden dazu ein, sich selbst spielerisch zu betätigen – vor allem Hamburgs Kinder. Das Buch von Abendblatt-Redakteur Matthias Gretzschel stellt 60 Museen mit Bildern, beschreibenden Texten und zahlreichen Informationen umfassend vor.
„Hamburgs Museen“, Geschichte, Sammlungen und Angebote, 368 Seiten, 16,90 Euro, zzgl. Versand, zu bestellen unter www.abendblatt.de/shop oder Telefon 040/333 66 999

Kunstverein Hamburg
1817, also vor fast 200 Jahren, trafen sich erstmals einige kunstinteressierte Hamburger Bürger, um gemeinsam Grafiken zu betrachten. Die Gruppe, die damit die älteste Kulturinstitution der Hansestadt gründete, gab sich 1822 die erste Vereinssatzung, in der die Förderung der Kunst als Vereinsziel festgeschrieben wurde. Es dauerte dann noch vier Jahre, bis man die erste eigene Ausstellung organisierte. Im Jahr 1850 eröffnete der Kunstverein schließlich eine Galerie in den Arkaden der neu erbauten Börse. Die Sammlung bildete den Grundstock für die Kunsthalle, die 1869 eröffnet wurde. An wechselnden Standorten zeigte der Kunstverein nun Ausstellungen, die Themen der jeweils aktuellen Kunst gewidmet waren. Nach der NSZeit, in der die Machthaber das vereinseigene Haus an der Neuen Rabenstraße konfisziert hatten, konnte der Kunstverein 1963 sein neues, direkt neben der Kunsthalle gelegenes Gebäude beziehen.

1993 zog man schließlich in die heutigen Räume in der umgebauten Markthalle am Klosterwall um. Hier präsentiert der Kunstverein, der über keine permanente Sammlung verfügt, Ausstellungen, die vielfältige, gesellschaftlich relevante Themen und neue Strömungen in der zeitgenössischen Kunst aufgreifen. „Kunstpioniere“ heißt ein neuartiges und innovatives Kooperationsprojekt, bei dem der Verein mit Hamburger Schulen und Kunstinstitutionen kooperiert. Dabei werden Schüler auf innovative Weise dazu angeregt, sich mit zeitgenössischer Kunst auseinanderzusetzen. Zum Veranstaltungsprogramm gehören Vorträge, Filmvorführungen sowie die jährliche Jahresgabenpräsentation. Klosterwall 23,
www.kunstverein.de

Medizinhistorie
Das vom Institut für Geschichte und Ethik der Medizin betriebene Museum ist auf dem Gelände des UKE im Fritz-Schumacher-Haus (Gebäude N30 b), einem eindrucksvollen Backsteingebäude von 1926, entworfen vom Namensgeber. Die neu konzipierte Dauerausstellung widmet sich der „Geburt der modernen Medizin“ und dokumentiert die Geschichte der Medizin vom 19. bis zum 21. Jahrhundert. Dabei geht es um die Forschung, etwa die Bedeutung der Mikroskopie, aber auch um Hamburger Besonderheiten wie die Behandlung von Tropenkrankheiten. Ein Höhepunkt ist der original erhaltene Sektionssaal von 1926 mit acht steinernen Sektionstischen.
Martinistraße 52, www.uke.de/kliniken-institute/institute/geschichte-und-ethik-der-medizin/medizinhistorisches-museum

Pressefoto Sammlung Falckenberg
Pressefoto Sammlung Falckenberg © STURM

Falckenberg
Der Unternehmer Harald Falckenberg ist Hamburgs bedeutendster Sammler moderner Kunst. Im Laufe von Jahrzehnten hat er eine mehr als 1900 Arbeiten umfassende Sammlung aufgebaut, die das New Yorker Fachblatt „ARTnews“ zu den 200 besten der Welt zählte. Falckenberg besitzt wichtige Werke von Daniel Richter, Martin Kippenberger, Jonathan Meese und Albert Oehlen. Seit 2001 zeigt Falckenberg wechselnde Ausstellungen mit Positionen zur Gegenwartskunst und nutzt dafür eine umgebaute Fabrikhalle der Phoenix-Werke Harburg. Neben einem Schaudepot bietet die Halle auf insgesamt 6000 Quadratmetern Platz für die Präsentation von Gegenwartskunst. Getragen wird die Ausstellungshalle von der Kulturstiftung Phoenix Art, auf der Grundlage einer 2011 getroffenen Vereinbarung ist die Privatsammlung mit den Deichtorhallen verbunden.
Wilstorfer Str. 71, www.sammlung-falckenberg.de

Zoologie
Von außen betrachtet ist das ein eher tristes Gebäude. Das Innere erweist sich jedoch als Schatzhaus mit ca. zehn Millionen Exponaten. Es gehört zu den mehr als 30 Forschungs- und Schausammlungen der Uni. Der Bestand geht im Wesentlichen auf das 1843 gegründete Naturhistorische Museum zurück, das im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde.
Martin-Luther-King-Platz 3 www.cenak.uni-hamburg.de/ausstellungen/museum-zoologie.html

Nikolai Kirche  Ost West Strasse ; Ruine;
Nikolai Kirche Ost West Strasse ; Ruine; © HA | Andreas Laible

Mahnmal
Bei den britischen Bombenangriffen, die Hamburg im Juli 1943 in eine Trümmerwüste verwandelten, wurde auch die neugotische Hauptkirche St. Nikolai zerstört, eines der Hauptwerke des britischen Architekten George Gilbert Scott. Erhalten blieb nur der Turm, wesentliche Teile der Ruine beseitigte man in der Nachkriegszeit. Im Kellergewölbe befindet sich heute ein Museum, das vom Förderkreis Mahnmal St. Nikolai erhalten und 2013 mit einem komplett überarbeiteten Konzept und einer Erweiterung neu eröffnet wurde. Der Rundgang beginnt mit der Geschichte des Bauwerks, während im zweiten Raum die Ursachen, Rahmenbedingungen und Vorgeschichte des Luftkrieges dargestellt werden.

Außerdem ist eine vom Historischen Museum Warschau konzipierte Darstellung der Angriffe der Wehrmacht auf Polen und die Zerstörung Warschaus zu sehen. Thema im Hauptraum unterhalb der ehemaligen Apsis ist die Operation „Gomorrha“. An Stelen aus künstlich gerostetem Stahl sind Dokumente, aber auch Originalobjekte wie Blindgänger britischer Sprengbomben zu sehen. Es gibt einen Medientisch, auf dem sich alle wichtigen Ereignisse und Fakten abrufen lassen: vom Ablauf der Angriffe über die Maßnahmen der Flugabwehr und die Zerstörungen bis zu Audio- und Videodokumenten.
Willy-Brandt-Straße 60, www.mahnmal-st-nikolai.de

Familientreffen 5x Duwe Ausstellung in der Fabrik der Künste
Familientreffen 5x Duwe Ausstellung in der Fabrik der Künste © HA | Andreas Laible

Fabrik der Künste
Die Bezeichnung Fabrik passt gut in das Industriegebiet Hamm, das vom Hauptbahnhof nur knapp drei Kilometer entfernt liegt, in dem man aber kaum eine Kulturinstitution vermuten würde. Das ehemalige Lagerhaus wurde mit großem Aufwand umgebaut. Schon 1997 hatte Horst Werner das Gebäude erworben und gegen zahlreiche Widerstände die Nutzung als Ausstellungshalle für zeitgenössische Kunst durchgesetzt. Seit 2007 zieht die Fabrik der Künste bei häufig wechselnden Ausstellungen von meist kurzer Dauer Tausende Besucher an.
Kreuzbrook 10/12 www.fabrikderkuenste.de

Komponisten
Fast Tür an Tür kann man auf der Peterstraße den Großen der Hamburger Musikgeschichte begegnen: Seit 1971 beherbergt die Nummer 19 das Brahms-Museum, seit 2011 auch das Telemann-Museum, seit gut einem Jahr lädt das neue Komponisten- Quartier zum Besuch bei Carl Philipp Emanuel Bach und Johann Adolph Hasse. Bald wird die musikalische Wohngemeinschaft um Ausstellungsteile zu Fanny und Felix Mendelssohn und Gustav Mahler erweitert.
Peterstraße 28, www.komponistenquartier.de

Puppenmuseum Falkenstein Sammlung Elke Dröscher
Eine städtische Küche aus der Jugendstilzeit: blaue Emaille, Zwiebelmuster-Porzellan. Elke Dröscher zeigt ein typisches Küchengerät: Damit radelten' damals die Mütter den Kuchenteig aus, das heißt, sie formten ihn zu kleinem Gebäck. Zum Museum gehören insgesamt 60 Puppenstuben, rund 600 Puppen. 1986 wurde das Museum eröffnet.
Puppenmuseum Falkenstein Sammlung Elke Dröscher Eine städtische Küche aus der Jugendstilzeit: blaue Emaille, Zwiebelmuster-Porzellan. Elke Dröscher zeigt ein typisches Küchengerät: Damit radelten' damals die Mütter den Kuchenteig aus, das heißt, sie formten ihn zu kleinem Gebäck. Zum Museum gehören insgesamt 60 Puppenstuben, rund 600 Puppen. 1986 wurde das Museum eröffnet. © HA | Marcelo Hernandez

Puppenmuseum
Die weiße Villa, die der Architekt Karl Schneider 1923 am Falkensteiner Ufer über der Elbe erbaute, gehört zu den großartigsten Zeugnissen des Neuen Bauens in ganz Norddeutschland. Im Mai 1986 eröffnete hier Elke Dröscher das Puppenmuseum Falkenstein sowie die Galerie Falkenstein. Etwa 500 historische Puppen – überwiegend aus Europa – sowie mehr als 60 Puppenstuben, -häuser, -küchen und Kaufmannsläden umfasst die Privatsammlung, die die Museumsgründerin in Jahrzehnten aufgebaut hat. In der klug konzipierten Ausstellung geht es nicht nur um den nostalgischen Reiz historischer Puppen, sondern um Kulturgeschichte. In der Entwicklung von Puppen vom 18. bis zum 20. Jahrhundert spiegeln sich gesellschaftliche Verhältnisse, pädagogische Absichten und tradierte Rollenbilder, aber auch der Wandel von Mode und Schönheitsideal wider.
Grotiusweg 79, www.elke-droescher.de

Der Experte
Matthias Gretzschel ist seit 1990 Redakteur im Abendblatt-Kulturressort. Seit 2008 betreut der Autor zahlreicher kulturgeschichtlicher Sachbücher u. a. über bedeutende Bauwerke, Städte und Landschaften, die „Museumswelt Hamburg“, die viermal jährlich im Abendblatt erscheint und über das aktuelle Ausstellungsprogramm informiert. Er wuchs in Dresden auf, einer Stadt mit vielen bedeutenden Museen, studierte nach einer Buchhändlerlehre in Leipzig evangelische Theologie und promovierte anschließend im Fachgebiet „Christliche Archäologie und Kirchliche Kunst“.