Hamburg. Logistik-Tochter des Hafenkonzerns stellt Betrieb ein. Dem markantem Gebäude der HHLA an der Norderelbe droht der Abriss.

Einst war das Übersee-Zentrum der größte Verteilschuppen für Stückgutladung der Welt. Jetzt steht der markante Bau an den Elbbrücken vor dem Aus. Die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) will den Betrieb des dort beheimateten Tochterunternehmens HHLA Logistics einstellen. Nach Informationen des Hamburger Abendblatts liegt ein entsprechender Aufsichtsratsbeschluss bereits vor. 95 Mitarbeiter bangen jetzt um ihre Jobs.

Der Zeitpunkt der Schließung steht noch nicht fest. Die Unternehmensführung hat jetzt Gespräche mit dem Betriebsrat aufgenommen. Offiziell will die HHLA dazu nichts sagen: „Wir kommentieren das nicht“, sagt Unternehmenssprecher Karl-Olaf Petters. Inoffiziell ist aber schon seit Längerem bekannt, dass die HHLA mit der Leistung ihrer auf die Abfertigung schwerer Einzelladungen wie Teile für Kraftwerksanlagen spezialisierten Tochter hadert.

Ein Blick in den jüngsten Geschäftsbericht zeigt, warum: Der Betrieb machte 2014 keinen Gewinn, dabei hat die HHLA Logistics ein negatives Eigenkapital von gut 1,2 Millionen Euro aufgehäuft. Anders gesagt: Der Betrieb macht Schulden.

Moderne Lagerhallen sind effizienter

Das bedeutet nicht automatisch, dass die Mitarbeiter dort schlecht gewirtschaftet haben. Vielmehr ist das Geschäftsmodell des Betriebs etwas aus der Zeit gefallen. Mit der zunehmenden Containerisierung, die dazu geführt hat, dass alles, was in die Stahlboxen passt, auch darin transportiert wird, ist der Anfall an Projektladung gesunken. Zudem können die großen Seeschiffe von heute den Liegeplatz direkt vor dem Übersee-Zentrum gar nicht mehr anfahren. Da haben andere Anbieter der modernen Kontraktlogistik, bei der Transport, Umschlag und Lagerhaltung aus einer Hand zu haben sind, die Nase vorn.

Ein Lkw parkt vor dem leer wirkenden HHLA-Übersee-Zentrum
Ein Lkw parkt vor dem leer wirkenden HHLA-Übersee-Zentrum © HA / Klaus Bodig | Klaus Bodig

Auch das Übersee-Zentrum selbst ist veraltet. Die 1967 gebaute Halle mit einer Lagerfläche von 100.000 Qua­dratmetern entspricht nicht mehr den Anforderungen moderner Hallen. Wollte die HHLA das Übersee-Zen­trum mit neuem geschäftlichen Leben in die Zukunft führen, müsste das fast 50 Jahre alte Bauwerk aufwendig saniert werden, die Brandschutzanlagen bedürften einer Modernisierung. Der Aufwand rechnet sich nicht.

Mehrfach gab es in der Vergangenheit Überlegungen, den Betrieb des Übersee-Zentrums zu verlagern. Als 2004 erstmals die Idee aufkam, den Kleinen Grasbrook für den Wohnungsbau weiterzuentwickeln, gab es den Vorschlag, den Pack- und Lagereibetrieb nach Georgswerder zu verschieben. Später war das Übersee-Zentrum als möglicher Standort für das dritte Kreuzfahrtterminal im Gespräch, bevor dieses im mittleren Freihafen errichtet wurde.

Zuletzt sah die HHLA die Chance, ihre Logistik-Tochter im Zuge der geplanten Olympia-Verlagerung durch Kompensationszahlungen zu verkaufen. Nachdem die Bewerbung zu den Spielen aber am Votum der Hamburger gescheitert ist, zog der Hafenkonzern nun die Notbremse.

Was passiert nun auf dem Kleinen Grasbrook?

Gerade vor dem Hintergrund der gescheiterten Olympia-Bewerbung ist die Entscheidung aber nicht nur von wirtschaftlicher Bedeutung, sondern auch ein Politikum. Die Fraktion der Linkspartei in der Bürgerschaft will deshalb mittels einer Anfrage an den Senat klären, wie es denn nun auf dem Kleinen Grasbrook weitergeht, zumal der Pachtvertrag der HHLA für das Übersee-Zentrum noch bis 2025 läuft.

Die HHLA möchte den auch weiterführen. Sie plant, ihren Betrieb zu schließen und die alte Halle an andere Interessenten zu vermieten. Der Senat und die Hafenbehörde Hamburg Port Authority (HPA) haben ganz andere Vorstellungen. Sie wollen das Hafengebiet völlig neu überplanen: „Es wird keinen Wohnungsbau auf dem Kleinen Grasbrook geben“, sagt Susanne Mei­necke, Sprecherin der Wirtschaftsbehörde. „Nach der Beendigung der Olympia-Bewerbung werden die Flächen im Hafen aber im Rahmen des Hafenentwicklungsplans neu geordnet.“

Dazu gehöre auch der Kleine Grasbrook. Ergebnisse gebe es noch nicht. Nach Informationen des Abendblatts werden diese noch im ersten Quartal vorliegen. Und es ist zu erwarten, dass die Planung einen Abriss des Übersee-Zentrums vorsieht. Eine HPA-Sprecherin sagt: „Bei unseren Überlegungen berücksichtigen wir verschiedene Varianten – auch Kombinationen von Hafennutzung und Gewerbe.“

Norbert Hackbusch, hafenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, kritisiert den Vorgang. „Der Universalhafen in Hamburg ist gefährdet. Die Schließungspläne der Logistik GmbH von der HHLA verengen den Hamburger Hafen zunehmend auf eine Containerschleuse.“ Dieses gelte umso mehr, da auch der Stückgutumschlag der Buss-Gruppe am Hansa-Terminal Ende des Jahres schließen muss, so Hackbusch. Dies alles zeige: „Der Senator plant nicht mehr den Hafen, sondern wird von den Entwicklungen getrieben.“