Hamburg. Klaus-Dieter Peters brachte die HHLA an die Börse. Doch jüngst verlor der Chef des Hafenunternehmens den Rückhalt in der Politik.
Deutschlands größter Hafenbetrieb, die Hamburger Hafen und Logistik AG, braucht einen neuen Chef. Der Vorstandsvorsitzende, Klaus-Dieter Peters, wird seinen am 31. Dezember kommenden Jahres auslaufenden Vertrag nicht verlängern. Das teilte der Aufsichtsrat der HHLA am Mittwoch mit. „Der Aufsichtsrat nimmt die Entscheidung von Herrn Peters mit großem Bedauern zur Kenntnis und hat auf seiner heutigen Sitzung die notwendigen Schritte für die Nachbesetzung des Vorstandsvorsitzes ab 2017 eingeleitet“, heißt es in einer Erklärung, die das Aufsichtsgremium der HHLA am Nachmittag verschickte.
Mag das Bedauern im Aufsichtsrat groß sein, so gering ist die Überraschung über Peters’ Schritt. Sein Rückhalt beim Hauptaktionär der HHLA, dem Hamburger Senat, war schon gegen Ende des vergangenen Jahres massiv gesunken. Seit Monaten wurde im Rathaus hinter vorgehaltener Hand kolportiert, dass dem zuletzt glücklos agierenden Hafenmanager keine Vertragsverlängerung angeboten werden solle. Offiziell bemühte sich die Politik darum, dass das Ansehen des bestbezahlten Managers eines öffentlichen Betriebs der Stadt nicht weiter beschädigt wird. Bis gestern: Da war die Kommentierung aus der zuständigen Wirtschaftsbehörde auffallend knapp: „Wir nehmen diese Entscheidung, über die Herr Peters uns vorher bereits informiert hat, zur Kenntnis. Wir werden zeitnah den Findungsprozess für einen neuen HHLA-Chef einleiten“, hieß es. Kein Bedauern, keine überschwänglichen Dankesworte – ein wehmütiger Abschied sieht anders aus.
Peters werden viele Fehler angelastet
Peters, der sich zuletzt immer mehr abschottete, werden eine Reihe von Fehlern angelastet. So habe er das Unternehmen 2007 zwar erfolgreich an die Börse geführt, in der Folge es aber nicht geschafft, den Unternehmenswert durch Wachstum zu steigern. Der Aktienkurs sackte deutlich ab. Gleichzeitig stiegen die Bezüge des Vorstands – und zwar in einer Größenordnung, über die sich sogar Bürgermeister Olaf Scholz aufregte. Peters selbst bekam mehr als eine Million Euro im Jahr.
Derweil kam es immer wieder zu Abfertigungsproblemen an den Terminals, die auf strukturelle Probleme hindeuteten. Als Spediteure im vergangenen Jahr sogar einen Stauzuschlag für Ladung nach Hamburg erheben wollten, wurde es der Politik zu bunt. Sie fasste den Entschluss, den Vertrag des HHLA-Chefs nicht zu verlängern. Die Wirtschaftsbehörde will jetzt zusammen mit dem Personalausschuss der HHLA und mit Headhuntern nach einem geeigneten Nachfolger suchen. Gleichwohl trifft die HHLA die Ankündigung ihres obersten Chefs in einer schwierigen Phase. Denn der Hamburger Hafen verliert derzeit Marktanteile an die schärfsten Konkurrenten, Rotterdam und Antwerpen.
Kommentar: Parteibuch darf bei Nachfolger keine Rolle spielen
Das Geschäft mit dem Containerumschlag ist wegen der Russlandkrise und der Konjunkturabkühlung in China eingebrochen. In den ersten neun Monaten wurden von der HHLA im Vergleich zum Vorjahr 11,8 Prozent weniger Stahlboxen an den Terminals in Hamburg und Odessa umgeschlagen. Die Kosten konnten aber nicht im gleichen Maße gesenkt werden. Das Betriebsergebnis vor Steuern (Ebit) sank von Januar bis September deshalb um 5,6 Prozent auf 124 Millionen Euro, der Umsatz ging um 4,2 Prozent auf 869 Millionen Euro zurück. Besserung ist nicht in Sicht. Wie der Unternehmensverband Hafen Hamburg kürzlich erklärte, dürfte sich die Umschlagssituation in naher Zukunft nicht bessern, da Wachstumsimpulse fehlten.
Kann die ein neuer Chef setzen? Was der HHLA helfen könnte, wäre eine stärkere Diversifikation, also die Verringerung der Abhängigkeit von Hamburg. Bei der Ausweitung des Terminalgeschäfts auf andere Standorte agierte der HHLA-Vorstand unter der Leitung von Peters unglücklich. Von einer Beteiligung am Hafen Valparaiso in Chile trennte sich die HHLA Jahre bevor dort das Geschäft Fahrt aufnahm. Der kurzzeitige Versuch, in Lübeck einzusteigen, erwies sich als nicht wirtschaftlich. Vor einer möglichen Beteiligung am Hafen Bronka bei St. Petersburg bekam der Vorstand kalte Füße. Ein Konkurrent bekam den Zuschlag. Und die Beteiligung in Odessa bringt seit der Ukraine-Krise vor allem Verdruss. Hier wünscht sich die Politik vom Nachfolger mehr Erfolg.
Den benötigt er auch bei einem anderen Problem, welches die Hamburger Infrastruktur betrifft: Die Rede ist von der niedrigen Durchfahrtshöhe der Köhlbrandbrücke. Grund ist die wachsende Zahl an außergewöhnlich großen Schiffen mit Kapazitäten von mehr als 14.000 TEU, die den Hamburger Hafen anfahren. Bei einer Durchfahrtshöhe von 53 Metern über dem mittleren Tidehochwasser haben bereits heute einige Schiffe Probleme, die Brücke ohne Berührung an der Unterseite zu passieren. Diese dürften noch zunehmen, da sich das Größenwachstum der Schiffe fortsetzen wird.
Hinter der Köhlbrandbrücke liegt aber das modernste und effizienteste Containerterminal der HHLA, Altenwerder, das zugleich Europas größter Eisenbahnhafen ist. Dieses Terminal trocknet langsam aus, weil die Schiffe der neuesten Generation nicht mehr hinkommen. Zwar ist ein Neubau der Köhlbrandbrücke mit einer Durchfahrtshöhe von 72 Metern geplant. sie soll aber erst 2030 entstehen. Für Altenwerder könnte das zu spät sein.
Für Peters spielen alle diese Fragen in gut einem Jahr keine Rolle mehr. Er kann sich ab 2017 auf eine Grundpension von rund 100.000 Euro im Jahr freuen, die über eine Zulage – berechnet nach der Laufzeit seines Vertrags – noch deutlich höher ausfallen dürfte.