Hamburg . Am Containerterminal Altenwerder regeln Computer und Maschinen Verladung und Lagersysteme. Dennoch ist er Arbeitsplatz für 720 qualifizierte Fachkräfte. Gäste sind beeindruckt
Ein Hauch von Davos weht durch Hamburg. Am Mittwoch kommen im schweizerischen Nobelskiort wieder etliche Staats- und Regierungschefs sowie Spitzenvertreter der Wirtschaft zum Weltwirtschaftsforum zusammen. Ein Vorbereitungstreffen dazu fand an diesem Wochenende in Hamburg statt: Der US-amerikanische Arbeitsminister Thomas Perez besuchte das Containerterminal Altenwerder im Hafen. Hier konnte er an einem konkreten Beispiel erleben, worüber die Konferenzvertreter in Davos beraten werden.
Ein wichtiges Thema dort wird nämlich die Digitalisierung der Industrie und deren Auswirkung auf die Beschäftigung sein. Automatisierung kostet Arbeitsplätze, denkt man, weil Maschinen Menschen ersetzen. Dass das nicht so sein muss, hat sich US-Politiker Perez im Hamburger Hafen angeschaut.
In den Häfen ist der digitale Wandel nämlich besonders vorangeschritten. Auslöser ist der Hang der Reedereien zu immer größeren Schiffen. Diese tragen viel mehr Ladung als ältere, kleinere, sollen aber in genauso kurzer Zeit ent- und beladen werden. Um die Geschwindigkeit beim Umschlag zu erhöhen setzen die Hafenbetriebe auf computergesteuerte Verladung und automatisierte Lagersysteme.
Die Hafenarbeiter bangen hingegen um ihre Jobs. Und immer häufiger kommt es zu Auseinadersetzungen mit den Firmen: Am Freitag vor zwei Wochen streikten Hafenarbeiter in Rotterdam. Der neue Hafen Maasvlakte II hat einen hohen Automatisierungsgrad, in den alten Hafenteilen sorgen sich derweil bis zu 900 Mitarbeiter um ihre Zukunft. Auch US-Arbeitsminister Perez kennt das Problem: Im Februar 2015 legte ein Streik der Hafenarbeiter in Los Angeles die Wirtschaft an der gesamten US-Westküste lahm, weil der Nachschub an Rohstoffen und Konsumgütern ausblieb.
Völlig anders ist die Lage am Containerterminal Altenwerder (CTA). Er ist einer der modernsten und effizientesten Containerterminals der Welt mit einem hohen Automatisierungsgrad. Doch der Verdrängungsprozess von Arbeitskräften blieb hier aus. Laut Thomas Mendrzik, Betriebsratschef am CTA und Chef der Bundesfachgruppe Seehäfen bei Ver.di liegt das an dem intensiven Dialog zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. „Wir haben uns 1999, also drei Jahre bevor der CTA die Arbeit aufnahm, zusammengesetzt und besprochen, wie die Arbeitsteilung am Terminal aussehen könnte“, sagte Mendrzik, der bei dem Treffen mit dem US-amerikanischen Handelsminister dabei war. Herausgekommen sei ein Paradigmenwechsel im Anforderungsprofil an die Mitarbeiter.
War es zuvor üblich, dass sich die Kandidaten auf bestimmte Positionen, wie etwa Brückenfahrer oder Bahnkranführer bewarben, wurden nun Mitarbeiter mit einem möglichst breiten Angebotsprofil gesucht, die verschiedenste Aufgaben übernehmen können. „Das verlangt eine besondere Qualifikation“, so Mendrzik. Umfassende Qualifikation der Arbeitnehmer sei ohnehin der Schlüssel dafür, dass der digitale Wandel klappt.
Hamburg hat sich dem Strukturwandel offensiv gestellt
Zudem müssten die Arbeitgeber bereit sein, die durch die Automatisierung entstehenden Rationalisierungsgewinne fair zu verteilen. „Damit meine ich nicht das Gehalt der Arbeitnehmer, sondern den Umgang mit Arbeitszeiten und eben den Qualifizierungsangeboten“, so der Betriebsratschef. Perez zeigte sich beeindruckt: „In Hamburg habe ich gelernt: Die Einführung von Automatisierung funktioniert nur, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmervertreter auf Augenhöhe in einen Dialog treten“, sagte der Minister. Und Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) sagte: „Hamburg hat sich dem Strukturwandel seit jeher offensiv gestellt. Nur so können wir dauerhaft auf dem internationalen Markt bestehen. Der Container Terminal Altenwerder ist dafür ein besonderes Beispiel. Dort ist es gelungen, trotz des hohen Automatisierungsgrades zahlreiche hochqualifizierte Arbeitsplätze zu schaffen.“
Erfreut über den Besuch aus den USA war der Chef der Hafenbehörde HPA, Jens Meier, der den Hamburg-Abstecher von Perez mit dem Terminal-Direktor der HHLA, Heinrich Goller, eingefädelt hat, und die Digitalisierung im Hafen vorantreibt: „Der internationale Austausch ist immer eine Chance, über den Tellerrand zu blicken“, sagte Meier. „Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen wir die Automatisierung und Digitalisierung verstärken. Das geht aber nicht ohne gut ausgebildete Mitarbeiter, die den Weg mitgehen.“