Hamburg. Serie, Teil 4: Die besten Auszubildenden im Hamburger Handwerk. Autosattler Jonas Bresch hat seinen Traumjob gefunden.
Jonas Bresch arbeitet gerade an einem dieser Aufträge, die in der Autosattlerei Ekselenski zum Tagesgeschäft gehören: Die beiden Kunstledersitze eines bald 20 Jahre alten BMW Z3 sind ein bisschen verschlissen, der Kunde wünscht sich einen neuen Bezug aus schwarzem Leder. Bresch hat 20 Stunden Zeit dafür: Sitze ausbauen, die Anbauteile und die alten Bezüge entfernen, Sitzheizung heraus- und neue Lederteile zuschneiden, die mit der Nähmaschine zusammengefügt werden. Das Komplizierte dabei: Die Sitzflächen bei dem Roadster waren komplett mit dem Polster darunter verklebt, der Schaumstoff hat beim Abziehen gelitten. Da muss der 22-Jährige jetzt noch nachbessern.
„Manchmal muss man sich ein paar Tricks ausdenken“, sagt Bresch. Das ist einer der Gründe, warum ihm sein Beruf und der Job in seiner Wandsbeker Lehrfirma Spaß machen. „Es ist sehr abwechslungsreich, man macht definitiv nicht jeden Tag das Gleiche. Ein super Beruf.“ Und ein super Geselle. Denn am Ende seiner dreijährigen Ausbildung in der Wandsbeker Firma wurde Bresch zuerst Hamburger Landessieger, seit Kurzem kann er sich auch Bundessieger nennen. Beim Wettbewerb der besten Nachwuchs-Autosattler Deutschlands belegte er einen Platz ganz weit vorn.
Vor ein paar Jahren hatte Bresch von diesem Handwerk allerdings noch nicht einmal gehört. Nach der Realschule hatte er es auf dem Gymnasium versucht. Doch er hatte keinen Erfolg, brach die Schule ab. „Ich wollte dann erstmal eine Ausbildung machen. Polizist, Eventmanager – ich wollte alles mögliche und nichts. Mein Vater meinte dann, Autosattler könnte was für mich sein.“ Weil die Arbeitsagentur ihm einen Berufsvorbereitungskurs verordnete, konnte Bresch eine ganze Reihe von Praktika in Autosattlereien in Deutschland absolvieren. „Ich wusste vom ersten Tag an: Das macht mir Spaß.“ Nähen konnte er schon, seine Mutter hatte es ihm beigebracht.
Sattlermeister David Ekselenski, der Chef des Unternehmens an der Angerburger Straße und Vize-Obermeister der Hamburger Raumausstatter- und Sattlerinnung, war der Erste, der dem jungen Mann aus der Nähe von Münster einen Ausbildungsplatz anbot. Und Bresch wusste, dass für ihn alles passt: die Firma, die Kollegen, die Stadt. „Außerdem standen da viele schicke Autos in der Werkstatt“, sagt der Geselle und grinst.
Tatsächlich bewegt sich Bresch am Arbeitsplatz zumeist zwischen Sportwagen, teuren Oldtimern und Luxuslimousinen. „Wir machen im Grunde alles am Auto, was weich ist“, sagt Chef und Ausbilder Ekselenski. Sitzbezüge und -heizungen, Teppiche, Himmel, Cabriodächer. Gut die Hälfte der Auftraggeber sind Privatkunden, die andere Hälfte Autohändler und -werkstätten von Marken wie Porsche und BMW. Ekselenski beschäftigt fünf Gesellen und zwei Auszubildende, sein Unternehmen ist eine der größeren der etwa 20 Autosattlereien in der Hansestadt.
Dass er einen Autositz inklusive Kopfstütze schnell und sauber neu beziehen kann, dass er die sogenannte Kedernaht beherrscht und auch gefüllte Pfeifen – eine besondere Art der Polsterung –, hat Jonas Bresch in seiner Gesellenprüfung bewiesen. Beim Bundeswettbewerb hat die von ihm bezogene Motorradsitzbank die Prüfer überzeugt. Er selbst sagt: „Ich kann noch viel lernen.“ Verinnerlicht hat er sein Handwerk aber schon. Jedenfalls ertappt Bresch sich mittlerweile dabei, dass er bei Mitfahrgelegenheiten ins Münsterland mit ihm vorher unbekannten Menschen über die Qualität der Sitzbezüge in deren Autos diskutiert. „Das ist wohl so eine Art Berufskrankheit“, sagt der Junggeselle und grinst dabei.
Er will erstmal in der Ausbildungsfirma bleiben, Berufserfahrung sammeln und ein bisschen Geld beiseite legen. Einen ausgefeilten Karriereplan aber gibt es nicht: Den Meister machen? „Daran habe ich mal gedacht, aber eher nicht.“ Sich eines Tages selbstständig machen? „Nicht ausgeschlossen, aber dazu brauche ich keinen Meistertitel.“ Ein Entschluss steht allerdings fest, das weiß auch sein Chef und Ausbilder. Jonas Bresch möchte für mindestens ein Jahr nach Neuseeland gehen. Reisen und arbeiten. „Autosattlereien gibt es da ja auch“, sagt er. „Und wenn alles passt, kann ich vielleicht sogar länger bleiben.“