Hamburg. Prozess um schwer verletzten Säugling: Gutachterin hält Angeklagten für vermindert steuerungsfähig.
Gezank, Getobe, Türenknallen – und mittendrin ein hilflos weinender Säugling: Bei der Familie des kleinen Jacob (Name geändert) scheint dieses Szenario an der Tagesordnung gewesen zu sein. Im Prozess um das Baby, das wegen schwerster Verletzungen beinahe zu Tode kam, wurde am Mittwoch die Aussage einer Nachbarin verlesen, die von häufigem Streit der Eltern erzählte. Jacobs Mutter und Vater seien regelmäßig „am Rumschreien gewesen. Man denkt, die nehmen die ganze Wohnung auseinander“, sagte die Frau demnach in einer Vernehmung bei der Polizei.
In dem Prozess muss sich der Vater von Jacob, Sascha K., verantworten, weil er seinen damals knapp drei Monate alten Säugling so heftig geschüttelt haben soll, dass das Kind sein Augenlicht und sein Gehör verlor und zudem gelähmt ist. Der 27-Jährige hatte vor Gericht gestanden, dem Baby Schläge gegen den Kopf versetzt und es „leicht geschüttelt“ zu haben.
Der Säugling sei „ganz normal am Schreien“ gewesen, „dann gab es einen Klaps, und dann schrie das Kind ganz anders, als würde es ihm wirklich wehtun“, sagte die Nachbarin weiter. Sascha K. habe sein Kind oft angebrüllt. Eine Vertreterin des Jugendamts, unter dessen Aufsicht die Familie stand, sagte indes, bei mehreren Besuchen in dem Haushalt habe es „nichts Auffälliges“ gegeben. Das Jugendamt war eingeschaltet worden, weil nach Jacobs Geburt im Krankenhaus beim Vater Alkoholgeruch festgestellt worden war und er sich aggressiv benommen hatte. Bei den Besuchen seien aber keine Probleme mit Alkohol festgestellt worden. Auf die Frage der Vertreterin der Nebenklage, wann das Jugendamt denn eingeschritten wäre, sagte die Zeugin: Zum Beispiel, wenn die Eltern betrunken oder „schwankend“ gewesen wären, das Kind vernachlässigt gewirkt oder nicht zugenommen hätte oder die Wohnung verwahrlost gewesen wäre.
Eine psychiatrische Sachverständige sagte, der Angeklagte sei zur Tatzeit unter anderem wegen seines starken Alkoholkonsums vermindert steuerungsfähig gewesen. Sascha K. hatte angegeben, etliche Bier sowie Whiskey getrunken zu haben – ein Pensum, das er seinerzeit fast täglich konsumierte. Wenige Tage vor seinem Übergriff auf Jacob hatte er geschrieben, wenn er Alkohol trinke, sei er „ein Monster“. Als ihm jetzt Bilder von den schweren Verletzungsfolgen an seinem Sohn gezeigt wurden, habe ihn das „schockiert“. Der Prozess wird fortgesetzt.