Hamburg/Brüssel. HSH Nordbank und Landesregierungen zufrieden mit EU-Zustimmung. Verkauf der Mehrheitsanteile muss bis 2018 erfolgen.
Die Verhandlungen zwischen der EU-Kommission und den Eigentümern der krisengeschüttelten HSH Nordbank – den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein – waren gerade abgeschlossen, da wandte sich HSH-Vorstandschef Constantin von Oesterreich am Montagnachmittag schon an seine Mitarbeiter. In den Worten des Bankers schwang viel Optimismus und Hoffnung mit.
„Wir werden unsere Bank – befreit von wesentlichen Altlasten – gemeinsam konsequent neu ausrichten können“, schrieb von Oesterreich per Mail an die Mitarbeiter. Die Perspektive sei die mit einem festen zeitlichen Rahmen vereinbarte Privatisierung der HSH Nordbank, bislang zu 85 Prozent im Besitz von Hamburg und Schleswig-Holstein. „Im Tagesgeschäft hat die neue Zeitrechnung aber schon begonnen – alle Beobachter, der Markt und der Wettbewerb sehen uns ab heute mit anderen Augen“, so von Oesterreich.
Rund acht der insgesamt 15 Milliarden Euro Altlasten – vor allem faule Schiffskredite – darf die Bank zum Marktwert verkaufen. Kredite mit einem Buchwert von bis zu 6,2 Milliarden Euro übernehmen allein Hamburg und Schleswig-Holstein, der Rest soll an den Markt gebracht werden. Weil der Marktwert deutlich unter dem Buchwert liegen wird, wird die Differenz über den Risikoschirm der Länder mit dem beziehungsreichen Namen Sunrise-Garantie übernommen.
EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager hat der Wiedererhöhung dieses Risikoschirms von sieben auf zehn Milliarden Euro nun zugestimmt. Zugleich vereinbarten Bürgermeister Olaf Scholz, Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig sowie Finanzsenator Peter Tschentscher (alle SPD) und die Kieler Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) mit Vestager, die Bank in eine Holdinggesellschaft und eine operative Tochtergesellschaft aufzuspalten.
Als wesentliche Folge wird die jährliche Gebühr (Garantieprämie), die die Bank den Ländern für die Gewährung des Risikoschirms zahlen muss, kräftig reduziert: Statt 400 Millionen Euro wird die Tochtergesellschaft künftig rund 100 Millionen Euro bereitstellen müssen. Konkret wurde eine Zahlung von 2,2 Prozent auf den nicht in Anspruch genommenen Teil des Risikoschirms vereinbart. Bislang waren es vier Prozent auf die Gesamtsumme von zehn Milliarden Euro. Die Differenz muss die neue Holding tragen.
„Ich bin heute sehr erleichtert. Wir können gut durchatmen“, sagte von Oesterreich dem Abendblatt. „Wir haben das bekommen, was wir haben müssen.“ Für eine Privatisierung der Bank haben EU-Kommission und die Länder einen konkreten Zeitplan verabredet. Vom Zeitpunkt des endgültigen Beschlusses der EU-Kommission – voraussichtlich Ende der ersten Jahreshälfte 2016 – bleiben zwei Jahre Zeit. Sollte es zu von der Bank oder den Ländern nicht zu verantwortenden Verzögerungen kommen, kann die Frist noch einmal um ein halbes Jahr verlängert. Die Länder dürfen einen Anteil von zusammen 25 Prozent für bis zu vier Jahre behalten. Laut HSH Nordbank kommen auch andere Landesbanken als potenzielle Käufer in Betracht.
„Das ist eine tragfähige Lösung“, sagte der Hamburger SPD-Finanzpolitiker Jan Quast. Sie zeige, „dass es damals richtig war, die Garantie wieder zu erhöhen und die HSH so zu stabilisieren“. Das jetzige Ergebnis sei „ein wichtiges Zukunftssignal für die Bank“. Die HSH könne nun „von Altlasten befreit und in der Ertragslage damit deutlich besser werden“. Grünen-Haushaltspolitiker Farid Müller betonte, dass die gefundene Lösung „für die Vermögensposition Hamburgs deutlich besser als eine sofortige Abwicklung“ sei. „Das Ziel ist es, die von diesen Lasten befreite Bank in absehbarer Zeit zu privatisieren. Wichtig ist auch: Die unsicheren Kredite sind kein Totalausfall und sollen wertberichtigt von beiden Bundesländern weitergeführt werden.“
Hamburgs CDU-Fraktionschef André Trepoll sagte, seine Fraktion wolle nun „prüfen, ob die Einigung im Sinne des Hamburger Haushaltes und der Steuerzahler ist“. Eine zusätzliche Belastung „kann und darf es nicht geben, die Risiken müssen verringert werden“. Scharfe Kritik kam von FDP-Wirtschaftspolitiker Michael Kruse. „Die nun getroffene Eckpunkteentscheidung schafft noch intransparentere Strukturen als bisher“, so Kruse. „Eine klare Neuordnung der Bank in einen gesunden Teil und eine Bad Bank wurde damit verpasst. Stattdessen steigen die Kosten für den Steuerzahler.“ Linken-Finanzpolitiker Norbert Hackbusch sprach sogar von „Wahnsinn“. Die Belastung der Stadt steige noch einmal kräftig, „obwohl jahrelang behauptet wurde, dass die zehn Milliarden Garantie ausreichen und sogar zurückgegeben werden“.
Auch der Kieler FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki verwies auf zeitnahe weitere Milliardenbelastungen für die Länder. Das Verfahren könne auch „als kontrollierte Abwicklung der Bank in die Geschichte eingehen“. Der Kieler CDU-Finanzpolitiker Tobias Koch hat die Landesregierung aufgefordert, „konkrete Zahlen“ vorzulegen. SPD-Fraktionschef Ralf Stegner sagte, man habe „angesichts von schwierigen Voraussetzungen ein positives Ergebnis erreicht, das Landesvermögen größtmöglich geschont und das Risiko für den Haushalt verringert“.