Hamburg. Der Architekten- und Ingenieurverein hat drei ganz unterschiedliche Hamburger Neu- und Umbauten gekürt, die als beispielhaft gelten.
Es ist nicht allein die architektonische Wirkung, die die Jury des Architekten- und Ingenieurvereins (AIV) Hamburg jedes Jahr bei Neubauten begutachtet. Bauwerk des Jahres wird bei diesem ältesten Verband der Baubranche in Hamburg vor allem, wenn die Kombination aus Entwurf und technischer Umsetzung besonders gut gelungen und aus Sicht der Planer beispielhaft ist: Am gestrigen Donnerstagabend hat der AIV drei solcher Projekte gekürt, die im Laufe des Jahres 2014 entstanden waren und in diesem Jahr neu im Stadtbild zu finden sind.
Höchst unterschiedliche Gebäude hat die Expertenrunde dabei ausgezeichnet: Da ist zum einen die ehemalige Kaffeebörse in der Speicherstadt, die zu einem Hotel umgebaut wurde. Dann wurde das Haus der Hamburger „Joachim Herz Stiftung“ mitten in einem Langenhorner Gewerbegebiet Bauwerk des Jahres, genauso wie der „InnovationsCampus“ der Handelskammer mitten in der Stadt.
Die Kaffeebörse am Pickhuben war nach dem Krieg von 1954 bis 1958 mit dem Börsensaal und einer markanten Fußgängerbrücke zum neuen Bürohaus im Speicher O gebaut worden. Der Entwurf stammt von dem 1979 verstorbenen Hamburger Architekten Werner Kallmorgen, der den Wiederaufbau der Speicherstadt maßgeblich geplant hatte. Das Büro Winking Froh Architekten und die Ingenieure der WKC Hamburg GmbH planten nun 60 Jahre später den Umbau zu einem Ameron Hotel. Ein „Meisterwerk einer denkmalgerechten und zeitgemäßen Umnutzung“, so AIV-Vorstandsmitglied Mathias Hein in seiner Laudatio.
Hein verwies dazu auf viele Originaldetails bis hin zu Türgriffen, die dabei bewahrt worden seien. „Kein Retro-Schnick-Schnack, kein New Beatle, sondern Original Borgward Isabella“, lobte der Architekt seine Kollegen – allerdings nicht ohne einen Seitenhieb auf andere in der Hamburger Planerzunft auszulassen, die sich derzeit so heftig für den Erhalt der ebenfalls in den 50er-Jahren gebauten City-Hochhäuser einsetzen.
Bei aller Begeisterung für die Kaffeebörse sollte man sich davor hüten, den „Wiederaufbau der Nachkriegszeit als Bauepoche insgesamt mit konservatorischem Eifer zu betrachten“, so Hein. Anders als die Kaffeebörse und andere Beispiele aus dieser Zeit handele es sich dabei um „architektonisch banale“, städtebaulich falsche Hochhäuser.
Eine Umnutzung in viel weiterem Sinne ist auch Basis des neuen „Achim- und Petra-Herz-Hauses“, dem Sitz der „Joachim Herz Stiftung“, die sich für die wirtschaftspolitische Bildung junger Menschen engagiert. Der ehemalige Röstturm des Kaffee-Unternehmens der Herz-Familie sollte bei dem Neubau stehen bleiben. Die Büros Kitzmann Architekten und Wetzel & von Seht nutzten den Turm also als zentrales Gestaltungsobjekt, wie es in der Laudatio heißt: „Ein Ausrufungszeichen“, um das der Gebäudekomplex herum angelegt worden ist.
Der Turm erscheine dabei wie ein Denkmal und werde gut in Szene gesetzt, indem er als Auditorium und Bibliothek genutzt wird. Besonders erfreulich sei dieser Neubau aber vor allem, weil er mitten in einem Gewerbegebiet steht. Also dort, wo auch in Hamburg sonst überwiegend nur „Ansammlungen von unterschiedlichen Fertigungshallen oder gesichtlose Bürobauten“ stehen. So sei hier ein Gebäude entstanden, das richtungsweisend dem gesamten Gewerbegebiet eine Initialzündung geliefert habe, die eine „gewisse Hoffnung auf ein höheres Niveau im Bauen aufkeimen lässt“, so Laudator Gerhard Hirschfeld.
Drittes Bauwerk des Jahres wurde beim AIV der „InnovationsCampus“ der Handelskammer am Adolphsplatz. Ein Gebäude mit einer „feingliedrigen, fast gotisch hoch aufragenden Fassade“, wie es in der Würdigung heißt.
Besondere Bedeutung hat dieses Haus aus AIV-Sicht aber vor allem wegen der technischen Herausforderung, vor der die Planer der Büros Johann von Mansberg Architekten, Hörter+Trautmann sowie den Ingenieuren von Wetzel & von Seht standen: So mussten die Gründungspfähle zwischen Hochbahnanlagen, Uferwänden und etlichen Leitungen in den Boden gebracht werden. Und das bei vollem U-Bahnbetrieb. Um den Bau vor Schwingungen zu schützen, planten die Ingenieure ein sogenanntes Elastomerpolster zwischen Fundamenten und dem eigentlichen Gebäude, um so Erschütterungen und Schalllärm durch eine Entkopplung abzuhalten.