Hamburg. Polizei und Verfassungsschutz befürchten erneute Ausschreitungen zwischen nationalistischen Türken und Anhängern der PKK.
Nach den schweren Ausschreitungen zwischen nationalistischen Türken und Kurden bei Demonstrationen in Hamburg, Essen und Hannover am Sonntag hält die Polizei weitere Gewaltausbrüche zwischen den Anhängern beider Gruppen für möglich. „Der Konflikt in der Türkei wirkt sich direkt auf die Situation in Hamburg aus“, sagte Polizeisprecher Jörg Schröder dem Abendblatt. Seit dem Aufflammen des Kurdenkonflikts hätten türkische Ultranationalisten in Hamburg starken Zulauf bekommen – auch von politisch Gemäßigten.
„Früher kamen bei Demonstrationen der Nationalisten von 150 erwarteten Teilnehmern gerade mal 80“, sagte Schröder. Auf der anderen Seite, bei den Kurden, sei die Verbitterung über Angriffe auf Strukturen der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK „deutlich spürbar“, heißt es vom Hamburger Verfassungsschutz. Aktuell würden auf beiden Seiten „viele Menschen mobilisiert“. Angesichts der Kämpfe zwischen kurdischen Aufständischen und der türkischen Armee liefen die Auseinandersetzungen in Hamburg „sehr emotional“ ab. Dem Unterstützerspektrum der türkischen Nationalisten rechnet der Nachrichtendienst in Hamburg mehrere Hundert Personen zu, rund 1500 Anhänger und Sympathisanten habe die PKK.
Unterdessen fordert die kurdische Gemeinde Deutschlands ein bundesweites Verbot der Grauen Wölfe, so nennen sich die Mitglieder der rechtsextremen „türkischen Partei der nationalistischen Bewegung“ (MHP). Rechtsextreme seien für mehrere Anschläge auf Kurden in jüngster Zeit verantwortlich, etwa für die lebensgefährliche Messer-Attacke auf einen jungen Kurden in Hannover am Sonnabend, sagte der zweite Vorsitzende der kurdischen Gemeinde, Mehmet Tanriverdi, dem Abendblatt. Anhänger der auch vom Hamburger Verfassungsschutz beobachteten Grauen Wölfe hatten sich nach Angaben der Polizei an der Demonstration einer nationalistischen türkischen Jugendorganisation am Sonntag in der Innenstadt beteiligt. An der Demo gegen die PKK nahmen rund 1000 Teilnehmer teil. Weil die Stimmung rasch hochkochte, löste die Polizei den Aufzug schon kurz nach dem Start am Jungfernstieg wieder auf. 400 Demonstranten blieben jedoch in der City, gleichzeitig versammelten sich am Steindamm rund 250 Kurden zu einer nicht angemeldeten Gegen-Kundgebung. Die Polizei musste beide Lager trennen, nach Steinwürfen setzten die Beamten Schlagstöcke und Reizgas ein. Kurden und Linksextremisten zogen darauf durch den Hauptbahnhof, liefen über die Gleise und legten so den Zugverkehr für eine Viertelstunde lahm.
Anlass für die Krawalle ist der Kurdenkonflikt in der Türkei. Am Sonntag waren bei Kämpfen zwischen kurdischen Rebellen und Sicherheitskräften acht Menschen getötet worden. Bereits im Oktober 2007 hatten Angriffe der türkischen Armee auf kurdische Stellungen im irakischen Grenzgebiet zu schweren Ausschreitungen in Deutschland geführt, vor allem in Berlin.
Die kurdische und die türkische Gemeinde rufen nun in einer gemeinsamen Erklärung zur De-Eskalation auf. Die Krise in der Türkei dürfe nicht das Verhältnis der Kurden und Türken in Deutschland belasten, heißt es da. „Gewalt jeglicher Art bei Konflikten kann keine Lösung sein.“