Hamburg. Islamistische Einzelgänger agieren verstärkt auf eigene Faust. Doch für die Sicherheitsbehörden sind sie schwer zu fassen.

Im Kampf gegen den Terrorismus legt der Hamburgische Verfassungsschutz besonderes Augenmerk auf Einzeltäter. Sogenannte „einsame Wölfe“ radikalisierten sich im Verborgenen und handelten ohne lange Vorbereitung. Die Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) hat Muslime in Europa aufgefordert, Anschläge in ihren Heimatländern zu begehen. So hat der deutsche Islamist Denis Cuspert Mitte April zu Aktionen in Deutschland aufgerufen mit den Worten: „In Frankreich folgten Taten, die deutschen Islamisten warten.“

„Diese Täter sind im Vorfeld sehr schwer zu erkennen oder zu überwachen“, sagt der Chef des Landesamts für Verfassungsschutz, Torsten Voß. Das Amt erfährt häufig durch Vertrauensleute und Überwachung der sozialen Netzwerke im Internet von Aktivitäten der Extremisten. Doch die Zahl der Beamten im Geheimdienst ist begrenzt, nur wenige Islamisten kann die Behörde dauerhaft oder zeitgleich beobachten. Voß ist dennoch überzeugt, dass logistisch aufwendigere Anschläge in Deutschland kaum zu realisieren sind. Polizei und Verfassungsschutz würden Täter mit hoher Wahrscheinlichkeit aufspüren und Anschläge vereiteln. Die „Lone Wolves“ hingegen besprächen ihr Vorgehen nicht innerhalb des terroristischen Netzwerks, sondern agierten häufig spontan und emotional. Auch Terrorismusexperten wie Guido Steinberg halten die Gefahr für hoch. Der Mordanschlag auf zwei US-Soldaten 2011 am Frankfurter Flughafen, der in Deutschland als erster Anschlag nach dem Lone-Wolf-Muster gilt, habe gezeigt, „dass ein Einzelanschlag durch einen entschlossenen Amateur verheerende Folgen haben kann“ .

Im Mai 2013 töteten zwei Terroristen einen Soldaten mitten in London, im Dezember 2014 nahm in Sydney ein Islamist 17 Menschen als Geiseln. Drei Menschen starben. In Frankreich verletzte im Dezember ein Einzeltäter drei Polizisten mit einem Messer. „Solche Einzeltäter, die Anschläge ohne hohen Aufwand betreiben, bereiten uns Sorgen“, sagt Voß. Im Januar verübte eine Gruppe von jungen Muslimen, die auch im salafistischen Verein „LIES Hamburg“ aktiv waren, einen Brandanschlag auf das Redaktionsgebäude der „Hamburger Morgenpost“. Zuletzt verhinderten Behörden ein Bomben-Attentat auf ein Radrennen in Hessen.

Laut Voß könne nicht mehr von einer abstrakten Gefährdung die Rede sein. „Die Gefahr ist näher gekommen, Richtung Deutschland und damit auch Richtung Hamburg.“