Hamburg. Flugzeugbauer investiert 600 Millionen Dollar in Fabrik am Golf von Mexiko. Viele Teile für die Endmontage dort stammen aus Hamburg.

Drei Jahre lang hat Airbus auf diesen historischen Tag hingearbeitet. Am Morgen werden sich heute die Gäste einfinden, Musik wird spielen und um 10 Uhr Ortszeit (17 Uhr MEZ) der Kongressabgeordnete Bradley Byrne die Investoren aus Europa in Mobile, US-Bundesstaat Alabama, zur Eröffnung des Airbus-Werks begrüßen. Mit Gouverneur Robert Bentley und Senator Jeff Sessions stehen weitere Lokalpolitiker bei vorhergesagten gut 20 Grad Celsius und viel Sonnenschein auf der Redeliste. Den Festakt schließen wird Airbus-Chef Fabrice Brégier laut Protokoll mit den Worten: „Das Airbus-US-Werk ist nun Wirklichkeit geworden.“

Der Schritt über den Atlantik ist dem Flugzeugbauer viel Geld wert. 600 Millionen Dollar (530 Millionen Euro) investiert der Konzern in den Standort. Rund 1000 Arbeitsplätze sollen in den nächsten Jahren in der Hafenstadt am Golf von Mexiko entstehen. „Für einen internationalen Konzern wie Airbus ist es sinnvoll, in den Schlüsselmärkten vor Ort zu sein“, sagt Brégier. Neben Europa und China sind das die USA. Bisher werden die Flugzeuge der A320-Familie in Hamburg, Toulouse und Tianjin (China) zusammengebaut. „Mit dem Werk in Mobile verfolgen wir ein strategisches Ziel“, sagt Brégier. „Wir sind näher bei den Kunden, schaffen Jobs und Werte und verbessern unser Image im Land.“

Tatsächlich lagen die Europäer in Amerika lange hinter dem dort heimischen Erzrivalen Boeing zurück. So habe man vor drei Jahren noch weniger als 20 Prozent aller dort ausgelieferten Maschinen hergestellt, sagt ein Firmensprecher. Seitdem das Investment in Mobile bekannt gegeben wurde, sei der Auftragseingang von US-Airlines deutlich nach oben gegangen. Bei den Bestellungen habe man nun einen Anteil von 40 Prozent, angepeilt wird jedes zweite neue Flugzeug, und damit ein Verhältnis wie auf dem Weltmarkt.

Der Hamburger Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt sieht die Werkseröffnung in den USA aus mehreren Gründen positiv. Für den Konzern sei dies ein weiterer notwendiger Schritt in Richtung Internationalisierung, die in der globalen Branche wichtig sei. „Der nächste positive Effekt ist der Ausbau der Fertigungskapazitäten in einer Zeit, in der das Geschäft brummt“, sagte Großbongardt dem Abendblatt. Vor allem die mit modernen und weniger Sprit verbrauchenden Triebwerken ausgestattete Neo-Variante der A320-Familie erweist sich bereits vor der ersten Auslieferung als Verkaufsschlager. Von 74 Kunden liegen fast 4200 Festbestellungen für die Kurz- und Mittelstreckenjets vor. Insgesamt ist die Produktion für die nächsten rund zehn Jahre ausgelastet. Die neue Endmontagelinie gebe Raum für weiteres Wachstum, sagt Großbongardt: „Das Werk in Mobile sichert Beschäftigung und Jobs in Hamburg und Deutschland.“

Von der Hansestadt aus werden die wesentlichen Komponenten wie Rümpfe, Tragflächen und andere große Flugzeugteile in die USA geschickt und dort lediglich endmontiert. Das umfasst nur rund fünf Prozent der Wertschöpfung. Einmal in der Woche legt ein Containerschiff an der Elbe gen Westen ab, rund drei Wochen später kommt es an. Der Konzern erwartet, dass für jeden in Tianjin und Mobile zusammengeschraubten Jet vier Arbeitsplätze in der Hansestadt gesichert werden.

Ob diese Rechnung wirklich aufgeht, bezweifelt der Hamburger Betriebsrat zwar, aber grundsätzlich ist man gelassen. „Ich sehe keine große Gefahr für uns und freue mich auf die neuen Kollegen“, sagt die Vorsitzende Sophia Jacobsen. Allerdings drängt sie auf eine Stärkung der Mitarbeiterrechte. Sie hofft, dass US-Gewerkschaften einen Fuß in die Tür kriegen, um einer etwaigen Aushöhlung der Mitbestimmungsrechte vorzubeugen. Mittelfristig könnten sich nämlich im Vergleich höhere Arbeitskosten in Europa als Nachteil für die Beschäftigten auf dem alten Kontinent auswirken.

Brégier stellte allerdings klar: „Wir machen das nicht gegen Hamburg.“ Er habe bereits vor ein paar Monaten betont, dass bei einer Erhöhung der Fertigungsrate auf mehr als 50 Stück im Monat – was derzeit geprüft werde – eine vierte Endmontagelinie in Hamburg entstehen soll. In der Tat ist die in Mobile für Anfang 2018 angepeilte Fertigungsrate von vier Maschinen pro Monat einige Dimensionen kleiner als auf Finkenwerder. Dort sollen dann bereits 25 Jets monatlich die Endmontagelinie verlassen. Der weit überwiegende Teil der in Mobile gebauten Flugzeuge ist für nordamerikanische Kunden bestimmt. Der Billigflieger JetBlue wird im Frühjahr 2016 der erste Abnehmer einer Maschine made in Mobile sein, deren Produktion übrigens nach Hamburger Vorbild aufgebaut wurde. Weltweit sieht Airbus einen großen Bedarf an Flugzeugen der sogenannten Single-Aisle-Reihe, das sind Flugzeuge mit einem Gang in der Mitte: 20.000 solcher Maschinen sollen in den nächsten 20 Jahren bestellt werden.

Die Möglichkeiten für weiteres Wachstum hat sich der Konzern auch in Mobile offengelassen. Von den 470.000 Quadratmetern Fläche sind knapp die Hälfte derzeit mit Gebäuden, Vorfeldern und Rollbahnen bebaut. Für ein ebenso großes benachbartes Grundstück hat sich Airbus bereits eine Option gesichert.