Hamburg. Beim runden Tisch der Initiative „Feuer und Flamme“ wurde klar: Senat setzt bei Bewerbung auf Nachhaltigkeit und hohe Umweltstandards.

Was auch immer man von der Bewerbung Hamburgs um die Ausrichtung Olympischer Sommerspiele hält: Die Diskussionskultur, die das Großprojekt begleitet, ist bemerkenswert. Das wurde am Donnerstagabend im Atrium des Unilever-Hauses in der HafenCity deutlich, in das die Initiative „Feuer und Flamme“ zusammen mit dem TV-Sender Hamburg 1 und dem Abendblatt zum runden Tisch geladen hatte. Thema: „Nachhaltigkeit von Olympischen Spielen“.

Da bedankte sich der Vertreter der Organisation „NOlympics“ für die Redezeit, die ihm von Gastgeber Merlin Koene gewährt worden war, nachdem er mit zwei Mitstreitern ein Protestplakat enthüllt hatte. Der offiziellen Einladung, an der Diskussionsrunde teilzunehmen, war die Gruppe zum zweiten Mal nicht gefolgt – wovon das protestierende Trio indes nichts wusste. Dass Gegenargumente nicht nur angehört, sondern ernst genommen werden, wenn sie in angemessener Form vorgebracht werden, ist das wichtigste Zeichen dafür, dass die Befürworter der Bewerbung verstanden haben, bis zum Referendum am 29. November viel Unterstützung erarbeiten zu müssen. Was zum Thema Nachhaltigkeit zu sagen gewesen wäre, passte selbstverständlich nicht in die zwei Stunden, auf die die Veranstaltung angesetzt war.

Trotzdem versuchte Abendblatt-Redakteurin Angelika Hillmer als Moderatorin die wichtigsten Punkte herauszuarbeiten. Klar wurden zwei Dinge: Hamburgs Bewerbungskonzept verfügt über eine beeindruckende Vielfalt an Ideen und Plänen, um auf den Feldern Umweltfreundlichkeit, Sozialverträglichkeit und Ökonomie die nachhaltigsten Spiele aller Zeiten zu veranstalten. Gleichzeitig besteht ein enormes Informationsdefizit, an dem die Stadt in den kommenden Monaten arbeiten muss. Umweltsenator Jens Kerstan (Die Grünen) unterstrich das Vorhaben der Regierung, mit einem einzigartigen Nachhaltigkeitskonzept überzeugen zu wollen. „Wir gehen mit dem Versprechen kompakter, grüner und nachhaltiger Spiele ins Rennen und wollen zeigen, dass die Nachhaltigkeit entscheidenden Ausschlag geben kann“, sagte er. Nabu-Chef Alexander Porschke, von 1997 bis 2001 Kerstans Vorgänger, bezweifelt das: „Versprechen, dass die Welt nachhaltiger werden soll, gibt es seit 25 Jahren.“

Ein Lerneffekt sei in Hamburg nicht zu erkennen, da mit Olympia wieder einmal zuerst über ein Großprojekt entschieden werde, bevor es zu Ende geplant ist und die Kosten bekannt sind. Auch Delia Schindler, Sprecherin des Zukunftsrates Hamburg, kritisierte das Fehlen eines Konzepts, um Olympia mit Nachhaltigkeit zu verknüpfen. „Wir warten seit 20 Jahren auf das Nachhaltigkeitskonzept, dem sich die Stadt 1996 verschrieben hat“, sagte sie.

Einig waren sich alle Gäste in der Bewertung der Agenda 2020, mit der das Internationale Olympische Komitee (IOC), das die Spiele 2024 im Sommer 2017 in Lima (Peru) vergibt, die Abkehr vom Gigantismus schaffen möchte. „Es ist klar, dass es ein Höher, Größer, Weiter nicht geben darf. Olympia darf nicht auf Kosten der Menschen und der Natur gehen“, sagte Johannes Merck (Otto-Gruppe), der als Leiter des im vergangenen Jahr gegründeten Dialogkreises Nachhaltigkeit das Impulsreferat hielt und dabei die Leitplanken herausstrich, die erarbeitet wurden: ein tragfähiges Nachnutzungskonzept, das bezahlbaren Wohnraum schafft, ein klimaneutrales Mobilitätskonzept, die deutliche Unterschreitung gesetzlicher Luftreinhaltevorschriften, die strikte Einhaltung von Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsstandards, die systematische Erfassung des gesamten Ressourcenverbrauchs – und Transparenz über sämtliche Prozesse.

Am Ende waren es auswärtige Gäste, die Hamburg mehr Selbstvertrauen verordneten. „Sie sollten an einem guten Nachhaltigkeitskonzept arbeiten, weil das auch einen Effekt für die Stadt hat, wenn die Bewerbung abgelehnt werden sollte. Hamburg hat jetzt die Chance, die besten Ideen und Köpfe zu gewinnen“, sagte die Frankfurterin Sylvia Schenk, Leiterin der Arbeitsgruppe Sport bei Transparency International. Der Stuttgarter Kunibert Lennerts, Präsidiumsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen: „Wir haben die Expertise, um das Olympiaquartier zum Leuchtturmprojekt für ernsthafte Nachhaltigkeit zu machen. Wir müssen es jetzt nur anpacken!“

Die Veranstaltungsserie wird am 17. September mit dem Thema Hafen fortgesetzt.