Hamburg. Die Argumente der Olympia-Gegner sind ein zu enger Zeitplan, zu wenig Transparenz und ein zu großes finanzielles Risiko.
Es war dann doch nicht so einfach, den olympischen Traum zum Platzen zu bringen. Mehrere Attacken waren nötig, um die fünf bunten Luftballons mit der Aufschrift „Hamburg 2024“ zu zerfetzen. Schließlich war es geschafft, und Michael Rothschuh, Nicole Vrenegor und Florian Kasiske lächelten zufrieden. Das Trio gehört zu den rund 150 Aktivisten, die sich für NOlympia Hamburg engagieren. Im Centro Sociale an der Sternstraße auf St. Pauli stellten sie jetzt ihre Argumente vor. Ihr Resümee: Es wäre verantwortungslos, wenn sich die Stadt um die Sommerspiele 2024 bewirbt.
Der Wilhelmsburger Michael Rothschuh, 69, Professor der Politikwissenschaften, wies vor allem auf den engen Zeitplan hin: „Dass Hamburg alle Anlagen bis 2024 fertigstellt, halte ich für unrealistisch. Der Senat strebt offenbar eine Bewerbung für 2028 an und sieht 2024 als Probelauf an – mit der Hoffnung, hinter einem nordamerikanischen Bewerber auf Platz zwei zu landen. So kann man aber die Hamburger nicht hinters Licht führen.“
Als Kronzeuge dient ihm ausgerechnet der Hamburger Unternehmer und Olympiabotschafter Dieter Becken, der beim Olympiaforum „Runder Tisch“ am 6. August von einer Bauzeit von fünf Jahren ausging und die Dauer der Genehmigungsverfahren nach dem möglichen Zuschlag im Herbst 2017 auf die Zeit bis 2020 ansetzte. Rothschuh: „Nach dieser plausiblen Rechnung könnte Olympia in Hamburg nicht im August 2024 stattfinden.“ Becken habe aber recht. Das Gelände auf dem Kleinen Grasbrook sei das komplizierteste Areal, das man sich hätte aussuchen können. „Hochwasserschutz, Verlagerung der Hafenbetriebe, Herrichtung der Flächen, das sind große Herausforderungen mit unsicherem Ausgang“, sagte Rothschuh. Im vergangenen Jahrzehnt sei keine Baumaßnahme der Stadt im veranschlagten Zeitraum zu Ende geführt worden. Nicht nur bei der Elbphilharmonie hätte es Verzögerungen von mehreren Jahren und immense Mehrkosten gegeben, auch beim Bau von Brücken und Straßen.
NOlympia will das Schanzenfest nutzen und plant Infotische in der Stadt
Die Aktivisten von NOlympia stört auch die mögliche Interessensvermengung der Olympiabefürworter, zum Beispiel des ECE-Chefs Alexander Otto, dessen Unternehmen Hotels und Einkaufszentren baut. Selbst wenn Otto ausdrücklich betone, keine Olympiastätten errichten zu wollen, sei doch „das Ziel der Olympialobbyisten die Privatisierung des Kleinen Grasbrook“, sagte Nicole Vrenegor. „Die Stadt soll die Fläche teuer aufbereiten, um diese dann als Investorengeschenk kostengünstig an große Bau- und Immobilienkonzerne zu vergeben.“
Florian Kasiske kritisierte – wie der Landesrechnungshof – die Verpflichtungen, die die Stadt gegenüber dem Internationalen Olympischen Komitee eingehen müsste, wolle sie Olympia austragen. „Das IOC übernimmt keine finanzielle Haftung für die Ausrichtung und den Ablauf der Spiele. Das bliebe alles an Hamburg hängen.“ Das wiederum sei gegenüber den Bürgern nicht zu rechtfertigen. Auch Rothschuh bemängelte, dass der Senat bisher nur von Chancen spreche, aber keine Risiken aufliste: „Die stets versprochene Transparenz sieht anders aus.“
NOlympia will am 6. September das Schanzenfest nutzen, um die Argumente unters Volk zu bringen. Aktuell wurde eine Dokumentation „Das Who is Who der Hamburger Olympiabewerbung“ ins Internet gestellt. Vrenegor: „Ohnehin glauben wir, dass die Olympiabegeisterung in der Stadt bröckelt.“
Der Senat wird am 9. September seine Bewerbung für die Sommerspiele 2024 beim IOC abgeben.