Hamburg. CDU: Senat „versteckt“ 250-Millionen-Euro-Bürgschaft. Finanzbehörde betont, das sei im Mehrbedarf von 568 Millionen Euro schon drin.
Ein Problem? Nein, ein Problem habe man nicht. Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) gab sich betont entspannt. Der Senat erwarte zwar, dass die Ausgaben für Flüchtlinge in den Jahren 2015 und 2016 um insgesamt 568 Millionen Euro steigen werden. „Aber es gibt zurzeit kein Problem“, sagte Tschentscher am Mittwoch im Rathaus. Es seien ausreichend Mittel im Haushalt veranschlagt.
Nur bis zum Jahresende würden die wohl nicht mehr ausreichen. Daher habe der Senat nun eine Drucksache beschlossen, mit der er die Bürgerschaft bitte, weitere 500 Millionen für zwei Jahre zu bewilligen – zusätzlich zu den 68 Millionen Euro für den Bau von Flüchtlingsunterkünften, die der Senat bereits im Juni nachgefordert hatte. Das Geld werde sowohl für neue Unterkünfte als auch für Geldleistungen für Asylbewerber, Kinderbetreuung, Schulen, Sprachförderung, Gesundheitshilfe und für die Bearbeitung von Asylverfahren benötigt.
2014 hatte Hamburg rund 300 Millionen Euro für Flüchtlinge ausgegeben. Da in diesem Jahr vermutlich doppelt so viele Menschen in die Stadt fliehen – rund 30.000 –, sei grob von einer Verdoppelung der Ausgaben auszugehen, sagte Tschentscher. Er wollte sich aber nicht auf eine Zahl festlegen.
Tausende bei Abendblatt-Spendenaktion
Deutlich war hingegen die Botschaft des Finanzsenators, wie er die Mehrausgaben finanzieren will: durch Verschiebungen im Haushalt. Neue Schulden seien ebenso wenig nötig wie ein Bruch des Finanzrahmengesetzes, das der Stadt Ausgaben von maximal 12,2 Milliarden Euro für 2015 erlaubt. Stattdessen gebe es dank „sehr konservativer“ Etatplanung Spielraum. So gebe die Stadt 120 Millionen Euro im Jahr weniger für Zinsen aus als veranschlagt, „das ist schon mal die halbe Miete“, so Tschentscher. Auch der Verlustausgleich für öffentliche Firmen und die Förderung von Arbeitssuchenden fielen um Millionen niedriger aus.
CDU-Haushaltsexperte Thilo Kleibauer kritisierte, dass Tschentscher mit keinem Wort eine Bürgschaft über 250 Millionen Euro erwähnt habe, die die Stadt für das öffentliche Unternehmen „Fördern & Wohnen“ übernehmen will, den Betreiber der meisten Flüchtlingsunterkünfte. Damit sollen „Handlungsspielräume“ erweitert werden, heißt es in der Drucksache. „Der Senat plant offenbar, ,Fördern & Wohnen‘ massiv zu verschulden“, sagte Kleibauer. „Damit verschafft sich der Senat am Haushalt vorbei einen zusätzlichen Spielraum von 250 Millionen. Dies in der Drucksache zu verstecken, ist eine ziemliche Unverschämtheit.“ Die Finanzbehörde betonte hingegen, es handele sich nicht um zusätzliche Ausgaben. Wenn „Fördern & Wohnen“ direkt eine Einrichtung finanziere, erstatte der Senat die Ausgaben, das sei in den 500 Millionen Euro mit drin.
Die Linkspartei forderte, den Finanzrahmen zu erhöhen: „Der Doppelhaushalt 2015/2016 war bereits eine Zumutung für die Behörden, überall muss gespart und gekürzt werden“, sagte Finanzexperte Norbert Hackbusch. Nun auch die steigenden Ausgaben für Flüchtling durch Verschiebungen finanzieren zu wollen, sei „ein Offenbarungseid“ des rot-grünen Senats.
Rot-Grün lobte hingegen, dass die Sparsamkeit Früchte trage: „So können wir die zusätzlichen Mehrbedarfe für Flüchtlinge finanzieren, ohne neue Kredite aufzunehmen oder die Ausgabeobergrenzen zu überschreiten“, sagte Jan Quast (SPD). Farid Müller (Grüne) forderte dennoch mehr Hilfe vom Bund: „Wir schieben und strecken anstehende Projekte und nutzen so die entstehenden Spielräume im Haushalt für die Unterkunft und Integration der Flüchtlinge.“ Damit daraus nicht „Schulden von morgen“ werden, müsse der Bund Hamburg mit einem dreistelligen Millionenbereich unterstützen.