Hamburg. Die Zahl der Baugenehmigungen in Hamburg sinkt leicht. SPD gibt dennoch weitere Steigerung als Ziel aus.
Seit dem Regierungswechsel 2011 wurde der Wohnungsbau in Hamburg kräftig angekurbelt. Die Zahl der Baugenehmigungen – und mit einiger Verzögerung dann auch die der fertiggestellten Wohnungen – stiegen Jahr für Jahr. Für 2015 deutet sich nun ein Ende des Booms an: Die Zahl der genehmigten Wohneinheiten lag im ersten Halbjahr mit 4871 um 83 oder 1,6 Prozent unter dem Vergleichswert aus 2014: Damals wurden im ersten Halbjahr 4954 Wohneinheiten genehmigt. Diese Zahlen teilte die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnungsbau (BSW) auf Abendblatt-Anfrage mit. Sie bezog sich dabei auf die Meldungen der Bezirke, die die Baugenehmigungen erteilen und die Zahlen einmal im Monat der Behörde melden.
Zu viel niedrigeren Zahlen und einem viel deutlicheren Abwärtstrend kommt hingegen das Statistikamt Nord: Es hat für die Hansestadt 3446 Baugenehmigungen im ersten Halbjahr gezählt. Nach 3910 im Vorjahreszeitraum war das ein Rückgang um 464 Baugenehmigungen oder knapp zwölf Prozent. Ein möglicher Grund für die Diskrepanz: Das Statistikamt verwendet nicht die Daten der Genehmigungsbehörden, sondern die der Bauherren. Das galt allerdings auch im Vorjahr und erklärt nicht den stärkeren Rückgang.
Im rot-grünen Senat hält man sich daher lieber an die „eigenen“ Zahlen: Er gehe für das Gesamtjahr 2015 „von einem vergleichbar hohen Niveau wie im Jahr 2014“ aus, sagte BSW-Sprecher Magnus-Sebastian Kutz. Allerdings räumte er auch ein: „Wir sind auf einem hohen Niveau von rund 10.000 Baugenehmigungen pro Jahr angekommen, das sich nicht mehr ohne Weiteres steigern lässt.“
Im Übrigen sind auch die Zahlen der Behörde mit Vorsicht zu genießen, da die Werte von Monat zu Monat stark schwanken: So waren im April 1354 Baugenehmigungen erteilt worden, im Mai und Juni nur noch 711 und 624, im Juli dann aber wieder 1101. SPD-Stadtentwicklungsexperte Dirk Kienscherf warnte daher davor, aus dem minimalen Rückgang eine Trendumkehr abzuleiten: „Abgerechnet wird am Jahresende. Ich gehe davon aus, dass wir auch in diesem Jahr mindestens 6000 Wohnungen fertigstellen werden.“
Die damals allein regierende SPD hatte bei Amtsantritt 2011 das Ziel ausgegeben, künftig für mindestens 6000 neue Wohnungen pro Jahr zu sorgen – davon 2000 öffentlich gefördert. Da von der Genehmigung bis zur Fertigstellung in der Regel mindestens zwei Jahre vergehen, wurde diese Marke erst 2013 und 2014 übertroffen. Auch der neue rot-grüne Senat hielt an diesem Ziel fest. Angesichts der großen Zahl an Flüchtlingen gab es zuletzt sogar Stimmen, dass viel mehr als 6000 Wohnungen nötig seien – von 8000 Neubauten war die Rede. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hatte im Abendblatt-Interview erklärt, in Anbetracht der händeringend gesuchten Unterkünfte es sei notwendig, „beim Wohnungsbau eine Schippe“ draufzulegen. Kienscherf bekräftigte nun, dass man sich neue Ziele stecken werde: „Wir wollen uns nicht mit 6000 Wohnungen zufriedengeben.“ Ob 8000 die neue Zielmarke werde, stehe zwar noch nicht fest, aber klar sei: „Wir wollen die Neubauzahlen weiter steigern.“
Die Opposition ist da skeptisch: „Wenn Rot-Grün wirklich mehr als 6000 Wohnungen erreichen will, muss man den Investoren schon Erleichterungen verschaffen“, sagte CDU-Stadtentwicklungsexpertin Birgit Stöver. Das könne zum Beispiel über geringere behördliche Auflagen oder eine bessere Eigenheimförderung geschehen. Dass die Zahl der Baugenehmigungen nicht mehr wächst, überrascht Stöver nicht: „Nach dem ersten Boom durch den Pakt für den Wohnungsbau tritt jetzt offensichtlich eine Konsolidierung ein.“ Dass das schon an der kürzlich eingeführten Mietpreisbremse liegt, glaubt sie nicht. „Wir erwarten aber, dass sich das langfristig negativ auswirken wird.“ Die Deckelung der Mieten von Bestandswohnungen mache den Wohnungsanbietern das Leben schwerer, sagt Stöver: „Und das wird sich auch auf den Neubau auswirken.“