Dauerhaften Leerstand darf die Stadt nicht akzeptieren

Hamburg ist in zweierlei Hinsicht eine wachsende Stadt: Zum einen lockt sie schon seit Jahren mit ihrer hohen Lebensqualität – Stichwörter: gute Jobs, schicke Wohnungen, riesiges Freizeitangebot – deutlich mehr Menschen an als hier wegziehen. Das ist politisch so gewollt, denn es steigert die Steuer­einnahmen und den Status im Länderfinanzausgleich. Zum anderen strömen täglich Hunderte Flüchtlinge in die Stadt, bis Jahresende werden es wohl etwa 30.000 sein.

Ein erheblicher Teil von ihnen wird zwar kein Bleiberecht erhalten und in seine Heimatländer zurückkehren. Aber dennoch gilt für Tausende: Sie kommen, um zu bleiben. Die große Aufgabe für Politik, Verwaltung, Wirtschaft, ja für die ganze Gesellschaft, lautet daher: Diese Menschen müssen so schnell wie möglich integriert werden. Wir müssen dafür sorgen, dass sie unsere Sprache lernen, dass sie einen Job finden und eben auch eine Wohnung – nur so wird aus dem „Problem“ Zuwanderung eine Chance. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hat es treffend zusammengefasst: „Wachstum ist das Gebot der Stunde.“

Wenn ausgerechnet jetzt das Wachstum im Wohnungsbau ins Stocken geriete, wäre das beunruhigend. Zwar sind die Halbjahreszahlen, die das zumindest andeuten, mit allerlei Unsicherheiten behaftet. Aber selbst wenn der Neubau nur stagnieren würde, wäre das nicht ausreichend. Denn die bisherige Zielzahl von 6000 neuen Wohnungen wurde vor dem Flüchtlingsansturm ausgegeben. Mittlerweile ist klar: Wir brauchen noch viel mehr Wohnungen. SPD und Grüne haben das bereits erkannt, aber es wird Zeit, dass den Worten Taten folgen.

Die Frage, warum trotz des Wohnungsmangels an vielen Ecken in der Stadt Gebäude leer stehen, ist zwar zulässig. Aber sie führt nicht weiter, denn die meisten dieser Gebäude sind zum Wohnen schlicht nicht geeignet. Akzeptabel ist die Situation dennoch nicht. Denn wer auf der einen Seite Druck hat, Flüchtlingsunterkünfte, Jobs und Wohnungen schaffen zu müssen, kann nicht auf der anderen Seite hinnehmen, dass Flächen oder Gebäude zum Teil über Jahre ungenutzt bleiben. Alles Nötige dazu steht im Grundgesetz: „Eigentum verpflichtet.“