Hamburg. Die wegen Totschlags verurteilten Hakan und Ali Y. kamen wegen zu langer Verfahrensdauer frei. Strafhaft wollen sie offenbar antreten.

Die beiden Männer, die wegen zu langer Verfahrensdauer aus der Untersuchungshaft entlassen worden waren, wollen ihre Strafhaft offensichtlich antreten. „Es ist reine Spekulation, dass mein Mandant Hakan Y. untergetaucht ist. Er ist nicht flüchtig, sondern bereit, die Haftstrafe anzutreten“, sagte Rechtsanwalt Klaus-Ulrich Ventzke. Zuvor hatte sich bereits Anwalt Gerhard Strate, der Hakan Y.s Cousin Ali Y. vertritt, gleichlautend für seinen Mandanten geäußert.

Wie berichtet, hatte das Oberverwaltungsgericht bereits im Mai entschieden, die beiden Männer aus der Untersuchungshaft zu entlassen. Hakan Y. war zu zehneinhalb Jahren Haft verurteilt worden, weil es das Landgericht als erwiesen ansah, dass er in der Nacht zum 24. Juni 2012 den 22-jährigen Ali Ö. vor der Gaststätte The Spot an der Holstenstraße (Altona) erschossen hatte. Ali Y. wurde als Mittäter zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt.

Da die beiden Cousins Revision eingelegt hatten, war das Urteil gegen sie noch nicht rechtskräftig. Ihrer Haftbeschwerde wegen zu langer Untersuchungshaft gab das Oberverwaltungsgericht (OLG) statt, weil es eine Verfahrensverzögerung von rund sieben Wochen erkannte, die aus Sicht des OLG vermeidbar gewesen wäre. Eine Fortdauer der Untersuchungshaft – die beiden waren bereits seit 2012 hinter Gittern – sei unverhältnismäßig.

Der renommierte
Rechtsanwalt und
Strafverteidiger
Gerhard Strate
vertritt Ali Y.
Der renommierte Rechtsanwalt und Strafverteidiger Gerhard Strate vertritt Ali Y. © HA | Bertold Fabricius

Inzwischen ist die Revision verworfen und das Urteil des Landgerichts damit rechtskräftig. Hakan und Ali Y. sind nun verpflichtet, ihre Haftstrafe anzutreten. Allerdings weisen die Anwälte Ventzke und Strate darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft ihren Mandanten bislang keine Ladung zum Haftantritt zugestellt habe.

„Das stimmt“, sagte Nana Frombach, die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. „Die Ladung zum Haftantritt an Hakan Y. ist heute als unzustellbar zurückgekommen. An Ali Y. ist sie noch nicht rausgeschickt worden“, sagte Frombach. „Ich gehe davon aus, dass die Staatsanwaltschaft die richtige Adresse von Hakan Y. hat“, sagte Ventzke, ohne nähere Angaben zum Aufenthaltsort seines Mandanten zu machen.

Die Haftentlassung der beiden Cousins hat die Debatte über die Belastung der Justiz erneut angefacht. Während die Opposition Justizsenator Till Steffen vorwarf, nicht für eine ausreichende Personalausstattung der Gerichte gesorgt zu haben, sah Steffen „keinen direkten Zusammenhang“ zwischen der Verfahrensverzögerung in dem Fall und der „schwierigen Personallage“ der Justiz. Allerdings kündigte Steffen im Gespräch mit dem Abendblatt an, den Sparkurs beenden zu wollen. „Es ist mein Ziel, Gerichte und Staatsanwaltschaften von weiteren Sparverpflichtungen auszunehmen“, sagte der Senator.