St. Pauli/Bad Bramstedt. Expeditionsleiter Arved Fuchs startet am Mittwoch in Hamburg zu einer neuen Forschungsreise Richtung Antarktis.

Von den Tropen ins ewige Eis – so verläuft die Route der neuen Expedition von Arved Fuchs. Der Bad Bramstedter Polarforscher und Abenteurer geht an diesem Mittwoch im Hamburger Hafen auf große Fahrt: Im eiserprobten Haikutter „Dagmar Aaen“ und mit einer zehnköpfigen Crew segelt er erst über den Atlantik nach Brasilien. Von dort geht es weiter Richtung Süden nach Feuerland, zum Kap Hoorn und von Chile aus dann über die gefürchtete Drake-Passage zur Antarktischen Halbinsel.

„Wenn wir es schaffen, werden wir bis Petermann-Island fahren“, sagte er dem Abendblatt. Die rund zwei Quadratkilometer große Insel liegt am 65. Breitengrad im westlichen Teil der Antarktischen Halbinsel und ist vom globalen Klimawandel besonders stark betroffen.

Im Hamburger Hafen trifft der 62-Jährige gerade die letzten Vorbereitungen für die Reise und das Projekt ­Ocean Change, bevor er am Mittwoch in See sticht. Neben wissenschaftlichen Forschungen in Kooperation mit Ant­arctic Research Trust sind Dokumentarfilme über Kap Hoorn und den deutschen Flugpionier Gunther Plüschow geplant. Zudem geht es dem Expeditionsleiter auch um eine persönliche Bestandsaufnahme. „Ich war vor 15 Jahren das letzte Mal in der Antarktis und will nun sehen, welche Veränderungen der Klimawandel ausgelöst hat.“ Im Jahr 1989 hatte der „Polar-Fuchs“ sogar einen Weltrekord aufgestellt: Er erreichte als erster Mensch sowohl den Nord- als auch den Südpol innerhalb eines Jahres zu Fuß. An Bord des knapp 24 Meter langen Segelschiffes kommt zeitweise Klemens Pütz, ein deutscher
Biologe, Pinguin-Forscher und Wissenschaftlicher Direktor des Antarctic Research Trust. Diese Organisation mit Sitz auf den Falklandinseln kümmert sich um den Schutz der antarktischen und subantarktischen Tierwelt.

In Südchile will Pütz die Felsenpinguine in den Fokus der Polarforschung nehmen und einige von ihnen mit Minisendern ausstatten. Der Gesamtbestand der Art ist in 30 Jahren um mehr als 30 Prozent zurück gegangen. Klimawandel und verstärkter Fischfang gehören für die Tiere zu den größten Stressfaktoren. „Wir werden die Forschungen in einem schwer zugänglichen Gebiet im Westen Chiles durchführen“, sagt Arved Fuchs.

Der eiserprobte Fischkutter
 „Dagmar Aaen“  unter Seg
Der eiserprobte Fischkutter „Dagmar Aaen“ unter Seg © Arved Fuchs Expeditions

Eine weitere Etappe ist Kap Hoorn, das der Abenteurer 1984 mit einem kleinen Faltboot umrundet hatte. In diesem Gebiet an der Spitze Südamerikas, das in den vergangenen Jahrhunderten mehr als 10.000 Seeleuten zum Grab wurde, werden Dokumentarfilme für das öffentlich-rechtliche Fernsehen gedreht und Reportagen für „National Geographic“ geschrieben und fotografiert. „Außerdem bereiten wir auf diese Weise ein Jubiläum vor“, sagt Arved Fuchs. Es geht um den niederländischen Seefahrer Willem Cornelis Schouten. Der hatte am 29. Januar 1616 – also vor 400 Jahren – das Kap entdeckt und zu Ehren des Rates der Stadt „Capo Hoorn“ benannt.

Ebenfalls dokumentarischen Charakter hat das Projekt, das sich mit dem fast vergessenen deutschen Marineflieger Gunther Plüschow (1886-1931) befassen wird. Der aus einer mecklenburgischen Familie stammende Marineflieger war der erste Pilot überhaupt, der Kap Hoorn und südchilenische Gebirgsketten überflog. Außerdem reiste er im Jahr 1927 mit dem Expeditionsschiff „Feuerland“ nach Punta Arenas in Chile. Es wurde eigens dafür in einer Büsumer Werft gebaut und kehrte nach einer Odyssee schließlich im Jahr 2007 nach Harburg zurück.

Bevor die „Dagmar Aaen“ im Januar 2016 über die Drake-Passage Richtung Antarktische Halbinsel segelt, macht Arved Fuchs im argentinischen Ushuaia Station. „Ich bin gespannt darauf, wie sich der Ort verändert hat.“ Tatsächlich erlebt die Stadt am Beagle-Kanal derzeit einen wirtschaftlichen Aufschwung. Inzwischen leben dort gut 80.000 Menschen, die nicht zuletzt von den Antarktis-Kreuzfahrtschiffen profitieren, die hier zwischen November und März ablegen. „Wir haben großen Respekt vor dem Wetter“, sagt Fuchs, wenn es durch die meist stürmische Drake-Passage geht. „Und sind gespannt, ob wir es bis nach Petermann-Island schaffen.“

Auf der Antarktischen Halbinsel wird die Expedition Klimadaten messen. Nach Angaben des Bundesumweltamtes erwärmt sich die Antarktische Halbinsel derzeit „stärker als der Rest der Welt“. Keine Region der Erde heize sich schneller auf, heißt es. So dokumentieren die Temperaturdaten des Oak Ridge National Laboratory eine Erhöhung der Jahresmittelwerte von bis zu zwei Grad in den letzten 50 Jahren. Greenpeace warnt vor dem Kollaps des westantarktischen Festlandeises. Würde das gesamte Eis in der Antarktis schmelzen, könnte der globale Meeresspiegel um rund 3,3 Meter ansteigen, heißt es.

Wenn Arved Fuchs im Frühjahr wieder nach Deutschland zurückkehrt, wird er einem breiten Publikum von der Schönheit, aber auch der Gefährdung eines der letzten Paradiese des Planeten berichten.