Hamburg. Branche erwartet 2015 fünf Prozent mehr Übernachtungen. Auslastung liegt mit 79 Prozent vor München und Berlin an der Spitze.
Das renommierte Hamburger Grandhotel Reichshof erstrahlt im neuen Art-déco-Stilmix, der künftige Wettbewerber The Fontenay an der Alster lässt im Rohbau schon imposante Fronten erkennen: Der Hotelmarkt boomt – und das nicht nur in Hamburg. 389 Hotels seien derzeit in Deutschland im Bau, schreibt der Informationsdienstleister Tophotelprojects.
Mit allein 27 Neubauprojekten sei die Hansestadt in Deutschland einer der interessantesten Märkte für die Branche. Die Liste angekündigter Eröffnungen bis zum Jahr 2019 reicht in Hamburg vom Ein- bis Fünf-Sterne-plus-Angebot, vom Lidl-Hotel über dem Discounter in der Ladenzeile bis zum künftigen Luxushotel Westin Hamburg in der Elbphilharmonie, wie Hamburg Tourismus auflistet.
Im Schnitt ist der Zimmerpreis um 4,1 Prozent auf 106 Euro gestiegen
Steigende Gäste- und Übernachtungszahlen beflügeln die Branche, Hamburg ist mit seinen maritimen und kulturellen Angeboten zum deutschen Tourismusmagnet geworden. Die Marketingmanager rechnen nach zwölf Millionen Übernachtungen im Jahr 2014 mit einem Plus von bis zu fünf Prozent in diesem Jahr. Die Stadt brauche aber keine Angst vor einem Hotel-Überangebot zu haben, sagte Tourismuschef Dietrich von Albedyll zu den Zahlen.
Laut Statistik ist die Bettenkapazität in Hamburg von 2004 bis 2014 um rund 67 Prozent gestiegen, während sich die Übernachtungszahlen verdoppelten. Die Zimmerauslastung von rund 79 Prozent ist deutschlandweit vor München und Berlin Spitze, zeigt gleichzeitig aber Luft nach oben. Mehr als 6000 Betten sollen bis Ende 2016 in der Hansestadt hinzukommen, mehr als 60.000 wären es dann insgesamt.
Der Vizepräsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes ( Dehoga) in Hamburg, Niklaus Kaiser von Rosenburg, sieht diesen Zuwachs mit gemischten Gefühlen. Die Innenstadt, der Bezirk Mitte, sei mit Hotels stark überbaut worden, sagt von Rosenburg und plädiert für ein „gesundes Wachstum“ über die gesamte Stadt verteilt. „Wir müssen die Innenstadt als Premiumprodukt begreifen“, meint der Verbandsvertreter. Über preisgünstige Angebote durch neue Motels und Hostels sei hier das Preisgefüge weiter unter Druck geraten. Zwar legte in der Hansestadt der durchschnittliche Zimmerpreis 2014 verglichen mit dem Vorjahr um 4,1 Prozent auf 106 Euro zu, ist aber noch niedriger als die Raten in München (126 Euro), Frankfurt (119) und Düsseldorf (112). Und im Vergleich zu Salzburg oder Barcelona habe Hamburg sogar moderate Preise, ergänzte Rosenburg. Hinzu kommen für die Hoteliers noch Einnahmen, etwa wenn die Gäste in der Herberge speisen.
Geld für Investitionen benötigen nach Branchenangaben vor allem mittelständische Hoteliers in Hamburg und Deutschland, wenn sie der erwarteten Expansion von Ketten ein Haus mit eigener Note entgegensetzen wollen. „Der Markt ist im Umbruch. Der Vormarsch der Ketten nimmt an Geschwindigkeit zu. Vor allem mittelmäßige Hotels werden in diesem Wettbewerb verlieren und selbstständige Hoteliers unter Druck gesetzt“, sagt der Branchenexperte Stephan Gerhard, der am Baltic College der Fachhochschule des Mittelstands in Schwerin „Hospitality Development“ lehrt. Wobei er gerade im mittleren Preissegment – zwischen Luxusherbergen und Standard-Boxen – noch Potenzial für neue Hotels sieht.
Auch von Rosenburg, Geschäftsführer des in Familienbesitz befindlichen traditionsreichen Baseler Hofs in Hamburg, weiß um den Wettbewerbsdruck. Daher würden bis zu 15 Prozent des Umsatzes jährlich ins Objekt investiert, sagt er. Schließlich beseitigten die in die Jahre gekommene Ketten ebenfalls ihren Renovierungsstau, um für Gäste attraktiv zu bleiben. Dies erhöhe somit noch den Druck, ergänzt Gerhard.
Für neue Hotelprojekte in Deutschland steht derzeit von Investoren so viel Geld wie nie zuvor bereit. Der Immobiliendienstleister CBRE rechnet damit, dass angesichts der robusten inländischen Konjunktur und vor allem der Niedrigzinsphase in diesem Jahr der Vorjahresrekord von drei Milliarden Euro gebrochen wird. Schließlich wurden nach seinen Auswertungen im ersten Halbjahr 2015 erneut 1,48 Milliarden Euro angelegt. Überwiegend Investoren aus den USA, Großbritannien und Frankreich seien im deutschen Markt aktiv. „Die zunehmende Nachfrage nach Hotelimmobilien sorgt für fallende Renditen“, so der Immobiliendienstleister.
Nicht nur bestehende Ketten, sondern auch neue drängen immer mehr in die Hansestadt. Nach Investitionen von 30 Millionen Euro hat die amerikanische Hilton-Hotelkette in Hamburg mit dem Reichshof unter der Marke „Curio – A Collection by Hilton“ ihr erstes Haus in Hamburg eröffnet. In der Stadt war der Konzern schon länger auf der Suche nach einer Immobilie. Wenn das Fontenay an der Außenalster am 1. Juli 2016 startet, hat Inhaber und Milliardär Klaus-Michael Kühne rund 100 Millionen Euro in das Prestigeobjekt mit Blick aufs Wasser investiert. Es soll Deutschlands bestes Hotel werden.