Hamburg. Planfeststellung zur West-Erweiterung 2015 fertig. Strittige Rolle eines Mitarbeiter, der Gutachten erstellte und Projektskeptiker ist.

Das Genehmigungsverfahren für den Ausbau des Hamburger Hafens kann noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. „Die West-Erweiterung einschließlich des verbesserten Drehkreises für große Containerschiffe wird wie geplant realisiert“, sagte Wirtschaftsstaatsrat Rolf Bösinger vor dem Wirtschaftsausschuss der Bürgerschaft.

Der Planfeststellungsbeschluss für das Vorhaben, das rund 250 Millionen Euro kosten soll, werde voraussichtlich noch 2015 vorliegen. Allerdings sei nicht auszuschließen, dass es noch zu Klagen gegen das Projekt kommt. Etwa sechs Jahre soll der Bau des erweiterten Containerterminals dauern, sobald der Planfeststellungsbeschluss rechtskräftig ist.

In der zum Teil turbulenten Ausschusssitzung wurde vor allem die lange Verfahrensdauer erörtert, nachdem Vorwürfe des Terminalbetreibers Eurogate über angebliche Verzögerungen durch einen Behördenmitarbeiter bekannt geworden sind. Wie das Abendblatt aufdeckte, hatte Eurogate an eine Schadenersatzklage gedacht, weil der Mitarbeiter der Umweltbehörde, der die Lärmauswirkung der Hafenerweiterung bewerten soll, zugleich zu den Einwendern gegen das Projekt gehört. In seiner Doppelrolle soll dieser Mitarbeiter die Planungen um eineinhalb Jahre verzögert haben, so der Vorwurf. Das Planverfahren läuft seit 2009.

Konstruktiver Dialog und umstrittener Mitarbeiter

Die Senatsvertreter wiesen diesen Vorwurf gegenüber den Ausschussmitgliedern entschieden zurück. Es habe keine Verzögerungen gegeben, sagte Staatsrat Bösinger. Vielmehr sei es im Interesse der Behörden und auch von Eurogate gewesen, beim Planfeststellungsprozess gründlich vorzugehen: „Es war allen Beteiligten ein wichtiges Anliegen, keinen Ausbau zuzulassen, der in einer zu erwartenden anschließenden gerichtlichen Prüfung sofort wegen Mängeln in der Lärmbeurteilung vom Gericht wieder aufgehoben wird“, sagte Bösinger.

Er räumte allerdings ein, dass es unterschiedliche Auffassungen zwischen den Lärmexperten der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) und von Eurogate gegeben habe. Nach einer Überarbeitung des Lärmgutachtens durch Eurogate habe die BSU erneut Vorbehalte gehabt, diese aber schließlich zurückgenommen. Anfängliche Zweifel an Teilen des Lärmgutachtens hätten in einem konstruktiven Dialog zwischen allen Beteiligten ausgeräumt werden können, teilten der Senat und Eurogate am Mittwoch mit.

Der Umwelt-Staatsrat der BSU, Wolfgang Michael Pollmann, gab in der Ausschusssitzung allerdings zu, dass seine Behörde von einer möglichen Interessenkollision ihres Mitarbeiters ausgeht. Er selbst habe am 26. Mai 2015 von dem Verdacht gegen den Mitarbeiter erfahren. Der Mitarbeiter sei allerdings bereits bei Bekanntwerden der Vorwürfe im Februar von seinem Auftrag entbunden worden.

Die Behörde habe auf Pollmanns Betreiben ein personalrechtliches Verfahren eingeleitet. Das laufe noch. „Der Mitarbeiter hätte seine Vorgesetzten über den möglichen Interessenkonflikt aufklären müssen“, räumte Pollmann ein. Mögliche Verzögerungen im Verfahren zur West-Erweiterung sah er aber auch nicht.

Sein Kollege Bösinger erklärte dazu, dass der Wirtschaftsbehörde bereits 2009 bekannt geworden sei, dass ein Mitarbeiter der BSU auch eine private Einwendung im Planfeststellungsverfahren erhoben hat. Davon hätte auch Eurogate Kenntnis gehabt.

Ein Fall für die Bürgerschaft

Bösingers Äußerung wurde allerdings auf Nachfrage der Parlamentarier vom Leiter des Rechtsamtes der Wirtschaftsbehörde, Hans Aschermann, relativiert. Seinen Äußerungen zufolge hätte man theoretisch auf die besondere Rolle des BSU-Mitarbeiters stoßen können, wenn man danach gesucht hätte. Schließlich seien die Einwendungen auch an Eurogate gegangen. Eine aktive Überprüfung hätte es aber nicht gegeben.

Für Aufregung sorgte der Bürgerschaftsabgeordnete der CDU, Ralf Niedmers, der den betroffenen BSU-Mitarbeiter beim vollen Namen nannte. Die SPD-Fraktion reagierte empört und erwog, die Ausschusssitzung abzubrechen oder über einen Ausschluss der Öffentlichkeit abzustimmen.

Schließlich einigten sich die Obleute darauf, den Ausschuss fortzusetzen, auf Namensnennungen aus Datenschutzgründen aber zu verzichten. Niedmers selbst beantragte, den Namen aus dem Sitzungsprotokoll wieder zu löschen. Der Fall soll auf Wunsch der Opposition heute auch im Plenum der Bürgerschaft diskutiert werden.

Der Antrag zur West-Erweiterung in Waltershof liegt seit 2009 vor. Der Petroleumhafen soll verfüllt, die nördlich davon liegenden Flächen sollen umstrukturiert und vorhandene Altlasten saniert werden. So entstehen nach den Plänen etwa eine 40 Hektar neue Terminalfläche mit Platz für zwei Großschiffliegeplätze und einem Feederliegeplatz. Die Umschlagskapazitäten bei Eurogate sollen damit von vier auf sechs Millionen Standardcontainer vergrößert werden. Gegen dieses Projekt gab es Hunderte Einwendungen von Anrainern. Die meisten wohnen am nördlichen Elbufer und in Finkenwerder. Sie befürchten, durch zusätzlichen Lärm und andere Emissionen belästigt zu werden.