Hamburg. Das Abendblatt dokumentiert, was der Koalitionsvertrag für den Hafen vorsieht, und was sich dadurch verändert.
Der Hamburger Hafen soll ökologisch sauberer werden. Luft- und Wasserqualität der Elbe sollen verbessert, Lärm und Baggerarbeiten im Hafen reduziert werden. Die notwendige Energie wird aus alternativen Stromquellen gespeist. Der gesamte Seegüterumschlag soll künftig umweltverträglicher erfolgen. Das haben SPD und Grüne in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart. Dieser enthält auf knapp acht von insgesamt 115 Seiten konkrete Maßnahmen, auf die sich die Parteien geeinigt haben.
Spannend wird es, sobald die konkrete Umsetzung ansteht. Vieles kann Hamburg nicht allein entscheiden, sondern ist dabei auf Unterstützung von der EU aus Brüssel oder den angrenzenden Bundesländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein angewiesen. Das Abendblatt dokumentiert, was der Koalitionsvertrag für den Hafen vorsieht, und was sich dadurch verändert.
Wasserqualität
Zur Verbesserung der Wassergüte setzen SPD und Grüne auf die konsequente Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie, welche die EU vor 15 Jahren beschlossen hat. Diese sieht eine umweltverträgliche Wassernutzung vor. So ist Rot-Grün beispielsweise dafür, die Schadstoffe, die von Industriebetrieben an Mittel- und Oberelbe in den Fluss eingeleitet werden, zu reduzieren. Das muss mit den anderen Elbanrainern abgestimmt werden. Der belastete Elbschlick, der aus dem Hafenbecken und dem Fluss gebaggert wird, soll künftig überhaupt nicht mehr in Hamburg abgeladen werden. Die Stadt will deshalb Schleswig-Holstein und Niedersachsen fragen, ob die Unterbringung von Baggergut bei ihnen möglich ist. Wenn nicht, sollen die Sedimente außerhalb der Dreimeilenzone in der Nordsee verklappt werden. Um im Rahmen eines Strombaumanagements mehr Schutzgebiete und Überflutungsflächen zu schaffen, will Hamburg mit seinen Nachbarn eine „Ästuarpartnerschaft“ gründen. Ästuare sind Mündungsgebiete von Flüssen in Meere. Mit welchen Maßnahmen diese Partnerschaft belebt werden soll, lassen die Koalitionäre allerdings offen.
Luftqualität
Der Hamburger Luftreinhalteplan soll um ein eigenes Luftreinhalteprogramm für den Hafen ergänzt werden. Langfristiges Ziel ist ein emissionsarmer Hafen. Nach einer Übergangsfrist von drei Jahren sollen nur noch Lkw auf die Terminals fahren dürfen, welche die Abgasklasse Euro 5 erfüllen. Das ist keine überzogene Forderung: Der Verband für Straßengüterverkehr und Logistik in Hamburg (VSH) geht davon aus, dass bereits 80 Prozent der Laster im Hamburger Hafen die Euronorm 5 erfüllen. Dem Rest will Rot-Grün die Umrüstung durch ein Anreizprogramm erleichtern. Der Konkurrenzhafen Maasvlakte II in Rotterdam lässt sogar nur noch Lkw zu, die die noch schärfere Euronorm 6 erfüllen.
Seeschiffe
Fähren, Barkassen und Schlepper sollen auf moderne Antriebe, beispielsweise durch Flüssigerdgas umgestellt werden. Die Umrüstung will der Senat fördern. Für Seeschiffe mit hohen Lärm- und Schadstoffausstößen wollen SPD und Grüne ein Bonus-Malus-System einführen. Dabei gilt: Je sauberer der Schiffsantrieb, desto günstiger sind die Hafengebühren. Diese Forderung ist aber alt. Das Hafengeld gibt schon heute Rabatte für weniger umweltschädigende Schiffe, sie richten sich nach dem Environmental Ship Index (ESI), der in 30 Häfen angewendet wird. Die Koalition will zudem, dass besonders schadstoffreiche Schiffe künftig mehr zahlen sollen als alle anderen. Dieses geht aus Wettbewerbsgründen aber nur in Abstimmung mit den Konkurrenzhäfen. Diese Abstimmung sieht der Koalitionsvertrag folgerichtig auch vor.
Landstrom
Hamburg plant neben der Landstromanlage für Kreuzfahrtschiffe, am Passagierterminal in Altona eine zweite Anlage für Containerschiffe zu errichten. Diese soll nach dem Willen der Koalitionäre nun am Athabaskakai gebaut werden. Das verärgert jedoch den Umschlagbetrieb Eurogate, da der Athabaskakai der Konkurrentin HHLA gehört. Zudem hat die Bundesregierung mit China eine Vereinbarung getroffen, eine grüne Schifffahrtslinie mit Landstrom mit der Reederei China Shipping einzuführen. Und diese Reederei ist in Hamburg Kunde von Eurogate und nicht von der HHLA.
Elbvertiefung
SPD und Grüne haben im Koalitionsvertrag deutlich gemacht, dass sie sich über die Notwendigkeit der Elbvertiefung uneinig sind, dennoch wird das Projekt ohne Wenn und Aber umgesetzt, wenn die Gerichte das Projekt genehmigen. Alle hamburgischen Behörden sollen das Ziel unterstützen, heißt es in dem Koalitionsvertrag.
Infrastruktur
Gleiches gilt für die großen Ausbauvorhaben im Hafen. Die Westerweiterung, Kattwykbrücke sowie Autobahn 26 und Hafenquerspange sind im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Und Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hat auch die Hand darauf, dass keine Behörde der Grünen dagegen vorgeht: Der Hafenausbau wird durch die Senatskanzlei koordiniert.
Finanzen
SPD und Grüne haben die Finanzierung des Hafens erstmals seit Langem auf sichere Beine gestellt. Während die schwarz-grüne Koalition aus dem Haushalt gar keine Mittel mehr bereitstellen wollte, und die zuständige Hamburg Port Authority (HPA) auch in den vergangenen Jahren immer um einen Ausgleich ihres Betriebskostendefizits bangen musste, ist die Übernahme der Betriebskosten durch den Senat nun im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Und dabei geht es um viel Geld: Zu den 124 Millionen Euro, die der Senat jährlich in den Ausbau des Hafens investiert, kommen nun durch die Übernahme der Betriebskosten noch einmal 40 bis 50 Millionen Euro pro Jahr hinzu. Für die HPA bedeutet das mehr Sicherheit. Allerdings steigen auch die Ausgaben: Die Stiftung Lebensraum Elbe erhält künftig rund 500.000 Euro mehr aus dem Hafengeld. Wird das Bonus-Malus-System für Seeschiffe eingeführt, rechnen die Experten mit zwei Millionen Euro geringeren Einnahmen. Der Bau einer weiteren Landstromanlage kostet mindestens fünf Millionen Euro.
Reaktionen
Die Hafenwirtschaft ist mit dem Ergebnis der Koalitionsverhandlungen recht zufrieden: „Die großen Infrastrukturprojekte sind alle abgesichert. Auch die Finanzierung steht“, sagt Gunther Bonz, Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg (UVHH). Dass eine weitere Ökologisierung die Hafenbetriebe belasten könnte, befürchtet er nicht: „Die Hafenbetriebe haben in der Vergangenheit viel für Nachhaltigkeit getan und werden das auch künftig tun.“ Anders fällt die Bewertung der Umweltverbände aus: „Die vereinbarten Ziele zur Ökologisierung sind alle richtig. Aber die Verbindlichkeit ihrer Umsetzung sehen wir nicht“, sagt Paul Schmid vom BUND. „Und was uns wirklich fehlt, ist eine klare Aussage zu einer Hafenkooperation.“