Hamburg. Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) will, dass Hamburgs Hochschulen die möglichen Folgen der Spiele für die Stadt untersuchen.
Wäre die Austragung der Olympischen Spiele 2024 oder 2028 für Hamburg ein Glücksfall, der die Stadt mit einem Schlag auf die internationale Landkarte heben und einen Quantensprung in der Stadtentwicklung ermöglichen würde? Oder würde das Großereignis nur viel Geld kosten, die Mieten hochtreiben und die soziale Spaltung weiter verschärfen? Während sich einige Studentenvertretungen an den Unis damit bereits auseinandergesetzt haben und überwiegend zu einer sehr kritischen Position neigen, soll diese Diskussion nun auch in größerem Rahmen an den Hamburger Hochschulen geführt werden – jedenfalls ist das der Wunsch von Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne).
„Ich sehe Hochschulen als Problemlöser zentraler gesellschaftlicher Herausforderungen – und Olympische Spiele sind eine große Herausforderung“, sagte Fegebank dem Abendblatt. „Daher war für mich von Beginn an klar, dass die Hochschulen im Zuge der Olympia-Bewerbung in die Diskussion eingebunden werden sollen.“
Die Zweite Bürgermeisterin, selbst bekennende Anhängerin der Olympia-Bewerbung, hat daher kürzlich die Leitungen aller staatlichen und privaten Hochschulen zu einem ersten „Kickoff“-Treffen im Rathaus eingeladen und dabei die Frage aufgeworfen, was die Unis zum Thema Olympia beitragen können und wollen. Die Resonanz, so berichten es Teilnehmer, war verhalten positiv. Einige Fachbereiche der Universität Hamburg oder die HafenCity Universität (HCU) beschäftigen sich bereits eifrig mit dem Thema, die Kunsthochschulen seien dagegen noch etwas skeptisch, was ihre Rolle in dem Spiel angeht, hieß es.
„Ich sehe in jedem gesellschaftlichen Bereich Anknüpfungspunkte für Forschung und Lehre – vom Sport über die Internationalisierung und Stadtentwicklung bis zur Nachhaltigkeit von Großveranstaltungen“, sagte Fegebank. „Die dürfen auch gern auf einen kritischen Nährboden fallen. Da sehe ich die Rolle der Hochschulen: unabhängig zu forschen und zu lehren und als kritischer Geist diesen Prozess zu begleiten.“ Sorgen, der Senat wolle womöglich die autonomen Hochschulen für seine Bewerbung instrumentalisieren, wies die Senatorin zurück: „Hier wird niemandem etwas übergestülpt und niemand vor irgendeinen Karren gespannt. Jede Hochschule muss frei für sich entscheiden, was sie macht.“
Das der AStA der Universität kürzlich ein „Anti-Olympisches Komitee“ gegründet hatte und die Bewerbung Hamburgs scharf kritisiert, hat Fegebank „zur Kenntnis genommen“, sagte sie. Sie sei „jederzeit bereit, in einen Dialog mit den Studenten zu treten. Ich kann aber nicht abschätzen, ob diese kritische Haltung von einer Mehrheit der Studierenden getragen wird. Ich nehme ganz unterschiedliche Haltungen wahr – je nach Art des Studiengangs, der Hochschule oder zum Beispiel der Nähe zum Sport.“ So hatten zum Beispiel SPD- und CDU-nahe Hochschulgruppen den AStA für seine extreme Positionierung kritisiert.
Unabhängig von der fachlichen Begleitung in der Bewerbungsphase sieht die Senatorin Olympia als Chance für den Hochschulstandort: „Sicher kann so ein großes und weltumspannendes Ereignis dazu beitragen, den Wissenschaftsstandort Hamburg bekannter zu machen. Wenn das Wissenschaftler und Studierwillige aus aller Welt animiert, nach Hamburg zu kommen, wäre das großartig.“
Diese Sichtweise teilt auch Dieter Lenzen, Präsident der Universität Hamburg: „Die Sichtbarkeit der Stadt und des Hochschulstandorts zu fördern, ist grundsätzlich gut.“ Lenzen sagte, er sehe die Universität als einen „Ort der Diskussion und der Reflexion über das Thema Olympia“, hielt sich aber bedeckt bei der Frage, was die Uni beitragen könne. „Von einzelnen Wissenschaftlern“ gebe es großes Interesse am Thema Olympia, und „wenn Forschungsmittel ausgeschrieben werden, dann werden sich sicher viele individuelle Wissenschaftler oder Gruppen von Wissenschaftlern daran beteiligen“. Das kann man so interpretieren, dass für zusätzliche Leistung eben auch zusätzliches Geld benötigt wird. Über ihre finanzielle Ausstattung liegen die Hochschulen mit dem Senat ohnehin seit Jahren im Clinch.
Das Thema einer Studie: Was haben die Spiele 2012 der Stadt London gebracht?
„Die Ausgaben für die Olympischen Spiele dürfen nicht bei Bildung und Wissenschaft eingespart werden“, sagte auch Walter Pelka, Präsident der HafenCity Universität (HCU). „Darüber herrscht Einigkeit unter den Hochschulen.“ Wegen ihrer Lage und inhaltlichen Ausrichtung betrifft die HCU das Thema Olympia am stärksten. Es sei aber „nicht Aufgabe von Hochschulen, sich als Ganzes für oder gegen Olympische Spiele zu positionieren“, sagte Pelka. Darum sei es in dem Gespräch mit der Senatorin auch nicht gegangen. Auch Lenzen betonte, er fühle sich nicht vor einen Karren gespannt. „Unsere Aufgabe ist es vielmehr, das Thema sachlich-kritisch und frei von Ideologie wissenschaftlich zu begleiten“, sagte Pelka.
„Das tun wir als HCU, schließlich betrifft das Thema alle unsere Fachbereiche – von den Architekten über die Bauingenieure bis zu den Stadtplanern.“ Schon lange bevor Hamburg seine Bewerbung forciert hat, hatten sich daher Wissenschaftler und Studenten der HCU mit den Olympischen Spielen befasst. Unter anderem sind zwei Studien entstanden zu den Fragen: Was haben die Spiele 2012 der Stadt London gebracht? Und: Welche Spiele waren aus Sicht der Ausrichterstädte erfolgreich? „Als Fazit kann man sagen: Die Durchführung der Spiele ist nicht das Problem“, sagte Pelka. „Entscheidend für die Ausrichterstadt ist, wie sie die Spiele langfristig in die Stadtplanung einbindet und was sie danach daraus macht.“