Hamburg. Nach dem ab dem 1.6. geltenden Bestellerprinzip müssen künftig die Vermieter die Maklerkosten tragen. Kritiker fürchten Mieterhöhungen.

Modernisierter Altbau in ruhiger Lage. 66 Quadratmeter, drei Zimmer, schön zentral in einer Nebenstraße in Eimsbüttel gelegen. Holzdielen, Einbauküche, schönster Jugendstil. Kosten: 986 Euro kalt, also knapp 15 Euro pro Quadratmeter, längst ein gängiger Preis in der begehrten Wohnlage. Eine Zeile aber bleibt bei diesem aktuellen Angebot eines Wohnungsportals leer. Die Maklercourtage. Bis vor Kurzem hätte der Mieter hier wohl noch rund 2300 Euro zahlen müssen. Doch die Zeiten sind vorbei.

Ab dem 1. Juni gilt das von der Bundesregierung beschlossene Bestellerprinzip. Das Gesetz kippt die seit Jahren gängige Praxis, dass der Mieter den Makler zahlt, der vom Vermieter in Auftrag gegeben wurde.

Mieterverein fordert rasche Umsetzung der Mietpreisbremse

Zwei Immobilienmakler hatten noch versucht, mit einem Eilantrag gegen das Inkrafttreten des Bestellerprinzips vorzugehen, sind jedoch am Mittwoch beim Bundesverfassungsgericht gescheitert. Die beiden hätten nicht ausreichend dargelegt, dass sie oder der gesamte Berufsstand durch das Gesetz wirtschaftlich bedroht seien, hieß es in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss der Karlsruher Richter.

Die Initiative zu der Gesetzesänderung stammt aus Hamburg. Die Grünen hatten einen entsprechenden Antrag in die Bürgerschaft eingebracht, der Senat hatte 2013 zusammen mit Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg eine Bundesratsinitiative gestartet.

„Der 1. Juni ist ein guter Tag für die Mieterinnen und Mieter in Deutschland", so Anjes Tjarks, Fraktionsvorsitzender der Grünen-Bürgerschaftsfraktion. "Wir hoffen, dass die konkrete Ausgestaltung rechtlich wasserdicht ist, denn sicher werden einige Maklerinnen und Makler versuchen, Schlupflöcher zu finden, oder dagegen zu klagen. Wenn Maklerinnen oder Makler versuchen, die Kosten auf die Wohnungssuchenden abzuwälzen, ist das ab sofort rechtswidrig. Die Maklerinnen und Makler müssten das Geld gegen die Mieterinnen und Mieter einklagen, was allerdings chancenlos sein sollte."

Auf dem 66. Deutschen Mietertag, der am Mittwoch in Hamburg stattfand, wurde das Bestellerprinzip erneut vorgestellt. Thematisiert wurde auch die sogenannte Mietpreisbremse - deren Einführung Hamburg aber zunächst auf unbestimmte Zeit verschoben hat.

Mieterverbände fürchten Courtage-Forderungen durch die Hintertür

Für die Mehrheit der Bevölkerung ist die Einführung des Bestellerprinzips längst überfällig. Wieso sollte der Mieter auch für eine Dienstleistung aufkommen, die er gar nicht in Auftrag gegeben hat?, so die gängige Meinung. Mit dem Bestellerprinzip soll das Makler-Thema für Mieter nun vom Tisch sein.

Doch noch bevor das Gesetz überhaupt in Kraft getreten ist, fürchten Mieterverbände, dass die Maklergebühr durch die Hintertür eingefordert werden könnte.

Sylvia Sonnemann von „Mieter helfen Mietern“ ist zumindest gespannt auf etwaige „Umgehungsmanöver“ von Maklern und Eigentümern. „Es ist zum Beispiel denkbar, dass Makler bei Wohnungsbesichtigungen Mietinteressenten auffordern, mit ihnen einen Vertrag abzuschließen, der sie mit der Wohnungssuche beauftragt.“ Ebenso sei es denkbar, dass Vermieter eine sogenannte Vertragsausfertigungsgebühr von 200 bis 300 Euro verlangen würden. „Das ist aber immer noch besser als 2000 oder 3000 Euro.“

"Wir werden jede Courtage-Zahlung unter die Lupe nehmen"

Optimistischer äußert sich Siegmund Chychla vom Mieterverein zu Hamburg. „Konservativ berechnet“ geht er davon aus, dass die Einführung des Bestellerprinzips die Hamburger Mieter um rund 30 Millionen Euro im Jahr entlastet. Er glaubt, dass die Neuregelung in den allermeisten Fällen problemlos funktionieren werde. „Alle seriösen Makler werden sich an die Neuregelung halten.“ Dennoch mahnt er Mieter zur Achtsamkeit: „Gerade in den kommenden Wochen halte ich es für möglich, dass einige Maklerverträge vordatiert werden, um die Provision doch noch zu kassieren.“ In solchen Fällen rät er, sich im Zweifel trotzdem erst einmal für den Einzug zu entscheiden. „Drin ist drin.“ Dann solle man sich jedoch unbedingt an den Mieterverein wenden. Wird bei einer Prüfung festgestellt, dass die Courtage zu Unrecht erhoben wurde, muss der Vermieter zurückerstatten. Grundsätzlich gilt: „Wir werden jede Courtage-Zahlung, die nach dem 1.6. von Hamburger Mietern verlangt wird, unter die Lupe nehmen.“

Kümmern sich Eigentümer jetzt selbst um Vermittlung?

Gelassen gibt sich Heinrich Stüven, Vorsitzender des Grundeigentümerverbandes. „Das wird sich alles mit der Zeit regeln.“ Viele Makler hätten den Grundeigentümern in den vergangenen Wochen und Monaten Angebote für eine weitere Zusammenarbeit gemacht. „Dabei geht es meist um Pauschalangebote.“ Dass die Mehrheit der Eigentümer künftig einfach die bisher üblichen Courtagen zahlt, glaubt er nicht. Vermieter, die nur eine oder wenige Wohnungen besitzen, würden sich zukünftig wahrscheinlich selbst um Nachvermietungen kümmern. Seiner Meinung nach ohnehin die beste Entscheidung: „Sich selbst ein Bild von einem potentiellen Mieter zu machen, ist immer noch die sicherste Variante.“

Grundsätzlich sieht er die Neuregelung kritisch. „Sie ist mindestens genau so ungerecht wie die bisherige Regelung“, sagt er. Schließlich seien Makler am Ende für beide - Mieter und Vermieter - tätig. Die gerechteste Lösung wäre seiner Meinung nach, die Courtage zwischen beiden Parteien aufzuteilen.

Makler fürchten Auftragsrückgang

Immobilienmakler rechnen mit Einführung des Bestellerprinzips am 1. Juni mit weniger Aufträgen von Vermietern, aber auch mit einem positiven Effekt auf das Image der Branche. Das ergab eine deutschlandweite Ad-Hoc-Umfrage der unabhängigen Immobilienberatung talocasa unter 300 Immobilienmaklern. Von den Befragten stimmten 84 Prozent der Aussage zu, dass Vermieter künftig seltener Makler mit der Mietersuche beauftragen werden. 59 Prozent glauben, dass ihre Courtage niedriger ausfallen wird, 21 Prozent sehen dadurch ihre Existenz gefährdet. Auch glauben 74 Prozent der Befragten, dass es schwarze Schafe durch das Bestellerprinzip schwerer haben werden.

Kritik an dem jetzt geltenden Bestellerprinzip äußerte auch die Hamburger FDP: „Die Pläne von CDU und SPD werden den Mietern nicht helfen, im Gegenteil – die neue Maklerkostenregelung dürfte am Ende nur die Mieten nach oben treiben. Hamburgs FDP-Fraktion hat mehrfach deutlich gemacht, dass der Wohnungsnot und steigenden Mieten nur mit mehr Wohnungen und nicht mit mehr Vorschriften begegnet werden kann", so der stadtentwicklungspolitische Sprecher Kurt Duwe.