Hamburg. Schüler des Gymnasiums Ohmoor werten Kleinanzeigen im Abendblatt und von Immonet.de aus. Mietpreisbremse für gesamte Stadt gefordert.

Erstmals seit Jahren sind die Wohnungsmieten in Hamburg wieder geringfügig gesunken – auf im Schnitt netto 11,79 Euro pro Quadratmeter. Das sind minus 0,37 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im Umland verteuerte sich der Wohnraum nochmals leicht um 1,4 Prozent, liegt jedoch mit 7,78 Euro pro Quadratmeter weiter unter großstädtischem Niveau. Mit 4433 Euro pro Quadratmeter machten die Eigentumswohnungsangebote im Vergleich zum Vorjahr allerdings einen Preissprung von plus elf Prozent.

Das ist das Ergebnis einer Untersuchung von Oberstufenschülern des Gymnasiums Ohmoor in Niendorf. Sie werteten Wohnungsanzeigen aus dem Hamburger Abendblatt und dem Internetportal Immonet aus. Das Projekt ist schon 1986 gestartet: Dieses Mal analysierten 19 Schülerinnen und Schüler des 11. Jahrgangs am Gymnasium Ohmoor vom Februar bis Anfang März dieses Jahres sämtliche Mietwohnungsangebote in den Wochen­end- und Mittwochsausgaben des Abendblatts aus und bereiteten sie für die statistische Zusammenfassung vor.

„Der größte Teil unserer Daten wurde im März von Immonet.de heruntergeladen“, sagt Carl-Jürgen Bautsch, Leiter des Wahlkurses Geografie. Die Mittelwerte der Untersuchung gründen sich, so Bautsch, auf 4681 Angebote innerhalb Hamburgs und 1858 Anzeigen für die Randkreise; insgesamt seien das 7000 freie Wohnungen. Zudem wurden 1683 aktuelle Angebote von Eigentumswohnungen erfasst. „Die Schüler haben sich während der Untersuchung besonders intensiv mit den Stadtteilen und deren unterschiedlichen sozialen Strukturen befasst und dadurch auch eine stärkere soziale Kompetenz bekommen.“

Der Mieterverein zu Hamburg äußerte sich mit deutlichen Worten zu der jüngsten Schüler-Untersuchung. Die mit durchschnittlich 11,79 Euro sehr hohen Mieten machten einen Wohnungswechsel selbst für gut verdienende Hamburger schwierig, sagte Eckard Pahlke, Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg. So müsse eine vierköpfige Familie für eine 100 Qua­dratmeter große Wohnung rund 1500 Euro brutto monatlich zahlen. „Wer verfügt denn über ein Einkommen von mindestens 4500 Euro, um das aufzubringen?“, fragt Eckard Pahlke. Der Chef des Mietervereins weiter: „Wer das zahlen kann, geht bei den derzeit niedrigen Zinsen ins Eigentum.“

Ein weiterer Grund für gesunkene Nachfrage und stagnierende Preise seien das vom Bundestag beschlossene, aber noch nicht umgesetzte „Bestellerprinzip“ bei der Maklerprovision und die Umsetzung der Mietpreisbremse. So komme es bei den Wohnungssuchenden zu einer vorübergehenden Zurückhaltung, so der Mieterverein. Tritt das Bestellerprinzip so in Kraft wie im Gesetzentwurf vorgesehen, muss derjenige den Immobilienmakler zahlen, der ihn beauftragt hat. Für einen Mieter würde das in Zukunft bedeuten: Nur wenn er den Makler explizit aufgefordert hat, für ihn eine Wohnung zu suchen, und er mietet diese Wohnung auch, zahlt er Provision. Umgekehrt gilt: Beauftragt der Vermieter den Makler, zahlt der Mieter keine Provision, sondern der Wohnungseigentümer. Das Bestellerprinzip soll ausschließlich für Vermietungen gelten.

Auf St. Pauli sanken die Mieten deutlich, in der Schanze stiegen sie

Der Mieterverein fordert den Hamburger Senat auf, die Mietpreisbremse umgehend für die gesamte Stadt einzuführen. „Die Differenz zwischen der durchschnittlichen Mietenspiegelmiete (7,56 Euro) und Neuvermietungsmiete (11,79 Euro) von 56 Prozent macht deutlich, wie dringend die Mietpreisbremse umgesetzt werden muss“, so Pahlke. „Zugleich muss alles unternommen werden, damit die Neubauzahlen auf 8000 Einheiten steigen.“

„Nach Jahren der Mietpreissteigerungen oberhalb der Inflationsrate tendiert die Inflation bei den Hamburger Mieten im Frühjahr 2015 gegen Null“, fasst Oberstudienrat Bautsch die Analyse der Schüler zusammen. Das Bild sei uneinheitlich: Sowohl bei teuren Quartieren wie Ottensen, Winterhude und Uhlenhorst als auch in preiswerteren Lagen wie Ro­thenburgsort, Wilhelmsburg und Jenfeld sanken die Preise.

Folgende Entwicklungen haben die Niendorfer Schüler im Detail ermittelt: Im Stadtteil St. Pauli etwa sank die Miete von durchschnittlich 15,07 Euro pro Quadratmeter im vergangenen Jahr auf 13,62 Euro im Vergleichszeitraum dieses Jahres, in Eppendorf von 14,27 Euro auf 14,10 Euro pro Quadratmeter.

Andererseits registrierten die Gymnasiasten auch deutliche Steigerungen von plus zehn Prozent und mehr, etwa in Hammerbrook/Borgfelde, Hohenfelde und auf der Sternschanze. Das Mietpreisgefälle Richtung Stadtrand habe sich verfestigt. Die innenstadtnahen Stadtteile mit der 100 Jahre alten Bausubstanz zeigten Mietforderungen, die über dem Mittelwert lägen. Und: „Unter den 4681 Mietwohnungsangeboten auf dem freien Markt lagen mit 1232 Wohnungen nur noch etwa ein Viertel unter der Schwelle von zehn Euro pro Quadratmeter.“