Hamburg. Der Bürgermeister beschreibt kurz nach seiner Wahl das Verhältnis zum Koalitionspartner und nennt die Herausforderungen der Zukunft.
Kurz nach seiner Wiederwahl in der Bürgerschaft stellte sich der Erste Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) dem Abendblatt zum Interview. In dem Gespräch ging es um das Verhältnis zu den Grünen, die Zukunft der Stadt und die Frauenquote im Senat.
Hamburger Abendblatt: Herzlichen Glückwunsch zur Wahl! Wie fühlt es sich an, nicht mehr allein zu regieren?
Olaf Scholz: Es fühlt sich gut an. Wir haben viele Wochen gut verhandelt und einen sehr sorgfältig miteinander besprochenen Koalitionsvertrag entwickelt. Der ist eine solide Grundlage für die nächsten fünf Jahre. Man kann sicher sein, dass Hamburg auch in Zukunft gut regiert wird.
Was ist die zentrale Botschaft von Rot-Grün?
Scholz: Hamburg ist eine sehr optimistische, der Zukunft zugewandte Stadt. Das zeigt sich in allem – etwa der Wirtschaftskraft oder der wachsenden Bevölkerung. Wir wollen gemeinsam diese optimistische Grundeinstellung aufgreifen und dafür sorgen, dass sich Hamburg gut fortentwickeln kann. Das hat viele Konsequenzen. Ein großes Projekt, das diesen optimistischen Geist atmet, ist sicherlich die Olympia-Bewerbung. Wenn alles gut geht, werden wir an einer zentralen Stelle in der Stadt, auf dem Kleinen Grasbrook, einen neuen Stadtteil bauen.
Das war alles schon vorher SPD-Politik. Was ist die spezifisch rot-grüne Botschaft?
Rot-Grüner Koalitionsvertrag unterschrieben
Scholz: Ich halte es für richtig, Regierungsbildung nicht zu verwechseln mit Verträgen zwischen Unternehmen oder Vereinbarungen, die man auf dem Fischmarkt schließt. Nichts gegen den Fischmarkt. Aber da kommt man zueinander, weil der eine etwas gibt und der andere etwas nimmt. Bei demokratischer Politik ist die Herausforderung, dass das, worauf man sich zu zweit verständigt, zugleich eine Mehrheit bei den Bürgern findet. Das ist eine Integrationsleistung, und nur die kann die Stabilität einer Regierung garantieren. Wir haben auch vereinbart, was den Grünen etwas bedeutet. Wir sorgen mit der Verbesserung von Klima und Umwelt dafür, dass das Wachstum überhaupt stattfinden kann und dass das Leben besser wird.
Welche größten Herausforderungen für diesen Senat sehen Sie?
Scholz: Wir müssen den wachsenden Verkehr bewältigen – der ja auch Folge der steigenden Bevölkerungszahl und der wachsenden Wirtschaftskraft ist. Und es geht um die Herausforderungen im Bereich der Bildung, die sich ergeben. Da sind wir auf einem guten Pfad, den wir weitergehen wollen.
Wo sehen Sie die Risiken der Zusammenarbeit mit den Grünen?
Scholz: Ich sehe keine Risiken. Ich habe in den Verhandlungen Vertrauen zu meinem Koalitionspartner gewonnen, und ich gehe davon aus, dass dieses Vertrauen berechtigt ist.
Sie haben als einziges Senatsmitglied der SPD schon einmal mit den Grünen zusammen regiert. Was ist heute anders als 2001?
Scholz: Ich war als Innensenator ja nur kurz, aber intensiv in der damaligen Regierung. Aber das hat mich nicht gehindert, die von mir für richtig gehaltene Kurskorrektur in der inneren Sicherheit auch innerhalb der Regierung zustande zu bringen. 2001 ist schon eine Weile zurück, und wenn sich die Parteien und die handelnden Personen nicht geändert hätten in dieser Zeit, dann wäre das keine gute Botschaft. Ich hoffe also, dass sich alle weiterentwickelt haben. Heute ist es so, dass der SPD eine hohe Kompetenz in der inneren Sicherheit, aber auch in der Wirtschaft oder dem Wohnungsbau attestiert wird. Diese Kompetenzwerte sollen auch in fünf Jahren mit dem von mir geführten Senat verbunden sein. Es wäre ein guter Zugewinn, wenn auch die Kompetenzwerte im Bereich Umwelt in fünf Jahren hoch wären.
Die Kompetenzwerte in Sachen Frauenquote sind dagegen nicht optimal. Ist es nur ein Schönheitsfehler, dass es nicht gelungen ist, den Senat zu 50 Prozent mit Frauen zu besetzen?
Scholz: Das ist nicht gut. Das hätte ich mir anders gewünscht. Aber ein besseres Ergebnis hätte es nur geben können, wenn von allen als erfolgreich eingeschätzte Senatoren ihre Arbeit eingestellt hätten. Und das wäre nicht richtig gewesen. Deshalb setzen wir auf die Strecke. Es ist denkbar, dass sich im Laufe der Zeit Gelegenheiten ergeben, dafür zu sorgen, dass das Zahlenverhältnis besser wird.
Das klingt so, als wenn Sie schon mit dem Ausscheiden von Senatoren rechnen.
Scholz: Nein. Gut, dass Sie nachfragen.
Aber Sie hatten schon auf dem Parteitag angekündigt, diesen Malus bei nächster Gelegenheit zu reparieren. Wie soll das gehen, ohne dass ein Senator geht?
Scholz: Wir haben einen Senat gebildet, der jetzt seine Arbeit machen wird. Und die Perspektive der Senatoren ist nicht auf kurze Zeit bemessen. Trotzdem kann es Veränderungen geben.
Garantieren Sie den Wählern, bis 2020 im Amt zu bleiben?
Scholz: Das habe ich immer klar gesagt. Ich könnte mir sogar vorstellen, 2020 noch einmal zu kandidieren. Das Rentenalter hätte ich dann noch nicht erreicht.