Hamburg. Der 54-Jährige soll Geschäftsführer der Hamburger Bewerbergesellschaft werden. Schwank bringt viel Erfahrung auf dem Gebiet mit.

Wenn Olaf Scholz vor und nach der Bürgerschaftswahl gefragt wurde, ob er nach seinem großen Sieg nicht Ambitionen habe auf ein höheres politisches Amt in Berlin, war seine Standardantwort: „Ich möchte 2024 als Bürgermeister die Olympischen Spiele in Hamburg eröffnen.“ Das ist für einen Mann, dem Verlässlichkeit und Realitätssinn hohe Tugenden sind, eine erstaunliche Aussage. Aber einiges spricht dafür, dass der Bürgermeister gar nicht weiß, dass laut Charta des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) nur Staatsoberhäupter befugt sind, Olympia mit einem traditionellen Eröffnungssatz in Gang zu bringen.

Dieser Trugschluss könnte auf eine weit verbreitete Einschätzung hinweisen, dass sich Hamburg beim IOC um die Olympischen Spiele bewerben wird. Tatsächlich ist Deutschland mit Hamburg der Bewerber, oder genauer der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) mit der Hansestadt. Aus dieser Konstellation ergeben sich die Verantwortlichkeiten: Die Bundesregierung tritt gegenüber dem IOC als oberster Garant auf. Der DOSB ist bis zur Vergabe der Spiele 2017 in Lima Partner des IOC und damit Herr des Verfahrens – und Hamburg die ausführende Partei.

Falls die Hansestadt die Spiele dann tatsächlich bekäme, würde für Olaf Scholz im Olympiastadion 2024 zumindest ein Platz ganz vorn auf der Ehrentribüne reserviert sein, ganz in der Nähe des Bundes- und des IOC-Präsidenten. Immerhin: Scholz könnte von Tokios Bürgermeister die traditionsreiche Olympiafahne überreicht bekommen. Sie wandert als Symbol von einer Olympiastadt zur nächsten.

Nun liegt die Verantwortung erst einmal ganz beim DOSB, dessen Präsident Alfons Hörmann durch die klug und energisch gemanagte Vergabe weiter stark an Profil gewonnen hat. Der Verband hat die Hoheit über Termine und Verfahren. Er wird nun rasch auch wesentlich über die Zusammensetzung eines Bewerbungskomitees entscheiden. Ausdruck findet das in der Mehrheit von mindestens 51 Prozent in der vom DOSB zu bildenden Bewerbergesellschaft, mit den Partnern Hamburg, der Bundesregierung und einer noch auszuwählenden Stadt für das olympische Segeln als Mitgesellschafter. Entscheidungen könnten bereits am 24. März bei einer ersten Arbeitssitzung des DOSB in Hamburg fallen.

Ob in diesem Gremium oder in seiner Position von außerhalb – Bernhard Schwank wird als hauptamtlicher DOSB-Vorstand für „Internationales/Olympiabewerbung“ eine wesentliche Rolle in der Kampagne spielen. Er soll Geschäftsführer der Hamburger Bewerbergesellschaft werden.

Der 54-Jährige war in den vergangenen 15 Jahren wie kein Zweiter in Deutschland mit Olympiabewerbungen befasst. Als Referatsleiter im hessischen Innenministerium für Grundsatzfragen des Sports half er mit bei Frankfurts Bemühen, deutscher Kandidat für die Spiele 2012 zu werden. Als Generalsekretär des Nationalen Olympischen Komitees (von 2003 bis 2006), das dann in den DOSB einging, musste er Leipzigs verunglückten Anlauf für die Spiele 2012 mitbegleiten. Von 2011 bis 2013 führte Schwank als Geschäftsführer die Münchner Kandidatur für die Winterspiele 2018 mit an.

Was national zu tun ist und wie beschwerlich es ist, im Dickicht internationaler Verflechtungen und Interessen einen erfolgreichen Weg zu finden, das hat Schwank „schmerzlich miterlebt“. Er meint damit besonders die Erfahrung, dem IOC beim Anlauf auf die Winterspiele 2018 schon einmal eine hervorragende Bewerbung angeboten zu haben, und dann so überaus deutlich vom südkoreanischen Pyeongchang besiegt worden zu sein. Mindestens ebenso bedrückend war für Schwank das Scheitern der ebenfalls von ihm mit vorbereiteten Münchner Bewerbung für die Winterspiele 2022, die durch ein Bürgervotum abgewiesen wurde. Aktiv sind vor und bei der Wahl nur die Olympiagegner gewesen. „Was hinter mir liegt, hat mich sehr geprägt“, sagt Schwank. Ein zweites Scheitern über ein Bürgervotum in Hamburg hätte verheerende Folgen für den Sport.

Als Chefprüfer von Hamburg und Berlin hat er der Hansestadt beste Noten gegeben. Das Projekt überzeuge durch „sinnvolle Stadtentwicklung und Kompaktheit“, es habe „den Charme der Spiele am Wasser“. Schwank spricht von einem „neuen, interessanten Zugang zu Olympischen Spielen“. Kompatibel zu den neuen Anforderungen des IOC sei die Bewerbung allemal, zumal die Agenda 2020 von IOC-Präsident Thomas Bach „einem Bewerber viele Spielräume eröffnet. Es geht nicht so sehr darum, etwas passend zu machen, um dem IOC zu gefallen, sondern darum, die spezifischen Voraussetzungen einer Stadt einzubringen“.

Für Schwank hat mit der Nominierung Hamburgs ein Wettrennen gegen die Zeit begonnen. „Die bisherigen Konzeptstudien sind noch kein Konzept“, sagt er. Innerhalb von acht Monaten müsse ein Angebot an das IOC erarbeitet werden, „das in allen Facetten hochwertig ist, von der Idee und der Konzeption über die Nachhaltigkeit bis hin zur Finanzierung“ – und das von der Bevölkerung angenommen werde. Dabei spielt der 15. September eine besondere Rolle. Zum Bewerbungsschluss wird das IOC im Sinne einer bisher vermissten Transparenz einen völlig veränderten, viel kompakteren Ausrichtervertrag veröffentlichen, dessen Vorgänger Kritiker als „Knebelvertrag“ bewertet haben. Dazu wird das IOC auch die Garantiesumme bekanntgeben, mit der es die Olympiastadt bezuschussen wird. Sie dürfte nahe bei zwei Milliarden Dollar liegen.

Nach vier vergeblichen Olympia-Anläufen freut sich Bernhard Schwank auf die spannende Mitarbeit in Hamburg. „Es ist ein Riesenprojekt, eine Herausforderung, ein Arbeiten auf einem bekannten Terrain mit einem sicherlich starken Team, das Überwinden vieler hoher Hürden.“ Dabei geht es auch um seinen Job. Sollte Hamburg schon die Hürde der Bürgerbefragung nicht überspringen, wäre Schwank in seiner Funktion arbeitslos.