Hamburg. Jubel in der O2-Arena über die Entscheidung für Hamburg. Alexander Otto: „Wir müssen unser gutes Konzept noch besser machen.“

Ein lang anhaltender Jubelschrei hallt durch die O2-Arena in Stellingen. Als der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Alfons Hörmann, gestern kurz nach 19 Uhr das Wort „Hamburg“ ausspricht, kennt die Freude der rund 260 Gäste des Olympia-Empfangs kein Halten mehr. Das DOSB-Präsidium hat entschieden: Deutschland wird sich mit Hamburg für die Olympischen Sommerspiele 2024 oder 2028 bewerben.

„Jetzt kann ich mir vorstellen, wie Sportler sich nach dem Gewinn einer olympischen Goldmedaille fühlen“, erzählt die Chefin des Olympiastützpunkts Hamburg/Schleswig-Holstein, Ingrid Unkelbach, überglücklich. „Es war einfach überwältigend, als endlich klar war, dass Hamburg die deutsche Bewerberstadt für Olympia ist. Da musste ich einfach losschreien.“

Auch Innensenator Michael Neumann fällt es nach der Verkündung zunehmend schwerer, seine staatsmännische Zurückhaltung aufrechtzuerhalten. Im Moment des Erfolges reagiert er noch sehr verhalten, während seine Nachbarn die Arme hochreißen und jubeln. Erst als im Gedränge immer mehr Menschen ihm die Hand drücken oder anerkennend auf den Oberarm buffen, entspannt sich sein Gesicht.

Das Schwierigste bei der Präsentation der Hamburger Bewerbung vor dem DOSB und den Chefs der Sportverbände am Sonntag in Frankfurt/Main sei gewesen, „alles in 15 Minuten zu packen und dazu noch Begeisterung zu versprühen“, erzählt er. Vom Inhalt der Hamburger Bewerbung her „hätte ich vier Stunden reden können“.

Hamburgs Olympiabotschafter Alexander Otto hatte für den Montagabend in die O2 World geladen, um die Verkündung der DOSB-Entscheidung live zu erleben. 260 Gäste aus Sport, Wirtschaft und Politik folgten der Einladung. Tennis-Olympiasieger Michael Stich gehörte genauso dazu wie der Ruderolympiasieger Eric Johannesen.

Bevor um kurz nach 19 Uhr die erlösende Botschaft aus Frankfurt eintraf, hatten die Gäste der Veranstaltung jedoch eine Berg-und-Tal-Fahrt ihrer Gefühle hinter sich. Am Morgen hatte DOSB-Präsident Hörmann im ZDF erklärt, dass die Zustimmung der Bevölkerung eine wichtige Rolle bei der Entscheidung spielen werde.

Hamburg jubelt über Empfehlung für Olympia-Kandidatur

Mit Jubelschreien und rhythmischem Applaus haben Hamburger Olympia-Unterstützer um Sportsenator Michael Neumann (SPD) den Zuspruch für die mögliche Bewerbung um Sommerspiele aufgenommen
Mit Jubelschreien und rhythmischem Applaus haben Hamburger Olympia-Unterstützer um Sportsenator Michael Neumann (SPD) den Zuspruch für die mögliche Bewerbung um Sommerspiele aufgenommen © HA / A.Laible | Andreas Laible
Der Geschäftsführer der Kunsthalle Dr. Stefan Brandt, Innensenator Michael Neumann, Unternehmer Alexander Otto und Olympiastützpunktleiterin Ingrid Unkelbach kamen aus dem Grinsen gar nicht mehr raus
Der Geschäftsführer der Kunsthalle Dr. Stefan Brandt, Innensenator Michael Neumann, Unternehmer Alexander Otto und Olympiastützpunktleiterin Ingrid Unkelbach kamen aus dem Grinsen gar nicht mehr raus © HA / A.Laible | Andreas Laible
Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) bezeichnete die Empfehlung des DOSB-Präsidiums für die Hansestadt als deutscher Bewerber um die Olympischen Spiele 2024 als „sehr, sehr große Ehre“
Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) bezeichnete die Empfehlung des DOSB-Präsidiums für die Hansestadt als deutscher Bewerber um die Olympischen Spiele 2024 als „sehr, sehr große Ehre“ © dpa | Malte Christians
Die Ruderer Tim Ole Naske und Eric Johannesen freuen sich über Hamburg als Bewerberstadt für Olympia 2024
Die Ruderer Tim Ole Naske und Eric Johannesen freuen sich über Hamburg als Bewerberstadt für Olympia 2024 © WITTERS | TimGroothuis
Auch die Hamburger Schwimm-Stars Silke Lippok und Steffen Deibler zeigten sich gut gelaunt
Auch die Hamburger Schwimm-Stars Silke Lippok und Steffen Deibler zeigten sich gut gelaunt © WITTERS | TimGroothuis
HSV-Vorstandsboss Dietmar Beiersdorfer und Ehefrau Olcay sind bereits „Feuer und Flamme“
HSV-Vorstandsboss Dietmar Beiersdorfer und Ehefrau Olcay sind bereits „Feuer und Flamme“ © WITTERS | TimGroothuis
Grenzenloser Jubel in der O2 World über die Entscheidung für Hamburg als Bewerberstadt für die Olympischen Sommerspiele 2024
Grenzenloser Jubel in der O2 World über die Entscheidung für Hamburg als Bewerberstadt für die Olympischen Sommerspiele 2024 © WITTERS | ValeriaWitters
Daumen hoch vom Hamburger ARD-Moderator Gerhard Delling (NDR) und Freezers-Geschäftsführer Uwe Frommhold
Daumen hoch vom Hamburger ARD-Moderator Gerhard Delling (NDR) und Freezers-Geschäftsführer Uwe Frommhold © WITTERS | ValeriaWitters
HSV-e.v.-Präsident Jens Meier, Eventmanager Frank Mackerodt, Freezers-Geschäftsführer Uwe Frommhold und Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider zeigen sich gut gelaunt
HSV-e.v.-Präsident Jens Meier, Eventmanager Frank Mackerodt, Freezers-Geschäftsführer Uwe Frommhold und Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider zeigen sich gut gelaunt © WITTERS | ValeriaWitters
Hamburgs Olympiabotschafter Michael Stich (l. neben Didi Beiersdorfer) machte bei der Verkündung der Entscheidung gar die Becker-Faust
Hamburgs Olympiabotschafter Michael Stich (l. neben Didi Beiersdorfer) machte bei der Verkündung der Entscheidung gar die Becker-Faust © HA / A.Laible | Andreas Laible
Unternehmer Alexander Otto und HSB-Präsident Dr. Jürgen Mantell begrüßten die Empfehlung des DOSB für Hamburg
Unternehmer Alexander Otto und HSB-Präsident Dr. Jürgen Mantell begrüßten die Empfehlung des DOSB für Hamburg © WITTERS | TimGroothuis
Glücklich und zufrieden: Innensenator Michael Neumann, Unternehmer Michael Otto, Unternehmer Alexander Otto, Ex-Tennisspieler Michael Stich, Olympiastützpunktleiterin Ingrid Unkelbach und Kunsthallen-Leiter Stefan Brandt
Glücklich und zufrieden: Innensenator Michael Neumann, Unternehmer Michael Otto, Unternehmer Alexander Otto, Ex-Tennisspieler Michael Stich, Olympiastützpunktleiterin Ingrid Unkelbach und Kunsthallen-Leiter Stefan Brandt © WITTERS | ValeriaWitters
Ex-HSV-Präsident Carl-Edgar Jarchow und Reinhard Wolf, der Vorsitzende für die Stiftung Leistungssport der Handelskammer Hamburg waren begeistert über die DSOB-Empfehlung, Hamburg ins Rennen für Olympia 2024 zu schicken
Ex-HSV-Präsident Carl-Edgar Jarchow und Reinhard Wolf, der Vorsitzende für die Stiftung Leistungssport der Handelskammer Hamburg waren begeistert über die DSOB-Empfehlung, Hamburg ins Rennen für Olympia 2024 zu schicken © WITTERS | TimGroothuis
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) zeigte hingegen eine faire Geste und gratulierte Hamburg
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) zeigte hingegen eine faire Geste und gratulierte Hamburg © dpa | Soeren Stache
1/14

Das klang aus Hamburger Sicht gut. Schließlich hatte die Hansestadt bei der Forsa-Umfrage mit einem Zustimmungswert von 64 Prozent neun Prozentpunkte vor Berlin gelegen. Auch die Tatsache, dass 77 Prozent der Hamburger davon ausgehen, in der Hansestadt werde es bei einem Volksentscheid eine Mehrheit für Olympia geben – in Berlin glauben das für ihre Stadt nur 50 Prozent –, ließ Hamburger Hoffnungen steigen.

Doch dann – es sind noch gut 90 Minuten bis zur Bekanntgabe der Entscheidung – geistert plötzlich das Gerücht durch die Runde, die Sportverbände hätten sich mit 70 zu 30 Prozent für Berlin ausgesprochen. Manchem der Gäste ist in diesem Moment der Schock im blassen Gesicht anzusehen.

Sollten all die Anstrengungen der vergangenen Wochen, die in einer eindrucksvollen Menschenkette um die Binnenalster gipfelte, vergebens gewesen sein? Bei manchem werden in diesem Moment Erinnerungen an den Moment im Jahr 2003 wach, als Hamburg bei der Olympiabewerbung Leipzig unterlag.

Es ist 17.53 Uhr, als der Rundfunk Berlin-Brandenburg einen Erfolg Hamburgs vermeldet. Gierig checken die Anwesenden ihre Smartphones. Fast jeder fragt seinen Gegenüber, ob er es auch schon gehört habe. Doch so richtig will niemand dem Frieden trauen.

Geradezu wohltuend ist in diesem Augenblick die Ablenkung durch Hamburgs Olympiabotschafter Alexander Otto, der die Anwesenden offiziell begrüßt. Er wolle all den Unterstützern aus Wirtschaft, Politik und Medien für ihr Engagement danken, sagte der Unternehmer. „Es liegen intensive Monate hinter uns. Wir sind auf einem ganz tollen Weg.“

Ein wenig beruhigt sich die Stimmung. Der aus Hamburg stammende Ruderolympiasieger Eric Johannesen berichtet von den starken emotionalen Augenblicken in London 2012: „Das waren Gänsehautmomente.“

Genau darum wird es nun gehen. Die Bewerberstadt werde das Internationale Olympische Komitee davon überzeugen müssen, dass sie die beste Atmosphäre für Olympische Spiele erzeugen könne, hatte Mathias Oberndörfer, bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG als Vorstand für den öffentlichen Sektor zuständig, vor einigen Tagen in einem Interview gesagt. Und dabei der Siegerstadt geraten: „Man muss schon jetzt an der Legende arbeiten, die nach Abschluss der Olympischen Spiele für dieses Ereignis stehen soll.“ So etwas wie bei der Fußball-Weltmeisterschaft im Jahr 2006. „Dieses Ereignis haben heute alle als Sommermärchen in Erinnerung.“

Doch noch ist nicht so weit. Quälend langsam schleichen die Minuten, je näher der Verkündungstermin rückt. Dann endlich steht Alfons Hörmann vor den Kameras, lobt, dass beide Städte tolle Bewerbungskonzepte hätten und dass man sich die Entscheidung nicht leicht gemacht habe. Ein Stöhnen geht durch die Reihen der Wartenden. „Nun mach endlich!“, sagt eine Frau mehr zu sich selbst.

Dann endlich sagt Hörmann das erlösende Wort „Hamburg“, das für den befreienden Jubel sorgt. „Es war ein unglaublicher Moment“, berichtet Alexander Otto später, um dann sogleich ernst zu werden. Jetzt gehe es darum, das Hamburger Konzept zu verfeinern. „Wir müssen unser gutes Konzept noch besser machen.“ Der Startschuss für eine lange Reise ist erfolgt.