In Hamburg soll die Zahl der Bike+ride-Flächen an U- und S-Bahn-Stationen bis 2025 auf insgesamt 28.000 erhöht werden. Für die CDU geht das nicht schnell genug. Kritik kommt auch vom Deutschen Fahrradclub.
Hamburg. Künftig wird es in Hamburg mehr Stellplätze für Fahrräder an U- und S-Bahnstationen geben. Die Stadt wird 12.000 zusätzliche sogenannte Bike+ride-Plätze einrichten. Allerdings wird dies nur stufenweise über einen langen Zeitraum von zehn Jahren passieren – also 1200 Plätze pro Jahr. Im Jahr 2025 soll es dann insgesamt 28.000 Stellplätze geben. Der Hamburger Süden steht bei diesem Ausbau – ähnlich wie beim Ausbau des Leihfahrradsystems – ganz hinten an. Während in diesem und im kommenden Jahr allein 28 Haltestellen nördlich der Elbe zusätzliche Stellplätze erhalten, kommt auf der anderen Elbseite – in Wilhelmsburg – nur eine Station hinzu.
„Fahrrad und öffentlicher Nahverkehr ergänzen sich wunderbar. Zusammen bieten sie hervorragende Potenziale für eine Vernetzung und für eine zukunftsfähige Mobilität in Hamburg“, sagte Verkehrssenator Frank Horch (parteilos) bei der Vorstellung des Konzepts. Fahrradabstellanlagen in ausreichender Zahl seien dabei eine Grundvoraussetzung, um noch mehr Verkehrsteilnehmer zum Umstieg auf Busse und Bahnen zu motivieren. Mit dem Bike+ ride-Entwicklungskonzept werde der Radverkehr und der öffentliche Nahverkehr gefördert.
Knapp 31 Millionen Euro wird der Ausbau kosten. Die Betriebskosten liegen bei etwa 110.000 Euro pro Jahr. Die Hälfte aller Plätze wird überdacht sein. 20 Prozent werden für jeweils acht Euro pro Monat in abschließbaren Boxen vermietet. Künftig wird allein die städtische Park+ride-Betriebsgesellschaft für Bau und Betrieb der Anlagen zuständig sein. Bislang seien bis zu sieben Institutionen dafür zuständig gewesen, sagte Senator Horch.
Beim Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) kommt das Konzept grundsätzlich gut an. „Wir begrüßen es natürlich, dass die Stadt das Problem des Fahrradparkens erkannt hat und es konzeptionell zu lösen versucht“, sagte ADFC-Vize Dirk Lau. „Würde das Konzept tatsächlich so umgesetzt werden, was bei Verkehrsprogrammen des Senats auch nicht immer der Fall ist, wie etwa bei den Velorouten, dann wäre damit eine Grundversorgung an Radabstellplätzen für eine Großstadt wie Hamburg geschaffen.“ Lau zweifelt aber daran, dass auf die veränderten Bedürfnisse der Radfahrer genügend eingegangen wird. So seien Lastenfahrräder und Elektro-Fahrräder im Konzept nicht berücksichtigt worden. Die Oppositionsfraktionen reagierten durchweg mit viel Kritik. Für die Grünen ist Horchs Konzept weder innovativ noch werde es den tatsächlichen Bedürfnissen gerecht. „Reine Effekthascherei ist zudem der Zeitpunkt: Drei Wochen vor der Wahl präsentiert der Senat ein mittelmäßiges Fahrradpark-Konzept, das sich bei genauerem Hinsehen als unausgereift entpuppt“, sagt der Grünen-Verkehrspolitiker Till Steffen.
Dächer gebe es nur für die Hälfte der Plätze. Hinzu komme, dass aus Steffens Sicht die Stadt sofort viele Fahrradparkplätze brauche – und nicht verteilt auf die kommenden zehn Jahre. „Der Senat bleibt sich in der Radverkehrspolitik treu: Er macht große Versprechen, die wenig bringen und sich langfristig in Luft auflösen. Wir wollen Hamburg zur Fahrradstadt machen: Mit Lademöglichkeiten für Elektroräder, mit überdachten Stellplätzen und Plänen, die schnell und realistisch umsetzbar sind, und mit anderen Maßnahmen für eine echte Förderung des Radverkehrs.“
Klaus-Peter Hesse, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion sparte ebenfalls nicht mit Kritik. Seit Monaten warte die Stadt auf das Bike+ride-Entwicklungskonzept. Doch der Senat habe es versäumt, es rechtzeitig fertigzustellen und so die Chance vertan, es mit dem Park+ride-Entwicklungskonzept gesamtheitlich abzustimmen. „Weshalb so viel Zeit ins Land gehen musste, ist für uns nicht nachvollziehbar, denn wirkliche innovative Ansätze lassen sich nicht erkennen. Dass die Förderung des Fahrradverkehrs beim SPD-Senat nicht in guten Händen ist, hat zuletzt schon die gescheiterte Fahrradstraßenplanung am Harvestehuder Weg gezeigt.“ Er sieht sich in seiner Überzeugung bestätigt, dass die SPD die Radverkehrspolitik erst kurz vor der Wahl als Thema entdeckt habe. „Die hektische Planung unsinniger Fahrradstraßen und jetzt ein Bike+ride-Entwicklungskonzept ohne erkennbare Strategie sind die Folge. Nachhaltige Radverkehrsförderung sieht anders aus.“
„Die Misserfolge seiner verkorksten Verkehrspolitik treiben Senator Horch jetzt offenbar zu Verzweiflungstaten“, sagt Wieland Schinnenburg (FDP). Vier Jahre habe in Sachen Bike+ride-Konzept Stillstand in seiner Behörde geherrscht. „Jetzt, gut zwei Wochen vor der Bürgerschaftswahl, legt der Verkehrssenator Versprechungen für die nächsten zehn Jahre vor.“ Zudem sei „diese Ankündigungspolitik“ nicht finanziell untermauert: Dem Investitionsbedarf von gut drei Millionen Euro im Jahr stünden lediglich Einnahmen in Höhe von rund 330.000 Euro aus der Vermietung von Mietplätzen gegenüber.
Heike Sudmann (Linke) spottet: „Schön, dass sich vor der Wahl wieder einmal des Themas Bike+Ride angenommen wird und weitreichende Pläne gemacht werden. Das hatte sich die Bürgerschaft bereits 2013 gewünscht. Ob es wirklich umgesetzt wird und wenn ja, ob die geplanten knapp 30.000 Plätze reichen werden, da bin ich skeptisch.“ Da viele neue Bike+ride-Plätze auf derzeit anderweitig genutzten Flächen zu schaffen seien, werde es zudem zu Konflikten kommen.