Heute haben fast 50 Prozent der Hamburger Haushalte kein eigenes Autos mehr, während das Fahrrad für viele längst zum urbanen Fortbewegungsmittel der ersten Wahl geworden ist.

Es gab Zeiten, da verwies Hamburg gern auf sein Radwegenetz, das mit 1500 Kilometern Länge so groß ist wie sonst keines im Land. Vorbei, heute schweigt man lieber, denn viele dieser Wege sind kaum noch ohne Gefahr zu befahren. Von gemütlichen Ausflügen einmal abgesehen. Aber das Rad im Stadtverkehr hat längst einen anderen Stellenwert bekommen als zu jenen Zeiten, als die Stadtplaner die schmalen Wege anlegten, um Radler möglichst von den Fahrbahnen der autogerechten Stadt zu verbannen.

Heute haben fast 50 Prozent der Hamburger Haushalte kein eigenes Autos mehr, während das Fahrrad für viele längst zum urbanen Fortbewegungsmittel der ersten Wahl geworden ist. Das erklärt auch den Sinneswandel in der heutigen Senatspolitik. Geradezu mit Verve verkünden Behörden immer neue Maßnahmen wie Fahrradstraßen, Radfahrstreifen und eben jetzt eine generelle Überprüfung aller Radwege. Nicht weil sie Vorreiter dieser Bewegung sind, sondern weil sie ihr folgen.

Ein solcher Wegetest ist aber tatsächlich mehr als überfällig. Das zeigt auch der ständige Streit zwischen Behörden und Radlobbyisten um die Benutzungspflicht für Radwege an größeren Straßen. Oft genug muss die Stadt von Gerichten darauf verwiesen werden, dass die Wege an vielen Stellen der Stadt nicht den Richtlinien entsprechen und die Radler stattdessen die Fahrbahn nutzen dürfen.

Ob das der Weg für die Zukunft des Radverkehrs ist? Klar, man wird als Radfahrer von Autolenkern nicht so leicht übersehen. Doch es gehört auch ein gewisser Grad an Fitness dazu, im Strom des Verkehrs sicher mitschwimmen zu können. Breite, neue, klar gegliederte Radwege wären die bessere Alternative. Doch man darf sich nichts vormachen. Hamburg ist fertig gebaut, der Platz eng. Radfahrstreifen auf Fahrbahnen sind daher der beste Kompromiss, weil sie wenigstens optisch die unterschiedlich starken Verkehrsteilnehmer trennen. So der so: Autofahrer werden sich daran gewöhnen müssen, dass sie sich künftig häufiger die Fahrbahn mit Radlern teilen müssen. Ihnen bleibt aber ein Trost: Je mehr vom Auto aufs Rad steigen, desto mehr Platz gibt es wieder auf der Straße.