Zehn ehemalige Gartenschau-Mitarbeiter haben beim Arbeitsgericht Hamburg Klage gegen die igs eingereicht. In zwei Fällen verurteilte das Arbeitsgericht die igs bereits zu Zahlungen.
Wilhelmsburg. 171 Tage dauerte die Internationale Gartenschau (igs) Hamburg, und am Ende stand fest: Von April bis Oktober 2013 kamen lediglich rund 1,05 Millionen zahlende Besucher auf das Gelände in Wilhelmsburg. Eigentlich hatte die Stadt, deren 100-prozentige Tochter die igs ist, mit 2,5 Millionen Gästen gerechnet. Das blieb nicht ohne Konsequenzen: Die igs machte einen Verlust von 37 Millionen Euro. Doch jetzt hat das Naturprojekt ein juristisches Nachspiel, das die Stadt finanziell weiter belasten könnte. Zehn ehemalige Gartenschau-Mitarbeiter haben beim Arbeitsgericht Hamburg Klage gegen die igs eingereicht. Das bestätigte igs-Prokurist Claus Kriegs auf Abendblatt-Anfrage. Alles in allem könnten Zahlungen im hohen fünfstelligen Bereich auf die städtische Gesellschaft zukommen.
Der Grund: „Es geht um das Zustandekommen und Bestehen von Zielvereinbarungen“, so igs-Prokurist Kriegs. Zwei Urteile wurden bereits gesprochen, in beiden Fällen wurde die igs zu Zahlungen an die Kläger verurteilt. In einem der Urteile, das dem Abendblatt vorliegt, bekam die Klägerin 7149,71 Euro plus Zinsen zugesprochen. Die Frau, die als Assistentin der Geschäftsführung arbeitete, wird wie drei weitere ehemalige igs-Mitarbeiter von dem Hamburger Rechtsanwalt Heiko Hecht vertreten: „Die Stadt hat ihre Vertragspflicht verletzt, weil sie für 2013 keine Zielvereinbarungen mit ihren Mitarbeitern geschlossen hat und deshalb besteht ein Schadensersatzanspruch, den das Gericht auch anerkannt hat“, so der Jurist.
Auch für seine weiteren drei Mandanten sieht der Fachanwalt für Arbeitsrecht gute Chancen: „Es ist vertraglich festgehalten, dass eine Zielvereinbarung getroffen werden muss und die Arbeitnehmer dafür eine Gratifikation in Höhe von bis zu 20 Prozent ihres Bruttogehalts für das jeweilige Jahr erhalten. Das ist auch dem Gericht bekannt.“ Die Geschäftsführung habe, obwohl die Mitarbeiter mehrfach darum gebeten hatten, keine Gespräche über Zielvereinbarungen geführt, so Hecht.
Die igs hält sich bedeckt: „Es handelt sich um laufende Verfahren“, sagte Prokurist Kriegs. Bestätigt wird lediglich, dass es zwei Urteile gab und die igs gegen diese in Berufung gegangen ist. In einem weiteren Fall wurde ein Vergleich geschlossen.
Senatorin über Klagen informiert
Rechtsanwalt Hecht übt scharfe Kritik: „Es ist skandalös, das desaströse Ergebnis der igs auf die Mitarbeiter abzuwälzen“ In der dem Abendblatt vorliegenden Urteilsbegründung heißt es: „Die Beklagte meint, dass aufgrund der fehlenden Zielvereinbarung die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung einer Gratifikation habe. (...) Angesichts der eindeutigen Hinweise der Geschäftsführung hinsichtlich des Ziels eines ausgeglichenen Haushalts für 2013 wäre auch in etwaigen Zielvereinbarungen dieses Ziel als Voraussetzung zur Auszahlung jeglicher variablen Vergütung aufgenommen worden.“ Das sieht das Gericht anders: „Das Gesamtergebnis der igs kann zwar als Teilaspekt in eine Leistungsvereinbarung einfließen, es darf aber nicht alleiniges Leistungsziel sein ohne jegliche individuelle Komponente“, heißt es in der Urteilsbegründung.
Aufsichtsratsvorsitzende der igs ist Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau (SPD). Die Senatorin ist über die Klagen informiert, wollte diese aber auf Abendblatt-Anfrage mit Hinweis auf das laufende Verfahren nicht bewerten. Immerhin: Die Senatorin sorgte dafür, dass igs-Chef Heiner Baumgarten für 2013 keinen Bonus erhielt.