Der Bezirk Altona ergriff ungewöhnliche Maßnahmen, um die Drogenszene aus dem beliebten Park am Schulterblatt zu vertreiben. Was hat das 60.000-Euro-Programm gebracht? Eine Bilanz.
Sternschanze. Es sind kaum 50 Meter zu der anderen Welt, zum normalen Leben. Auf Holzbänken sitzen junge Menschen bei Galáo und Tapas am Schulterblatt, Paare schieben Kinderwagen durch die Herbstsonne - in direkter Nachbarschaft zu einer der berüchtigsten Grünflächen der Stadt. Seit Februar 2013 versucht die Hamburger Politik, den ausufernden Drogenhandel im Florapark mit ungewöhnlichen Mitteln einzudämmen. Teil des 60.000 Euro Maßnahmenpakets war schließlich sogar ein Kinderzirkus. Doch der zunächst positive Effekt scheint bereits verpufft zu sein.
In den vergangenen Monaten eroberten sich die Kriminellen den Park zurück. „Es ist erneut eine Zunahme des Drogenhandels zu verzeichnen“, teilte das Bezirksamt Altona auf Anfrage mit. Die Polizei habe „zahlreiche Festnahmen“ durchgeführt. Nach wie vor verkaufen junge Männer Marihuana und Amphetamine im Florapark.
In der Politik hält Ernüchterung Einzug. „Es ist bislang leider nicht gelungen, den Anwohnern diesen Park als freundlichen Raum zurückzugeben“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion in der Bezirksversammlung, Sven Hielscher. „Die Dealer waren nie wirklich weg, sie sind nur für einige Zeit in den Schanzenpark ausgewichen“.
Zirkus gegen Drogenhandel
Ein breites Bündnis hatte zuvor öffentlich den „Kampf um den Florapark“ ausgerufen. Nach Überfällen auf Passanten und „Abziehdelikten“ initiierte der Bezirk im Sommer 2013 einen Runden Tisch aus Anwohnern, Politik und Polizei. Die Bezirksversammlung bewilligte je 30.000 Euro aus Stadtentwicklungs- und Sicherheitsmitteln. Daraus wurden unter anderem eine hellere Beleuchtung des Parks und Handzettel mit „Hinweisen zu einem stadtteilverträglichen Verhalten der Besucher“ bezahlt.
Der Bezirk engagierte außerdem die Theatergruppe „Sehnsucht“ und den Osdorfer Mitmachzirkus „Abraxkadabrax“. Durch regelmäßige Veranstaltungen sollten die Dealer sanft vertrieben werden. „Damit verbessert sich die Sicherheitslage deutlich“, heißt es im entsprechenden Beschlussantrag der Bezirksversammlung. Aus dem Fonds wurden 3500 Euro für fünf Tage Mitmachzirkus im Florapark bewilligt.
Tatsächlich ging der Drogenhandel bis zum Frühjahr dieses Jahres deutlich zurück. „Die Erfahrungen mit dem Zirkus sind absolut positiv, nur hält auch dieser Effekt nicht ewig“, sagt der CDU-Politiker Sven Hielscher. „Um eine dauerhafte Lösung zu erreichen, brauchen wir zu der sozialpädagogischen Arbeit unbedingt auch entschiedene polizeiliche Maßnahmen“.
Der SPD-Bezirksabgeordnete Gregor Werner sieht ebenfalls eine „rechtsstaatliche Reaktion“ auf steigenden Drogenhandel als nötig an. „Wir haben es hier mit einem urbanen Raum zu tun, der nicht allein durch pädagogische Maßnahmen befriedet werden kann“, sagte Werner.
Kaum Polizeipräsenz
Laut Polizeisprecherin Ulrike Sweden ist der Drogenhandel im Florapark „derzeit kein Einsatzschwerpunkt“. Zu der genauen Zahl der Festnahmen konnte sie bislang keine Angaben machen. Aus dem politischen Umfeld heißt es, die zuständige Wache an der Lerchenstraße verfüge nicht über ausreichend Streifenbeamte, um den Drogenhandel regelmäßig zu überwachen. Die Leitung der Wache versicherte jedoch in der Vergangenheit, jederzeit mit genügend Personal gegen die Dealerszene vorgehen zu können.
Das Bezirksamt will die Situation in Kooperation mit der Polizei „weiter beobachten und gegebenenfalls Gegenmaßnahmen einleiten“. Als Erfolg wird in der Verwaltung gewertet, dass die Dealer derzeit relativ diskret aufträten. Bereits im vergangenen Jahr begonnene Pflanzaktionen, bei denen Grundschülern den Park verschönern, sollen weiter fortgeführt werden.
Die SPD will das Thema auch auf politischer Ebene erneut intensiver diskutieren. „Wenn es wieder einen Anstieg gibt, sollten alle beteiligten Gremien erneut befragt werden. Wir brauchen dann einen genauen Überblick und differenzierte Maßnahmen“.
Die Hoffnungen der Politik liegen auch auf dem Ausbau des Flora-Bunkers auf dem Parkgelände. Neben der Kletterwand Killimanschanzo sollen im Inneren des Stahlbaus künftig Bands proben. In den Planungsschreiben verspricht sich der Bezirk von dem neugestalteten Bunker, den „Florapark für Dealer uninteressant zu machen“. Die Finanzierung des Ausbaus zu einer vielfältigen Nutzung mit Proberäumen, christlicher Jugendhilfe und der Kletteranlage „Killimanschanzo“ steht jedoch in der Schwebe.
Der Bezirk hat inzwischen Mittel aus der Kulturtaxe des Senates angefordert, eine Entscheidung steht aus. „Das sind dicke finanzielle Bretter, die dort noch gebohrt werden müssen“, sagt der SPD-Abgeordnete Gregor Werner. „Ein belebter Bunker wäre aber sicher der beste Weg, damit der Florapark endlich eine wirkliche Grünfläche für die Menschen im Stadtteil wird“, sagte Werner.