Den heutigen „Tag der offenen Moschee“ wollen Hamburgs Muslime nutzen, um Vorurteile abzubauen. Vor allem viele interessierte Frauen nutzen den Tag. Auch der IS-Terror in Syrien und im Irak war Thema der Diskussionen.

Hamburg. Ein Freitagsgebet mitten im Wohngebiet? Für die Anwohner ist das heilige Gebet der Muslime in der Fazl-e-Omar-Moschee seit fast sechzig Jahren so selbstverständlich wie die Minarette des Gotteshauses. Seit 1957 zählt die zweitälteste Moschee Deutschlands zum Straßenbild im Hamburger Stadtteil Stellingen. Die Minarette stehen symbolisch für ein Beispiel gelungener Integration des Islam: 14 Meter ragen sie in die Höhe – und doch reihen sich die beiden Backsteinsäulen nahezu unbemerkt in die Klinkerbauten der Wieckstraße ein.

Der bundesweite Tag der offenen Moschee hat in Hamburg mehrere hundert Interessierte angelockt – für viele war es der erste Kontakt mit der muslimischen Kultur überhaupt. „Zum Freitagsgebet rufen wir nicht über Lautsprecher aus, das machen wir nur in der Moschee. Wir wollen die Nachbarn nicht stören“, erklärt ein Muslim in Gebetskleidung einer Besucherin.

Vor der Fazl-e-Omar-Moschee schaut Katrin Lotze neugierig durch die Eingangstür. „Ich habe mir so eine Moschee etwas pompöser vorgestellt“, gesteht sie. Die Lehrerin war einer Einladung ihres 13-jährigen Achtklässlers Yazeb gefolgt. Im Inneren haben sich Dutzende Muslime zum Gebet versammelt. Ein Prediger blickt über die sitzenden Männer auf dem roten Gebetsteppich, bevor er den Gesang anstimmt: „Allahu akbaru“ – Allah ist am größten.

Wie in Hamburg hatten Muslime am Freitag in ganz Deutschland am Tag der offenen Moschee ihre Tore für die Bevölkerung geöffnet. Bundesweit war man bemüht, eine friedliche, tolerante und offene Religion zu zeigen – ein Bild, das nach der Bedrohung durch die Terrorgruppe Al-Kaida erneut von Angriffen der IS-Miliz in Syrien und Irak überschattet wurde.

Mit ihrer türkisen Fassade erstrahlt die iranisch-schiitische Imam Ali Moschee am Ufer der Außenalster. Außen toben Kinder auf einer Hüpfburg vor der blauen Moschee. Innen ziehen Besucher ihre Runden durch den lichtdurchfluteten Raum unter einem riesigen Kronleuchter und einer großen Kuppel. „Ich bin erstaunt, wie hell es hier ist. Nicht so furchteinflößend wie in einer Kirche“, sagt eine 27-jährige Hamburgerin. „Mich hat ebenso überrascht, dass Frauen unverschleiert in alle Bereiche vordringen können.“ Wie in den vergangenen Jahren hat der Tag der Moschee vor allem viele interessierte Frauen angezogen, sagt einer der Sprecher der reformorientierten muslimischen Gemeinschaft Ahmadiyya Muslim Jamaat (AMJ), Fazal Ahmad.

Für die Öffentlichkeit war der Besuchertag auch eine Gelegenheit zu erfahren, wie sehr sich die Moscheen optisch voneinander unterscheiden. Der Kontrast zur prunkvollen blauen Moschee findet sich in Hamburg-Schnelsen: Wo früher in einer alten Fabrik Metall verarbeitet wurde, treffen sich heute Mitglieder der Ahmadiyya-Gemeinschaft in der umgebauten Baitur-Rasheed-Moschee zum Gebet. Holzvertäfelung an den Seiten, Spanplatten an den Decken, alte Linoleumplatten am Boden: Auch so kann eine Moschee aussehen.

Solche Oberflächlichkeiten spielen im Austausch zwischen Christen und Muslimen für Besucherin Margrit Kroll an diesem Tag keine Rolle. In den letzten Jahren habe sie zwar gemäßigte Stimmen aus der muslimischen Welt vermisst. Aber: „Wir haben bei der Integration zu wenig getan, müssen nun in den Dialog treten und dürfen uns nicht ducken.“