Hamburgs Bürgermeister, Olaf Scholz, hat am Sonnabendmorgen die junge Islam-Konferenz eröffnet. Schwerpunkte der Konferenz sind Gesprächsrunden über religiöse und kulturelle Vielfalt.
Hamburg. Mit einem schneeweißen Kopftuch betrat die Muslima Eyyuba Cevirici, 21, am Sonnabendmorgen den Kaisersaal des Hamburger Rathauses. Die Psychologie-Studentin nimmt gegenwärtig an der Jungen Islam Konferenz teil, die bis zum Sonntag im Rathaus stattfindet. Rund 40 junge Hamburger im Alter von 17 bis 23 Jahren wollen kontrovers über religiöse und kulturelle Vielfalt sowie den Abbau von Vorurteilen diskutieren. „Ich möchte dazu beitragen, dass es bei uns nicht zu einer destruktiven Gesellschaft kommt“, sagt Eyyuba Cevirici, die im Stadtteilrat von Steilshoop mitarbeitet. Der Hamburger Studentin sei es wichtig, dass die Menschen trotz der Kontroversen immer wieder einen Konsens finden. Die Junge Islam Konferenz ist ein Projekt der Stiftung Mercator, der Berliner Humboldt-Universität und der Hamburger Behörde für Soziales, Familie und Integration. Nach Berlin findet in Hamburg die bundesweit zweite Konferenz dieser Art statt.
Olaf Scholz (SPD), Hamburgs Erster Bürgermeister, sagte als Schirmherr zum Auftakt der Veranstaltung: „Wir alle sind Hamburg, ganz unabhängig von der Religion, der wir anhängen oder einer Anschauung, die uns auf Religion verzichten lässt. Der Islam ist längst in unserer Stadt angekommen. Hamburg ist eine Ankunftsstadt. Jeder darf seine Religion mitbringen.“ Entschieden wandte sich Scholz gegen den Terror der Milizen des Islamischen Staates (IS). „Wir blicken in einen Abgrund von Gewalt.“ Sie würden sich zu unrecht auf den Islam berufen – darin sei sich der Bürgermeister mit den muslimischen Verbänden einig.
Wie Esra Kücük, die Leiterin der Jungen Islam Konferenz, betonte, praktizieren bereits viele der jungen Muslime in Deutschland ohne Schwierigkeiten die religiöse und kulturelle Vielfalt. „Allerdings wird die junge Stimme noch nicht genügend in den öffentlichen Debatten berücksichtigt.“ Das solle mit der Jungen Islam Konferenz als "Dialogforum und Multiplikatorennetzwerk" verändert werden. Rund zwei Millionen der vier Millionen Muslime in Deutschland sind jünger als 25 Jahre.
44 Prozent der Hamburger akzeptieren religiöse Symbole
In der breiten Bevölkerung, fügte die Hamburgerin Esra Kürük hinzu, sei die Angst vor dem Islam nach wie vor verbreitet. Mit Hinweis auf den Religionsmonitor der Bertelsmann-Stiftung sagte sie: „Jeder Zweite hat Angst vor dem Islam.“ Eine neue Studie der Humboldt-Universität ist jetzt jedoch zu dem Ergebnis gekommen, dass es vor allem in Hamburg eine weitgehende Akzeptanz der Vielfalt in der Bevölkerung gibt. So finden es 44 Prozent der befragten Hamburger richtig, dass muslimische Lehrerinnen vor der Schulklasse ein Kopftuch tragen - als individuelles religiöses Symbol. Zwei Drittel sind zudem dagegen, dass es Einschränkungen beim Bau öffentlich sichtbarer Moscheen geben sollte. „In Hamburg“, sagt die Wissenschaftlerin Naika Foroutan vom Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung an der Humboldt-Uni, „gibt es ein solides Fundament der Toleranz gegenüber Pluralität.“ Es lasse sich aber aber auch eine stabile Größe der Abwehr (rund 30 Prozent der Hamburger) gegenüber der weit vorangeschrittenen Diversifizierung der Stadt messen, heißt es in der Studie mit dem Titel "Hamburg postmigrantisch". Diesem Anteil an der Bevölkerung könne eine tendenzielle Neigung zu rechtspopulistischen Themen zugeschrieben werden.
Schulen sollen sich mit Vielfalt und Vorurteilen befassen
Bei der Jungen Islam Konferenz veranstalten die Teilnehmenden Gesprächsrunden, bei denen sie in die Rolle von bekannten Persönlichkeiten schlüpfen. Psychologie-Studentin Cevirici zum Beispiel tritt als Bildungsministerin Johanna Wanka und der 23-jährige Hamburger Student Amin Begic als Berlin-Neuköllner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky auf. „Wir jungen Menschen können viel besser als die Älteren mit Vielfalt umgehen“, sagte Begic, der ursprünglich aus Sarajewo stammt. „Diese Konferenz gibt uns jungen Muslimen eine Stimme.“
Das Forum der regionalen Jungen Islam Konferenz wird sich in den nächsten drei Jahren noch dreimal in Hamburg treffen. Ziel ist es, dass sich die Hamburger Schulen stärker mit den Themen Vielfalt und Vorurteile befassen. Außerdem werden Empfehlungen für politisches Handeln erwartet.