Offshore-Kraftwerke „Dan Tysk“, das voraussichtlich in der ersten Hälfte 2015 in den regulären Betrieb gehen wird, und „Sandbank“ werden von einer Wohnplattform auf See aus gewartet. Spezialisten arbeiten je zwei bis drei Wochen vor der Küste.
Hamburg. Es sei eine Art „Hotel auf dem Meer“, sagte Gunnar Groebler stolz. Bei der Messe WindEnergy Hamburg berichtete der Manager, zuständig für die erneuerbaren Energien bei Vattenfall, am Donnerstag von dem Konzept. Für die noch junge Offshore-Windkraft in Deutschland ist es ein neuer Ansatz: Stationiert auf einer reinen Wohnplattform, sollen bis zu 50 Spezialisten vom kommenden Jahr an den neuen Windpark „Dan Tysk“ 70 Kilometer westlich von Sylt in Gang halten. „Dan Tysk“ geht voraussichtlich in der ersten Hälfte 2015 in den regulären Betrieb. In der zweiten Jahreshälfte beginnt der Bau des westlich davon benachbarten Parks „Sandbank“. Investoren sind auch dort, wie bei „Dan Tysk“, zu 51 Prozent Vattenfall und zu 49 Prozent die Stadtwerke München.
Die Werft von Abu Dhabi Mar in Kiel-Gaarden baut die Wohnplattform, die im Herbst auf See installiert werden soll. Die Anlage zeigt zweierlei: Zum einen entstehen auf dem deutschen Teil der Nordsee immer mehr Windparks, die wegen der großen Entfernung zur Küste nicht im Schiffsverkehr von Land aus gewartet werden können. Die doppelte Nutzung für „Dan Tysk“ und „Sandbank“ macht zugleich deutlich, wie die Investoren Einsparungen beim Bau und Betrieb von Offshore-Windparks zu realisieren versuchen. Die Investitionsentscheidung für den 1,2 Milliarden Euro teuren Windpark „Sandbank“ fiel erst im August, nach der Novelle des Erneuerbare Energien Gesetztes (EEG) und Jahre nach dem Start von „Dan Tysk“. „Die Servicetechniker werden jeweils zwei bis drei Wochen an Bord der Wohnplattform sein und von dort aus mit Crewschiffen einige Kilometer entfernt die Windturbinen von ,Dan Tysk‘, später auch von ,Sandbank‘ erreichen“, sagte Groebler. Derzeit rekrutiere Vattenfall die Mannschaft für die Wartung der Parks.
Die Betreiber der Offshore-Windparks arbeiten bei der Wartung der Anlagen mit unterschiedlichen Konzepten. Küstennahe Parks wie „Borkum Riffgat“ auf der Nordsee oder „EnBW Baltic 1“ auf der Ostsee werden von Land aus angesteuert. Hochseeparks wie „Bard Offshore 1“ und „Global Tech 1“ verfügen über Anlagen zur gemischten Nutzung: Ihre Umspannwerke für den Sammelanschluss der Windturbinen sind mit Wohnbereichen für Servicetechniker ausgestattet. Drei Windparks nördlich von Helgoland wiederum – die Anlagen „Meerwind Süd | Ost“, „Nordsee Ost“ und „Amrumbank West“ – sollen von Deutschlands einziger Hochseeinsel aus gewartet werden. Zum Einsatz kommen dafür schnelle Crewschiffe wie künftig auch Hubschrauber. Die Servicetechniker wohnen auf Helgoland in Appartements und in einer Hotelanlage. Der Hamburger Unternehmer Arne Weber vermietete sein Hotel Atoll mit 50 Betten 2012 für zehn Jahre an Wind MW, den Betreiber von „Meerwind Süd | Ost“.
Eine komplett eigene Wohnplattform auf See hingegen gibt es in der deutschen Offshore-Windkraftbranche bislang nicht. Üblich ist dieses Konzept schon lange in der internationalen Offshore-Öl- und Erdgaswirtschaft mit ihren teils weit vor den Küsten liegenden Anlagen. Auch bei „Dan Tysk“ und „Sandbank“ sollen die Techniker komfortabel wohnen: Insgesamt stehen 2500 Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung. Die Einzelzimmer haben jeweils ein eigenes Bad, Fernseher, Internetanschluss und Telefon. Zudem gibt es eine Kantine, Gemeinschafts- und Fitnessräume, ein kleines Hospital und eine Bordapotheke. Neben den Servicetechnikern können Windparkmanager oder externe Experten auf der Plattform arbeiten. „Wir suchen derzeit einen Betreiber für die Anlage und freuen uns über Angebote“, sagte Groebler.
Der Windpark „Dan Tysk“ hat eine installierte Leistung von 288 Megawatt. Das genügt rechnerisch, um den Strombedarf von rund 400.000 Haushalten zu decken. Die insgesamt 80 Siemens-Windturbinen des Offshore-Parks, die Stromsammelstation sowie die Konverterstation „SylWin 1“, ebenfalls von Siemens, sind bereits installiert. Auch „Sandbank“ soll 288 Megawatt installierte Leistung umfassen, dort werden aber nur 72 Siemens-Windturbinen benötigt. „Wir haben die Anlage modifiziert, die auf ,Dan Tysk‘ eingesetzt wird“, sagte Michael Hannibal, Europachef der Siemens-Offshore-Sparte. „Bei äußerlich gleichen Abmessungen leistet die neue Anlage vier Megawatt gegenüber 3,6 Megawatt beim älteren Typ.“
Die Offshore-Windkraftbranche will die Kosten der Stromerzeugung in Windturbinen auf See bis zum kommenden Jahrzehnt um gut 30 bis 40 Prozent auf unter zehn Cent je Kilowattstunde senken. Die weltweit größte Windkraftmesse WindEnergy zeigt dem Fachpublikum dazu noch bis heute technologischen Fortschritt quer durch die gesamte Wirkungskette von der Windparkplanung bis zum Netzanschluss. „Das Tempo der Innovationen ist rasant“, sagte Groebler. „Aber den Fortschritt von heute können wir nach heutigem Stand erst in einigen Jahren tatsächlich verbauen. Denn Offshore-Parks in ihrer speziellen Auslegung müssen schon Jahre vor ihrer Fertigstellung exakt geplant werden.“