Der neue Leiter des Hamburger Wirtschaftsinstituts, Christian Growitsch, und Co-Geschäftsführer Henning Vöpel sprachen mit dem Hamburger Abendblatt über die Zukunftsstrategie des Instituts.
Hamburg. Wie geht es weiter beim renommierten Hamburger Wirtschaftsforschungsinstitut HWWI nach dem Abgang des langjährigen Leiters, Thomas Straubhaar? Das Abendblatt sprach mit dem neuen HWWI-Chef Christian Growitsch, 38, der aus Köln an die Elbe kommt, und seinem Co-Geschäftsführer Henning Vöpel, 41. Beide äußern sich zur Zukunftsstrategie des Instituts, die Folgen der Energiewende für Hamburg und den Unterschieden zwischen Köln und der Hansestadt.
Hamburger Abendblatt: Herr Growitsch, ein gebürtiger Hamburger, der in Köln gelebt hat, und zurück nach Hamburg kommt. Da dürfen folgende Fragen nicht fehlen. Kölsch oder Astra?
Christian Growitsch: Eindeutig Astra.
Kölner Dom oder Hamburger Michel?
Growitsch: Der Kölner Dom ist schon imposanter.
Karneval oder Hafengeburtstag?
Growitsch: Dann doch eher der Hafengeburtstag. Vor allem wegen der Schiffe.
HSV oder FC?
Growitsch: Keine Frage: HSV. Und das schon seit meiner Kindheit.
Sie sind in Hamburg geboren, haben in Poppenbüttel Abitur gemacht. Und nun werden Sie Chef des wichtigsten Wirtschaftsforschungsinstituts in der Metropolregion Ihrer Heimatstadt. Ein Traum, der in Erfüllung geht?
Growitsch: Auf jeden Fall. Seit meiner Studienzeit habe ich die Arbeit des Instituts sehr genau beobachtet und wollte dort gerne arbeiten. Dass ich dieses Institut nun leite, ist tatsächlich ein Traum, der in Erfüllung geht.
Wie lief das Auswahlverfahren ab? Es heißt, viele Personen hätten sich auf die Stelle beworben.
Growitsch: Das habe ich auch gehört. Ich habe die Stellenausschreibung in der Zeitung gelesen und eine Bewerbung formuliert. Ich wurde gebeten, ein Konzept für das HWWI der Zukunft auszuarbeiten und zu präsentieren. Offensichtlich waren die Ideen so überzeugend, dass man sich für mich entschieden hat.
Wie sieht denn Ihr Konzept aus?
Growitsch: Die Details unserer Strategie müssen Henning Vöpel und ich noch ausarbeiten. Was man jetzt schon sagen kann: Wir planen mehrere Säulen. Erstens wollen wir uns auf Themen rund um Hamburg konzentrieren, wie zum Beispiel die demografische Entwicklung, die Immobilienpreise und die Hafenwirtschaft. Zweitens werden wir uns intensiv mit der Energiewende und globalen Ressourcen beschäftigen. Und drittens kümmern wir uns selbstverständlich um die internationale Wirtschaft und die maritime Logistik. Darüber hinaus wollen wir als HWWI eine wichtige Plattform für alle Ökonomen in Hamburg sein.
Sie haben sich in Köln stark mit der Energiepolitik befasst. Welche ökonomischen Chancen sehen Sie für Hamburg mit Blick auf die Energiewende?
Growitsch: Bisher ist Hamburg Nettozahler der Energiewende. Die Stadt kann aber auch eine der Gewinnerinnen der Energiewende werden. So könnte Hamburg zum Beispiel weltweites Vorbild für eine Smart City sein, die intelligent und effizient Energie einsetzt. Zudem ist die Windkraft als einer der zentralen Pfeiler der Energiewende bereits sehr stark in Hamburg verankert. Das kann perspektivisch Wohlstand und Arbeitsplätze schaffen.
Wie wichtig sind Windanlagen auf hoher See für die Energiewende?
Growitsch: Sie sind ein sehr wichtiger Bestandteil dieses eingeleiteten Prozesses. Allerdings ist die Offshore-Technologie auch sehr teuer – zumindest in Deutschland.
Warum ist das so?
Growitsch: In Deutschland werden die Offshore-Windparks aus Umweltschutzgründen sehr weit von den Küsten entfernt gebaut – das sind bis zu 100 Kilometer. In Großbritannien liegt die Entfernung dagegen nur bei rund 30 Kilometern. Deshalb rentieren sich die Anlagen in Großbritannien mittlerweile auch, in Deutschland aber nicht. Offshore-Windparks ohne Subventionen wird es so hierzulande nicht geben können.
Herr Vöpel, Sie sollen sich in dem neuen HWWI-Führungsduo verstärkt um konjunkturelle Fragen kümmern. Wie ist Ihre Prognose für Hamburgs Wirtschaft in den kommenden zwölf Monaten?
Vöpel: Hamburg ist konjunkturell für die kommenden zwölf Monate gut aufgestellt. Das liegt auch daran, dass sich die Weltwirtschaft derzeit relativ stabil zeigt und auch der Euro-Raum sich erholt. Allerdings bereiten einige internationale Konflikte wie vor allem die Sanktionen zwischen Russland und der EU Sorgen. Möglicherweise werden wir deshalb unsere Wachstumsprognosen für Deutschland und Hamburg im Jahr 2014 leicht nach unten korrigieren. Ohnehin müssen wir uns von den großen Wachstumsschüben durch die Globalisierung verabschieden. Diese Entwicklung könnte auch den Hamburger Hafen treffen, der aber auch ohne ständig neue Umschlagrekorde unverändert sehr wichtig für die Stadt bleiben wird.
Der Übergang zur neuen HWWI-Spitze lief nicht ganz reibungslos ab. Auch Konjunkturchef Michael Bräuninger hatte sich Chancen auf den Chefposten ausgerechnet. Wird er beim HWWI bleiben?
Vöpel: Nein, Herr Bräuninger wird das HWWI verlassen.
Sie haben sich einen Namen als Sportökonom gemacht. Bleibt das eines Ihrer Hauptarbeitsgebiete?
Vöpel: Sportökonomik habe ich eigentlich immer nur nebenher betrieben und werde wohl nun noch weniger dazu kommen. Das Interesse daran wird aber natürlich bleiben.
Wie sehen Sie Hamburgs Chancen, die Olympischen Spiele an die Elbe zu holen?
Vöpel: Hamburgs Chancen sich im nationalen Wettbewerb gegen Berlin durchzusetzen, sind aus meiner Sicht nicht schlecht. Ob sich die Stadt aber gegen Metropolen wie Paris, Rom oder Boston behaupten kann, ist sehr fraglich. Die Hamburger haben manchmal doch eine andere Wahrnehmung ihrer Stadt als Auswärtige. Dennoch sollte Hamburg alles versuchen, den Zuschlag für die Olympischen Spiele zu bekommen. Denn ökonomisch wäre ein solches Großereignis von großer Bedeutung. Gerade beim Kampf um hochqualifizierte, international mobile Talente hilft ein solches Event immens weiter. Der Bekanntheitsgrad der Hansestadt würde weltweit stark zunehmen.