Der zunächst beigelegte Streit zwischen Landeschefin Sylvia Canel und Fraktionschefin Katja Suding spitzt sich erneut zu. Bundesparteivorsitzender soll Suding zum Einlenken bewegen.
Hamburg. Chaos-Tage in der FDP: Einen Tag vor dem Landesparteitag der Liberalen kündigt Najib Karim an, von seinem Amt als stellvertretender Landesvorsitzender zurück- und darüber hinaus aus der Partei auszutreten. „Es gibt keine Vernunft in der FDP. Man reißt sich nicht zusammen, sondern bekämpft sich nur“, lautet das Fazit Karims. Er habe frustiert zur Kenntnis nehmen müssen, dass es weder auf Bundes- noch auf Landesebene einen wirklichen Neuanfang bei der FDP gegeben habe.
„Ich habe mich gefragt, ob ich für meine Partei in den Wahlkampf ziehen kann“, sagte Karim. Er könne es nicht glaubwürdig tun. „Und wenn man das nicht kann, dann muss man so ehrlich sein und aus der Partei austreten.“
Der angekündigte Parteiaustritt des Landesvize trifft die FDP mitten in der Vorbereitung zum Wahlprogramm zur Bürgerschaftswahl, welches am Sonnabend beschlossen werden soll. Am Sonntag stellt die FDP zudem die Landesliste auf. Und auch hier spitzt sich der zunächst beigelegte Streit zwischen Landeschefin Sylvia Canel und Fraktionschefin Katja Suding erneut zu. Dieter Biallas, ehemaliger Kultursenator und Urgestein der Liberalen, hat den Bundesparteivorsitzenden Christian Lindner in einem Brief aufgefordert, Suding zum Einlenken zu bewegen.
Vorausgegangen war die Bedingung von Suding, dass sie nur dann als Spitzenkandidatin kandidiere, wenn ihre innerparteiliche Widersacherin Canel auf einen Platz auf der Landesliste verzichte. Parteichef Lindner war am Pfingstwochenende extra nach Hamburg gereist, um Canel zum Einlenken zu bewegen. Zunächst mit Erfolg. Canel ließ verlauten, sie beabsichtige nicht, für die Landesliste zu kandidieren. Für den Altvorderen Biallas ist ein solcher Vorbehalt „skandalös“, wie er in seinem Brief schreibt. Und dann greift er Linder direkt an: „Dem Vernehmen nach haben Sie (...) Frau Suding den Rücken gestärkt und sie (nicht) dazu veranlasst, diese Erklärung zurückzunehmen. Wenn dies zutrifft, so haben Sie dem Hamburger Landesverband und damit auch der FDP insgesamt erheblichen Schaden zugefügt.“ Die Bedingung von Suding habe innerhalb der Partei erheblichen Unmut hervorgerufen und zu einer Initiative gegen die Nominierung der Fraktionschefin geführt. Biallas schreibt, dass Sudings Nominierung sogar in Gefahr geraten könne.
Eine Reaktion Lindners auf den Brief blieb aus. Ebenso von Suding. Es ist jedoch zu vernehmen, dass man sich um die Mehrheiten für ihre Nominierung für den Listenplatz eins keine Sorgen mache. Außerdem bleibt es bei der Bedingung: Suding geht nur als Spitzenkandidatin ins Rennen, wenn Canel und der ehemalige Bundestagsabgeordnete Burkhardt Müller-Sönksen nicht antreten. Ihr Team, mit dem Suding antreten möchte, besteht aus den Bürgerschaftsabgeordneten Wieland Schinnenburg, Anna von Treuenfels sowie dem Fraktionsgeschäftsführer Michael Kruse.
Unterdessen haben aber die Liberalen-Frauen Parteichefin Canel ermutigt, sich für die Landesliste aufstellen zu lassen. Für die Anhänger von Canel ist es schwer verdaulich, dass Suding ihre Spitzenkandidatur an Bedingungen knüpft. Canel selbst sagt dazu: „Ich möchte, dass Suding die Spitzenkandidatur übernimmt.“ Soll heißen: Sie wird der Fraktionschefin mit einer eigenen Kandidatur keine Steine in den Weg legen. Dann aber kann Suding im Wahlkampf nicht mit der Unterstützung der gesamten Partei rechnen. Unterstützung, die die krisengeschüttelte FDP bitter nötig hätte. Es heißt, bis Sonntag sei noch genug Zeit, von der harten Haltung gegenüber Canel abzuweichen. Die Möglichkeit, einen der hinteren Listen-Plätze zu belegen, würde das Canel-Lager bewegen, Suding zu unterstützen.
Najib Karim jedenfalls will sich an solchen taktischen Spielchen nicht mehr beteiligen. In seiner Erklärung schreibt er: „Ich kann den Worten der gegenwärtigen FDP aber nicht mehr trauen. Ich weiß, dass ich damit den Weg auch für diejenigen frei mache, die ihre parteipolitischen Karrieren über das Wohl des Liberalismus stellen.“