Autofahrer ärgern sich über Baustellen, Staus und Parkplatzsuche – und nutzen verstärkt öffentliche Verkehrsmittel. Doch das Angebot kann hier noch besser werden. Was Hamburger am ÖPNV bemängeln.
Planen Sie heute mit dem Fahrrad, der U-Bahn, S-Bahn oder dem Bus zu fahren? Oder werden Sie nachher doch ins Auto steigen, wo Ihnen Sonne und Regen nichts anhaben können und Sie statt den Gesprächen, Telefonaten und der Musik des Sitznachbarn lauschen zu müssen, das eigene Radio aufdrehen können? Fakt ist, immer mehr Hamburger nutzen die Angebote des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). 2013 verzeichnete der HVV über 728 Millionen Fahrgäste – um die Jahrtausendwende waren es „nur“ 500 Millionen.
Was aber ist für die Zukunft zu erwarten? Gegenwärtig ärgern sich zunehmend mehr Autofahrer über Baustellen, Staus und Parkplatzsuche, durch die sie im Endeffekt genauso lange brauchen wie mit den öffentlichen Verkehrsmitteln – manchmal sogar noch länger. Auch steigen die Kosten für den eigenen Pkw ebenso kontinuierlich wie das oftmals schlechte Gewissen gegenüber der Umwelt. All dieses wird dazu führen, dass zukünftig noch mehr Hamburger auf Bus und U- oder S-Bahn umsteigen werden. Aber auch wenn unser Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln zweifellos gut ist, kann es an der einen oder anderen Stelle durchaus noch besser werden und die Wünsche und Bedürfnisse der Hamburger noch mehr berücksichtigen.
Schon jetzt wären acht von zehn Bürgern bereit, öfter auf ihr Auto zu verzichten, wenn der Nahverkehr günstigere Tickets anbieten würde. Ähnlich bedeutungsvoll ist die Möglichkeit, das eigene Fahrrad mit dem ÖPNV besser kombinieren zu können, zum Beispiel durch eine zeitlich unbegrenzte Mitnahme des Fahrrads im Bus oder durch Fahrradabteile in S- und U-Bahnen. Eine bessere und direkte Streckenanbindung wünschen sich sieben von zehn Hamburgern, und auch stets saubere Busse und eine höhere Taktung der Fahrten könnten noch mehr Hanseaten dazu animieren, den eigenen Wagen daheim stehen zu lassen. Eine Mehrheit der Einwohner fordert zudem mehr Sicherheit, eine bessere Kombination mit Leihfahrrädern oder ein verständlicheres Strecken- und Tarifnetz.
Innerhalb der Bevölkerung lassen sich unterschiedliche Forderungen nachweisen: Für die älteren Hamburger spielt die Sicherheit eine überdurchschnittlich hohe Bedeutung – was angesichts unserer älter werdenden Gesellschaft eine besondere Aufmerksamkeit erfahren sollte. Die mittlere Generation wünscht sich vor allem eine Zeitersparnis durch eine höhere Frequenz von Fahrten, mehr Haltestellen und direkte Verbindungen zwischen Knotenpunkten. Die jungen Hamburger dagegen wollen mehr Platz und Bequemlichkeit sowie keine Beschränkungen bei der Mitnahme von Fahrrädern. Beim Vergleich zwischen den Geschlechtern ist auffällig, dass Frauen deutlich mehr Verbesserungsvorschläge haben als Männer – diese wollen (oder brauchen) lediglich ein einfacheres Tarifsystem.
Welche Forderungen ergeben sich daraus für den öffentlichen Personennahverkehr? Zunächst einmal wäre ein konsequenter Ausbau bei Strecken, Haltestellen und Taktung – gerade am Abend – zielführend. Daneben würden aber auch kleinere Innovationen helfen. So könnte ein Angebot von Leihfahrrädern in der unmittelbaren Nähe jeder Haltestelle noch mehr Hamburger zum Umsteigen bewegen. Gut fände ich es auch, wenn wie in den USA Fahrräder rund um die Uhr in Bussen mitgenommen werden könnten. Und auch ich ticke nicht anders als die meisten Hamburger Männer: Das Tarifsystem ist wirklich nicht leicht zu verstehen und sollte stark vereinfacht werden.
Am Donnerstag ist übrigens Weltumwelttag und in diesem Zusammenhang könnten wir alle einmal über unser eigenes Mobilitätsverhalten nachdenken. Wer öfter das Auto stehen lässt, schont nicht nur das eigene Portemonnaie und die Umwelt, sondern hat ganz nebenbei die Zeit aus dem Fenster zu schauen und unsere schöne Stadt zu erleben.
Die BAT-Stiftung für Zukunftsfragen veröffentlicht an dieser Stelle jede Woche exklusiv Ergebnisse ihrer Repräsentativbefragungen für das Hamburger Abendblatt. Hierfür wurden jeweils 1000 Hamburger und 2000 Deutsche ab 14 Jahren befragt. Der Wissenschaftliche Leiter der Stiftung – Professor Dr. Ulrich Reinhardt – interpretierte die Ergebnisse.