Jeder zweite Hamburger befürchtet, dass in den kommenden Jahren die Schere zwischen Arm und Reich weiter aufgeht und sich Wohlhabende und Habenichtse unversöhnlich gegenüberstehen Was den Hamburgern sonst noch Angst macht.

Kriege und Naturkatastrophen, Hunger und Krankheiten, Wirtschaftsund Finanzkrisen: Es gibt eine Menge Themen, die Angst und Schrecken verbreiten können. Wovor aber fürchten wir Hamburger uns am meisten, wenn wir an die kommenden zehn bis zwanzig Jahre denken? Unsere größte Sorge ist und bleibt die zunehmende Spaltung unserer Gesellschaft. So hat jeder zweite Mitbürger die Befürchtung, dass die Schere zwischen Arm und Reich sich in Zukunft weiter öffnet und sich auch in unserer Stadt Wohlhabende und Habenichtse unversöhnlich gegenüberstehen.

Groß ist aber auch die Angst vor einer steigenden Kriminalität – fast jeder zweite Hamburger, von Blankenese bis Bergedorf oder von Wandsbek bis nach Wilhelmsburg, sorgt sich um die eigene Sicherheit in der Zukunft. Neben der Furcht vor Verbrechen werden auch der Verlust des eigenen Arbeitsplatzes sowie Rentensicherheit und Preissteigerungen als große Sorgenfelder genannt. Als eine Art Konsequenz daraus folgt die Angst vor einem persönlichen Wohlstandsverlust.

Relativ wenig Sorgen bereiten uns dagegen mögliche Terroranschläge oder die Auswirkungen des Klimawandels. Und dies trotz terroristischer Angriffe in Afghanistan, Boston oder Ägypten mit zahlreichen Toten im letzten Jahr und trotz zunehmender Wetterextreme mit Milliardenschäden – auch bei uns. Denken wir hierbei nur an die vergangenen zwölf Monate mit dem Elbehochwasser, Hagelschauern im Sommer oder die Orkane „Christian“ und „Xaver“. Letzter hat in unserer Stadt zur zweithöchsten Flut seit Beginn der Wetteraufzeichnungen geführt: Das Hochwasser lag fünf Meter über Normalnull, es gab zahlreiche Feuerwehreinsätze, Verspätungen und Ausfälle im ÖPNV, und viele Schulen blieben aufgrund des Sturmes geschlossen.

Betrachtet man die verschiedenen Zukunftsängste, dann erkennt man, dass diese sich grob in drei Gruppen einteilen lassen. Die erste umfasst die materielle Ebene, also die Sorge um zu geringe finanzielle Mittel, um sorgenfrei leben zu können. Die zweite lässt sich mit der Angst um das eigene Wohl beschreiben. Dabei geht es sowohl um die grundsätzliche Gesundheit als auch um die allgemeine körperliche Unversehrtheit. Die dritte Gruppe schließlich beinhaltet gesamtgesellschaftliche Sorgen, die von einer zunehmenden Spaltung der Gesellschaft bis hin zum Klimawandel reichen.

Innerhalb der Hamburger Bevölkerung lassen sich zudem einige auffällige Unterschiede nachweisen. Erstens sind Frauen insgesamt deutlich ängstlicher als Männer, denn in neun von zehn Problemfeldern äußern sie sich sorgenvoller. Die einzige Ausnahme bildet die Kategorie „Wohlstandsverlust“ – hier liegen die Männer vorne. Zweitens offenbaren sich innerhalb der Einkommensgruppen nur in einigen Bereichen wirkliche Gegensätze. So blicken Geringverdiener mit mehr Besorgnis auf mögliche Entwicklungen am Arbeitsmarkt und auf Preissteigerungen, während Besserverdienende sich mehr um Terror- und Umweltgefahren sorgen sowie um einen zunehmenden Egoismus in unserer Gesellschaft. Drittens zeigt ein Vergleich der Altersgruppen, dass die mittleren Generationen die meisten Befürchtungen haben, wobei insbesondere Familien mit Kindern zahlreiche der genannten Bereiche für besorgniserregend halten.

Die meisten fürchten, dass es langfristig bergab gehen wird

Weshalb aber bereitet uns Hamburgern überhaupt so vieles Sorgen? Ist es die oft zitierte „German Angst“ und der „typisch deutsche Pessimismus“, der auch in unserer Stadt umhergeht? Ein Stück weit liegt es wohl tatsächlich daran, dass viele Mitbürger nicht glauben, auch zukünftig ein ebenso gutes Leben führen zu können, wie wir es heute tun. Hierzu tragen meiner Meinung nach vor allem die negativen Berichterstattungen aus Politik und Wirtschaft bei, die uns Einsparungen und Kostendruck, mehr Eigenverantwortung und große Veränderungen predigen (z. B. steigendes Renteneintrittsalter bei sinkendem Rentenniveau oder mehr Arbeitsplatzunsicherheit bei steigenden Verbraucherpreisen). Und natürlich wird in Zukunft einiges anders sein als heute. Aber es liegt an uns, die Zukunft zu gestalten und Veränderungen eher als Chance zu sehen und weniger als Risiko.

Zum Abschluss aber noch ein positiver Aspekt unserer Untersuchung. Im Vergleich mit den übrigen Bürgern in Deutschland sind wir Hamburger deutlich optimistischer und blicken weniger sorgenvoll in die Zukunft. Hierauf sollten wir aufbauen!

Die BAT-Stiftung für Zukunftsfragen veröffentlicht an dieser Stelle jede Woche exklusiv Ergebnisse ihrer Repräsentativbefragungen für das Hamburger Abendblatt. Hierfür wurden jeweils 1000 Hamburger und 2000 Deutsche ab 14 Jahren befragt. Der Wissenschaftliche Leiter der Stiftung – Professor Dr. Ulrich Reinhardt – interpretiert die Ergebnisse.

An dieser Stelle schreibt jeden Montag Prof. Ulrich Reinhardt vom BAT-Institut für Zukunftsfragen