Eine Freundschaft endet vor Gericht: Leibwächter Eddy Kante hat Udo Lindenberg auf 563.534 Euro Lohn verklagt. Jetzt äußerte sich der Panikrocker bei Facebook selbst zu den Vorwürfen.

Barmbek-Süd. „Absurd, absurder, absurdistan...“ – mit diesen Worten hat sich Udo Lindenberg am Sonnabendabend erstmals nach der Klage seines ehemals besten Freundes und Bodyguards Eddy Kante zu Wort gemeldet. „Hier mal kurz zu dem leidigen Thema“, schreibt der Panikrocker in dem Sozialen Netzwerk und weiter: „Kante's vorgezogener Aprilscherz, schlechter, trauriger Scherz. Erst so'n Buch, da wollte ich ihn vor sich selber schützen, jetzt diese abstrusen, völlig aus der Luft gegriffenen Zahlen. Kompletter Realitätsverlust. Der Irrflug des Eddy Kante... ich hoffe, dass er jetzt nicht total abstürzt!“

33 Jahre lang waren sie ein Herz und eine Seele. Panikrocker Udo Lindenberg, 67, und seinen Bodyguard Eddy Kante, 54, verband das, was man eine echte Männerfreundschaft nennt. Anscheinend unkaputtbar, den Stürmen des Lebens, den ständigen Aufs und Abs trotzend – eine Freundschaft wie eine Bank.

Doch das war einmal.

Tiefer zerstritten könnten die ehemaligen Weggefährten kaum sein, denn seit Freitag fechten sie vor dem Hamburger Arbeitsgericht einen Rechtsstreit aus. Eddy Kante, bis 2013 Lindenbergs Leibwächter, klagt nach Angaben von Gerichtssprecher Esko Horn auf 563.534 Euro säumigen Arbeitslohn. Grund: Jahrelang sei er von Lindenberg wie ein Arbeitnehmer behandelt, aber eben nicht wie einer bezahlt worden.

Dieser Berechnung zugrunde liegt die Annahme, dass Eddy Kante bis zu 16 Stunden täglich für Lindenberg gearbeitet, dafür aber nur rund „1500 bis 1800 Euro“ pro Monat erhalten hat. Kante habe als „selbstständiger Fahrer“ zwar einen Dienstvertrag mit Lindenberg geschlossen. Tatsächlich sei der 54-Jährige aber eine Art „Referent für alles Mögliche“ gewesen und habe damit einen Anspruch auf ein Gehalt von monatlich „mindestens 6500 Euro“, so die Argumentation. Möglicherweise könnten deshalb, auch das sei Gegenstand der Verhandlung gewesen, noch Schadenersatzforderungen wegen vorenthaltener Sozialversicherungsabgaben auf Kante und Lindenberg zukommen, sagte Esko Horn.

Zum Prozessauftakt am Freitag waren weder Eddy Kante noch Udo Lindenberg persönlich erschienen. Lediglich ihre Anwälte vertraten vor dem Vorsitzenden Richter Philipp Leydecker die gegensätzlichen Rechtspositionen ihrer Mandanten. Die Seite von Lindenberg hätte sich zwar zu einer Zahlung von 50.000 Euro bereit erklärt, sagte Horn, das aber auch nur „aus alter Verbundenheit“, man könnte auch sagen: aus Kulanz.

Kantes Anwalt beharrte auf einer Forderung von mindestens 325.000 Euro. Eine Rolle hätten außerdem Jacken gespielt, die sich im Besitz von Eddy Kante befinden sollen. Nach Angaben von Gerichtssprecher Horn sei Lindenberg bereit, ihm die Jacken für weitere 14.000 Euro abzukaufen. Doch die Fronten scheinen verhärtet zu sein.

Im Herbst 2013 war es zum Zerwürfnis zwischen Kante und Lindenberg gekommen. Schon seit 1980 war Kante eine Art Mädchen für alles gewesen: Lindenberg musste nur blinzeln, und Kante tat, was zu tun war. Kante gab sich nach außen stets als „Bad Boy“ (Markenzeichen Sonnenbrille) neben Lindenberg – und passte damit perfekt zum Image des Panikrockers.

Eddy Kante war 21 Jahre alt, als er erstmals mit Lindenberg in Hamburg sprach. Für den jungen Mann, der aus Hagen stammt und mit bürgerlichem Namen Frank heißt, war Lindenberg ein Idol. Er ließ sich sogar den Namen des Musikers auf den Oberarm tätowieren.

Kurz nach dem ersten Treffen heuerte er als Leibwächter bei Lindenberg an. Es war der Beginn einer tiefen, innigen Freundschaft. Ob tatsächlich monatlich Geld in Form eines Honorars geflossen ist, wird die Gerichtsverhandlung zeigen. Doch soll Eddy Kante nach Abendblatt-Informationen kaum etwas fürs Alter beiseitegelegt haben.

Eine Art Rente sollten eigentlich die Tantiemen aus dem Verkauf seines autobiografischen Buchs „In meinem Herzen kocht das Blut“ sein. Doch die Veröffentlichung seiner Lebensgeschichte, die ursprünglich im Oktober 2013 in den Buchhandel kommen sollte, wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Vorangegangen waren offenbar inhaltliche Differenzen zwischen Lindenberg und Kante. So soll Lindenberg Passagen zur kriminellen Vergangenheit seines Freundes beanstandet haben.

Daraus hatte Kante, der sich früh einer Rockergang angeschlossen hatte und in Schlägereien und Schutzgelderpressungen verwickelt gewesen sein soll, nie ein Geheimnis gemacht. Nach dem Bruch mit Lindenberg äußerte er großes Bedauern. „Das ist mehr als traurig“, sagte er „Bild am Sonntag“ damals. „Das tut weh, das tut richtig weh.“

In der ersten Sitzung am Freitag ließ Richter Leydecker durchblicken, dass er der Klage von Kante keine allzu großen Erfolgschancen einräumt. Die größte Schwierigkeit besteht darin, dass der 54-Jährige detailliert nachweisen muss, wann er wie viele Stunden für Lindenberg gearbeitet und dass ihm der Panikrocker tatsächlich wie ein normaler Arbeitgeber Weisungen erteilt hat.

Lindenbergs Anwalt Rüdiger Ludwig wollte sich auf Abendblatt-Anfrage nicht zum Rechtsstreit äußern. Weder der Anwalt noch die Sprecherin von Eddy Kante waren für eine Stellungnahme zu erreichen. Das Arbeitsgericht hat den nächsten Verhandlungstag auf den 4. Juni terminiert, es seien noch „viele Details“ zu klären. Dann werden sich Kante und Lindenberg wiedersehen, ob sie wollen oder nicht: Das Gericht hat persönliches Erscheinen angeordnet.