Die Luxus-Shoppingquartiere in Hamburg ziehen zunehmend wohlhabende Touristen aus dem Ausland an. Mit ihren Einkäufen bringen reiche Russen, Araber und Chinesen dem Einzelhandel den gewünschten Umsatz.

Hamburg. Die Stadt funkelt, die Stadt glitzert. Das Fest ist nicht mehr weit, alles ist geschmückt und beleuchtet – also kann das Weihnachtsgeschäft, vom Einzelhandel sehnsüchtig erwartet, endlich losgehen.

Da passt es perfekt, dass die Stimmung im Land so gut ist wie lange nicht mehr. Die Arbeitslosigkeit ist niedrig und die Zahl der Erwerbstätigen steigt. Das wirkt sich positiv auf den geplanten Konsum aus.

288 Euro wollen die Deutschen im Schnitt für Weihnachtsgeschenke ausgeben, das hat die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) gerade in Erfahrung gebracht. Nun hoffen auch die edlen Läden in Hamburgs City, dass davon ein Großteil auf ihre Konten fließt. Denn Shoppen ist für die Hansestadt zur Touristenattraktion geworden.

„Wir erwarten ein gutes Weihnachtsgeschäft“, sagt Wolfgang Linnekogel vom Einzelhandelsverband. Der Umsatz, so schätzt er, werde um etwa ein Prozent auf rund zwölf Milliarden Euro steigen. Eine Erwartung, die allerdings für das gesamte Stadtgebiet gilt.

Zum Vergleich: Der Tourismus erwirtschaftet nach Erkenntnissen der Hamburg Tourismus GmbH einen Bruttoumsatz von acht Milliarden Euro pro Jahr. In der City selbst sind die Geschäftsleute deshalb sehr positiv gestimmt.

Händler erwarten gutes Weihnachtsgeschäft

„Wir sind bestens aufgestellt“, sagt Dietmar Hamm, Centermanager des Levantehauses und eng vernetzt mit dem Handel der Innenstadt. „Der Weihnachtsschmuck ist in diesem Jahr üppig und geschmackvoll, die Läden haben die Schaufenster sehr schön dekoriert und die Weihnachtsmärkte sind geöffnet. Diese Mischung lockt Menschen in die Innenstadt, die trotz der Konkurrenz ebenfalls fein gemachter Einkaufszentren am Stadtrand hierherkommen, um ein unvergleichliches Flair und Einkaufserlebnis zu erleben. Wir erwarten ein sehr gutes Geschäft.“

Auch am Jungfernstieg im feinen Alsterhaus ist man optimistisch. Das Jahr war gut, und zum Ende hin wird es noch besser. Seit dem großen Umbau vor sieben Jahren ist die Zahl der Kunden zwar geringer geworden, aber der Umsatz pro Person ist spürbar gestiegen. Das war auch so geplant: Qualität statt Quantität.

Man hat sich mehr und mehr auf ausländische Gäste eingestellt, denn die Zahl der Touristen aus dem Ausland steigt, liegt inzwischen fast bei 23 Prozent. Zwar kommen immer noch die meisten Übernachtungsgäste aus Großbritannien, Dänemark und der Schweiz, aber die Zahl der begüterten Reisenden aus China, den Golfstaaten und Russland hat deutlich zugenommen. Hamburg Tourismus rechnet für 2013 mit 11,5 Millionen Übernachtungen nach 10,6 Millionen im vorigen Jahr.

Luxusmarken locken Touristen an

Neben den Musicals, die traditionell für einen beständigen Besucherstrom sorgen, sind es vor allem die Geschäfte voller Luxusmarken, die Gäste anlocken. Wallende Gewänder arabischer Frauen sind jetzt auch in der Hansestadt zunehmend im Straßenbild der Shoppingmeilen zu sehen.

Das schöne Foto vom Weihnachtsmarkt vor dem Hamburger Rathaus auf der Titelseite des Magazins von Emirates Airline hat offenbar einiges bewegt. Bereits vor ein paar Jahren hatte die sogenannte Brandmeyer-Studie des gleichnamigen Instituts zutage gefördert, dass die großartigen Einkaufsmöglichkeiten der Stadt Touristen anzögen; Kultursenatorin Barbara Kisseler bestätigte dies jüngst in einer Rede vor dem Tourismusverband Hamburg.

Kirchentag und Lions Convention haben in diesem Jahr ebenfalls schon konsumfreudige Käufer in die Metropole gebracht, die Hotels waren auch danach im sonst flauen Monat August bestens gebucht – und sind es noch.

Aber dafür wird auch einiges getan. Das Hotel „Atlantic“ beispielsweise erfreut seine VIP-Gäste mit einem Kärtchen, das ihnen im Alsterhaus Rabatt gewährt plus einem Shopping-Gutschein für das Edelkaufhaus.

Begleitservice für VIP-Shopper im Alsterhaus

Im Alsterhaus steht ein zweiköpfiges Team bereit, das die VIP-Shopper durchs Haus begleitet oder bei Bedarf schon mal eine Kollektion nach Wunsch bereitlegt, geordnet nach Farben, Anlässen, Marken oder Größen. Wenn eine Firma eine Gruppe solventer Käufer ankündigt, wird auch nach 20 Uhr bei geschlossener Ladentür noch verkauft.

Wie an der Perlenschnur finden Einkaufswillige die internationalen Luxusmarken aufgereiht am Neuen Wall. Von Bulgari über Budapester bis Bottega Veneta, von Hermès über Gucci, Cartier, Louis Vuitton, Montblanc, Omega bis Tiffany und Tumi ist alles vertreten, was international Rang und Namen hat und Nobel-Shoppers Herz höher schlagen lässt.

Der Drang in diese Straße ist ungebrochen. Demnächst zieht Chanel von der Kleinen ABC-Straße auf die ehemalige Dedon-Fläche, Rimowa wird mit seinen teuren Koffern neu hinzustoßen, ebenso Mulberry, das aufgefrischte britische Label für Taschen und Mode. Neue Läden werden in die Kaisergalerie in den Großen Bleichen ziehen, die am Platz des ehemaligen Ohnsorg-Theaters einen Durchgang zum Fleet schaffen wird.

Diese Woche wurde zudem bekannt, dass ein historischer Verwaltungssitz in ein Einkaufszentrum mit Wohnungen und einem Hotel umgewandelt wird. Aus der alten Baubehörde zwischen Stadthausbrücke und Neuem Wall soll ein weiteres Luxus-Quartier entstehen.

Immobilienbranche sieht Raum für mehr Einzelhandel

Insgesamt ist nach Ansicht der Immobilienbranche dennoch viel Luft nach oben. Im Vergleich hat die Hansestadt zu anderen deutschen Metropolen wie München beispielsweise relativ wenig Einzelhandel in der Innenstadt im Vergleich zur Einwohnerzahl. Zudem drängen Filialisten aus dem Ausland in die City. In der Stadt im Norden, das ist bekannt, ist die Kaufkraft noch groß im Vergleich zu Großstädten aus den europäischen Nachbarländern.

Im Kaufmannshaus (Große Bleichen) hat an der Fleetseite gerade ein lässig-elegantes Restaurant eröffnet. Das „Atelier F“ soll künftig ein Anlaufpunkt für Käufer sein, die mit Tüten kommen, auf denen Jil Sander steht, Tod’s oder Akris. Etro, Armani und Prada finden sie eine Ecke weiter an den Hohen Bleichen.

Doch auch Unger mit großer Dior-Abteilung, Möhring mit edler Hauswäsche und Waitz mit enormer Porzellan- und Glasauswahl, alles traditionelle Geschäfte in Privathand statt Filiale einer Luxus-Kette, profitieren von den Käufern, die nicht nur Brot und Butter einkaufen müssen.

Rena Lange und Kiton, Damen und Herrenmode, am Neuen Jungfernstieg neben „Vier Jahreszeiten“ und Überseeclub, ziehen ihre Kunden ebenso an, zusammen mit dem neuen Concept-Store Apropos, der Marken führt wie Dolce & Gabbana, Azzedine Alaia und Victoria Beckham. Die Inhaber machen keinen Hehl daraus, dass sie inzwischen mit zahlungskräftigen Kunden aus Asien, Russland und den Golfstaaten rechnen. Es ist noch nicht allzu lange her, da war das Sprachengewirr auf den Straßen übersichtlich und gut zu verstehen.

Aus den Golfstaaten kommen auch zahlreiche Gesundheitstouristen, die sich in den hiesigen Kliniken behandeln lassen, so wie es in München schon seit Jahren praktiziert wird. Sie bleiben meist mehrere Wochen, wohnen in Suiten oder hoteleigenen Appartements, wie sie das „Park Hyatt“ vermietet, und bringen zahlreiche Familienmitglieder mit, die gern einkaufen gehen: Schmuck, Schuhe und Kleider für die Damen, Fahrräder und Spielzeug für die Kinder, Technik für die Männer.

Vor allem Chinesen, Araber und Russen kommen

Eine wachsende Besuchergruppe sind Chinesen, die inzwischen öfter als Individualtouristen reisen dürfen, und nicht mehr wie früher nur als Mitglied einer Gruppe. Die Handelskammer, erfahren im Umgang mit Geschäftsleuten, hat darauf reagiert und für diese Klientel eine Art Knigge für das Verkaufspersonal des Einzelhandels zusammengestellt.

So sollte das Geschäft möglichst freies W-Lan zur Verfügung stellen, damit die Käufer Handy-Fotos von den begehrten Objekten nach Hause schicken können. Dort wird dann per Display begutachtet, ob es das Gewünschte ist oder die Farbe stimmt. Ein paar Wörter Chinesisch würden nicht schaden, heißt es außerdem, aber Native Speaker oder Dolmetscher seien nicht nötig. Der chinesische Kunde spreche meist Englisch und demonstriere seine Weltläufigkeit auch gern.

Anders die arabischen Kunden. Sie nehmen am liebsten das After-Hour-Shopping in Anspruch, das Einkaufen nach Ladenschluss. Allerdings lehnen sie als Muslime Champagner ab. Stattdessen trinken die arabischen Damen Fruchtsäfte und lieben es Marken zu tragen, deren Name oder Logo gut sichtbar auf der Ware prangt.

Auch russische Kunden haben meist sehr genaue Vorstellungen von der gewünschten Ware und statt der Kreditkarte holen sie gern mal Geldscheine von der Rolle mit Gummiband gehalten aus der Tasche. Hanseatische Kaufleute heißen sie alle herzlich willkommen.