Der Laden der Designermarke an der Luxus-Meile gibt auf. Starke Fluktuation und Baustellen mindern deren Attraktivität. Auch Dedon und die Krawatterie in der Nähe von Joop! haben geschlossen.
Hamburg. Vor vier Jahren herrschte in dem schlicht-schönen Geschäft am Neuen Wall noch eine ansteckende Aufbruchstimmung. Von einem „langfristigen Aufbau der Marke“, war die Rede, aus Hamburg heraus. Aus der Stadt, die der damalige Joop!-Designer Dirk Schönberger als „Herkunft und Zentrum der Marke“ bezeichnete. Zu der feierlichen Eröffnung an der Nobel-Adresse waren Stars und Sternchen wie der Stylist Armin Morbach und Schauspielerin Janin Reinhardt erschienen.
Jetzt sieht die Welt in dem Joop!-Store komplett anders aus. Das Flaggschiff des einst von Wolfgang Joop gegründeten Labels schließt am 28. September. „Wir hatten hier eine etwas versteckte Lage“, sagte am Dienstag eine Mitarbeiterin des 800 Quadratmeter großen Ladens am Neuen Wall. Die Laufkundschaft sei ausgeblieben – eine Erfahrung, die übrigens auch andere Geschäfte im hinteren Teil der Edel-Einkaufsmeile gemacht haben dürften, denn die Fluktuation war in den vergangenen Monaten hoch.
In der Nähe des Joop!-Ladens hat etwa der Möbelhersteller Dedon sein Geschäft aufgegeben. Zu den Abgängen an der Top-Adresse Neuer Wall gehört auch die Krawatterie. Baustellen mit verhängten Fassaden hatten das Bild der Shoppingmeile zuletzt getrübt. Allerdings glaubt Brigitte Engler vom City Management Hamburg nicht, dass die Straße grundsätzlich an Renommee verliert. Ausländische Touristen, besonders wohlhabende Chinesen, Araber und Russen suchten hier gezielt nach den großen europäischen Namen der Mode, sagte die Geschäftsführerin der City-Vereinigung. Tatsächlich sind neue Mieter im Gespräch, darunter für die Dedon-Fläche Chanel und für den Neuen Wall 84 Brioni. Auch die Neuvermietung des Joop!-Geschäftes soll unmittelbar bevorstehen, sagte Engler. Der Nachfolger sei jedoch noch nicht veröffentlicht. Für frischen Wind am Neuen Wall dürfte auch die Entwicklung der Stadthöfe sorgen, ergänzte Engler.
Verwirrung gab es derweil um die weitere Strategie bei Joop!. Auch wenn der Laden am Neuen Wall schließt, der Mutter-Konzern Holy Fashion suche in der Hansestadt nach einem neuen Standort, sagte Vorstandschef Reiner Pichler dieser Zeitung. Zuvor hatte allerdings die Marketingmanagerin der Schweizer Firma betont, derzeit plane Joop! bundesweit nur die Eröffnung eines neuen Stores in Düsseldorf. Dieser Standort im Kö-Bogen an der Königsallee sei der einzige Laden, den Joop! dann noch als eigenes Geschäft in Deutschland führen wolle, so die Holy-Managerin. Bei der Eröffnung des Joop!-Ladens in Hamburg hatte Holy noch vorausgesagt, dass dies der Beginn einer Expansionsstrategie sein solle. Der Kreativdirektor Dirk Schönberger, der die Designaufgaben verantwortete, die bis 2001 noch Wolfgang Joop innehatte, wollte der Marke ein neues Gesicht geben. Einen Wandel von der „Kaufhausmarke zur Kollektion mit Sex-Appeal" wollte der gebürtige Leverkusener mit der Traditionsmarke vollziehen. Mit dem Eigentümerwechsel vor gut vier Jahren war auch die in der Hansestadt angesiedelte Zentrale von Joop! mit 40 Mitarbeitern aufgelöst worden. Schon 1998 hatte Wolfgang Joop 95 Prozent seiner Anteile an die Hamburger Wünsche AG verkauft. 2001 folgte der Rest und eine Zeit häufiger Eigentümer- und Designerwechsel, die der Marke das Profil nahmen.
Auch heute scheint das Label, das mit einer ersten Kollektion von Wolfgang Joop 1978 geboren wurde, noch immer nicht in ruhiges Fahrwasser zu kommen. Reiner Pichler, Chef der Holy Fashion, die neben Joop! auch Marken wie Strellson und Windsor führt, steht kurz vor dem Verlassen des Konzerns. Er wechselt zu S.Oliver, seine Nachfolge ist bereits mit einer externen Führungskraft besetzt, deren Name die Firma aber noch nicht bekannt gegeben hat. Pichler war seit 2006 Chef der Holy Fashion Group und hatte sich beim Kauf von Joop! darüber gefreut, eine Marke mit dem Bekanntheitsgrad auf dem Niveau von Adidas erworben zu haben. Er nahm sich vor, mit Joop! anderen Marken Marktanteile abzujagen, und betonte, dies habe er bereits bei Strellson geschafft, bei Windsor und bei Tommy Hilfiger. Was die Zukunft für die Marke Joop! bringt, ist laut einem Branchenkenner noch nicht klar abzusehen. Es sei wahrscheinlich, sagte der Insider dem Abendblatt, dass der Vertrieb über Exklusiv-Shops forciert werden soll. So könnten die Hersteller die gesamte Marge abschöpfen und das Image pflegen. Andererseits habe das Profil der Marke durch die vielen Veränderungen gelitten, sodass vor dem Ausbau des Vertriebs noch intern eine Reihe von Hausaufgaben zu erledigen seien.
Die Tendenz internationaler Labels, sich in hochwertigen Shops darzustellen, dürfte auch den Neuen Wall davor bewahren, zur Leerstandsmeile zu verkommen. „Zwar stagniert die Kundenfrequenz in sehr guten Lagen, und zwar bundesweit“, betont Wolfgang Linnekogel, Chef des Hamburger Einzelhandels-Verbandes, allerdings nähmen dies viele Firmen bewusst in Kauf. Es gehe ihnen in dem elegant-elitären Flair des Neuen Walls nicht unbedingt um Umsätze, sondern um die Werbung für die Marke.