John Degenkolb siegt beim deutschen WorldTour-Rennen. Überschattet wurde das Jedermann-Rennen am Vormittag von drei schweren Stürzen. Zwei Teilnehmer erlitten dabei schwere Schädelverletzungen.

Hamburg. Endlich ist der Knoten geplatzt: Als erster einheimischer Radprofi nach Erik Zabel 2001 holte sich John Degenkolb den Sieg bei den Hamburg Cyclassics. Nach 246 Kilometern (5:45:16 Stunden) setzte sich der 24 Jahre alte Sprinter aus Gera gegen André Greipel durch und sorgte für einen deutschen Doppelsieg. „Das war mein erster großer Klassikererfolg – ich bin sehr stolz“, sagte Degenkolb, der im Finale „Angst hatte, dass André von hinten noch vorbei kommt“.

Auf den letzten 200 Metern kämpfte Degenkolb Mann gegen Mann gegen Greipel und ließ dem deutschen Straßenmeister keine Chance. Damit musste der gebürtige Rostocker auf der Mönckebergstraße wie im Vorjahr auch bei der 18. Austragung des einzigen WorldTour-Rennens hierzulande mit Rang zwei zufrieden sein. Er unterlag um eine halbe Radlänge. Dritter wurde der Olympiadritte Alexander Kristoff aus Norwegen.

Überschattet wurde das Jedermann-Rennen am Vormittag von drei schweren Stürzen. Zwei Teilnehmer erlitten dabei schwere Schädelverletzungen, ein weiterer wurde nach einem Herzinfarkt zunächst in Erstversorgung von einem Polizisten noch an der Strecke reanimiert. Das teilte das Deutsche Rote Kreuz (DRK) mit. Alle drei Verletzten konnten stabil ins Krankenhaus eingeliefert werden.

Großen Einsatz zeigte ein Teilnehmer der Jedermänner, der einen der Unfälle beobachtet hatte und beherzt eingriff. Der ausgebildete Anästhesist gab das Rennen auf, um einem der Verletzten mit Schädelhirntrauma erste Hilfe zu leisten. „Das kann man ihm gar nicht hoch genug anrechnen“, lobt DRK-Einsatzleiter Jürgen Mittas den Lebensretter. „Das war großartig.“ Insgesamt verzeichneten Polizei und DRK 70 Rettungseinsätze auf der Strecke in Hamburg und Niedersachsen. 34 verletzte Radrennfahrer im Raum Hamburg mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden.

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Rund 800.000 Zuschauer an der Strecke feuerten die 22.000 Hobbyradfahrer und mehr als 160 Radprofis an. Die ersten Jedermänner kamen bereits um kurz vor 9 Uhr ins Ziel. Schnellster männlicher Radler auf 55 Kilometer war Andreas Mollard, der nur eine Stunde, 19 Minuten und 55 Sekunden für die Strecke brauchte. Schnellste Frau auf der gleichen Distanz war Susanne Rautenberg, die weniger als eine Minute mehr brauchte, als Mollard. Gewinner in der Kategorie über 100 Kilometer sind Tobias Joram und Susanne Plambeck.

Unter die Jedermänner mischte sich auch Hamburger Prominenz: So sind neben Sportsenator Michael Neumann auch der Tagesschau-Moderator Thorsten Schröder und sein Kollege Marc Bator mit dabei gewesen. Sonst sportlich normalerweile im Wasser zu Hause, hat Schwimmstar Steffen Deibler am Sonntag das erste Radrennen seines Lebens bestritten.

Die Strecken, von der Innenstadt heraus in die Metropolergion Hamburg und zurück, wurden für den öffentlichen Verkehr komplett gesperrt. Zieleinlauf war auf der Mönckebergstraße.

„Was ich wahnsinnig toll finde, ist, dass in Hamburg schon morgens eine solche Stimmung herrscht“, sagte Rennleiter Roland Hofer begeistert. Besonders reizvoll findet er die Verbindung von Amateuren und Profis: „Es ist immer ein Riesenspektakel, wenn sich Jedermänner und Profis an der Strecke begegnen.“

Allerdings herrschte in der Innenstadt nicht nur Volksfest-Stimmung: So formierte sich vor der Petri-Kirche an der Rennstrecke Protest gegen Cyclassics-Sponsor Vattenfall. Laut Polizei war die Protestveranstaltung offiziell angemeldet. Dass die Umweltaktivisten dabei aber in Bäume und auf Lichtmasten kletterten und Banner mit der Aufschrift „Tschüss, Vattenfall“ in die Luft hielten, war so weder vorgesehen noch angemeldet. Da aber weder Personen gestört noch gefährdet wurden, hat die Polizei entschieden, sie zunächst gewähren zu lassen.