700 Menschen verhinderten eine Demonstration von Anhängern einer rechtsgerichteten Gruppierung gegen die Umwidmung der leerstehenden Kapernaumkirche zur Moschee. Ausschreitungen am Bahnhof.
Hamburg. Mit Blockaden haben am Sonnabend Demonstranten an der Sievekingsallee eine Demonstration von Anhängern einer rechtsgerichteten Gruppierung verhindert. Anmelder Stephan B. verzichtete auf die Durchführung seiner Kundgebung, die sich gegen die Nutzung der bereits vor Jahren entwidmeten und leerstehenden Kapernaumkirche als Moschee richten sollte. Zuvor war nicht nur der Weg zum ursprünglich geplanten Kundgebungsort blockiert gewesen. Mit 16 Teilnehmern waren auch weit weniger Unterstützer angereist, als B. gedacht hatte. Er hatte mit 100 Teilnehmern gerechnet. Einen Ausweichort für die Kundgebung nutzten sie nicht mehr.
Zu Ausschreitungen kam es noch einmal am Bahnhof Horner Rennbahn, als plötzlich eine Handvoll Anhänger der Gruppierung auftauchten. Sie musste von der Polizei eng eskortiert werden, bevor sie fast fluchtartig in einem Mannschaftswagen weggeschafft wurden. Zahlreiche Demonstranten, die dem linken und linksautonomen Umfeld zuzurechnen waren, attackierten die Gruppe und die zu ihrem Schutz eingesetzten Polizisten.
Insgesamt hatte die Polizei 800 Beamte in Horn eingesetzt. Laut Einsatzleitung gab es keine Verletzten, keine Fest- oder Ingewahrsamnahmen. Die Zahl der Demonstranten, die gegen den Aufmarsch protestierten, wird mit rund 700, darunter 200 gewaltbereite Linksautonome, beziffert.
Al-Nour-Verein wirbt für „ein buntes Miteinander“
„Es geht um Nachbarschaft mit Respekt, Toleranz und Religionsfreiheit“, sagte Pastorin Fanny Dethloff, Flüchtlingsbeauftragte der evangelischen Nordkirche, auf der Kundgebung. Sie sei stolz darauf, dass Hamburg den ersten Staatsvertrag mit den muslimischen Verbänden geschlossen habe. Und sie sei froh, dass die ehemalige Kapernaumkirche ein Gotteshaus bleibe und keine Markthalle oder ein Autohandel werde, sagte sie.
Die Kapernaumkirche in Hamburg-Horn war bereits 2002 aus Kostengründen entwidmet und verkauft worden. Ende 2012 wurde sie von dem islamischen Hamburger Al-Nour-Verein erworben. Al-Nour (arabisch = das Licht) will das denkmalgeschützte, aber mittlerweile dringend sanierungsbedürftige Gebäude für 1,5 Millionen Euro in eine Moschee umbauen. Sie soll bereits am 3. Oktober eröffnet werden.
Daniel Abdin, Vorsitzender von Al-Nour, warb für Toleranz und „ein buntes Miteinander“. „Wir Muslime sind auch Hamburger und gehören zur deutschen Gesellschaft“, sagte er auf der Kundgebung. Die Moschee-Gemeinde sei froh, nach acht Jahren vergeblicher Suche nach einer würdevollen Unterkunft endlich aus der Tiefgarage herauszukommen, die man bisher als Gebetsraum genutzt habe. „Wir wollen den Stadtteil Horn nicht islamisieren“, sagte er.
SPD-Abgeordneter erschrocken über Reaktionen
Der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Wolfgang Rose sagte, er sei erschrocken gewesen über manche „rückwärtsgewandten und ablehnenden Reaktionen“ der christlichen Kirchen und der Hamburger CDU. Namentlich nannte er den ehemaligen Michel-Hauptpastor Helge Adolphsen und den katholischen Weihbischof Hans-Jochen Jaschke, die sich kritisch zur Moschee geäußert hatten. „Das hat mich entrüstet“, sagte Rose.
Unter dem Motto „Gotteshäuser sollen versöhnen, nicht spalten“ hatte Rose bereits am 10. Februar einen Aufruf für den partnerschaftlichen Umgang mit religiöser und kultureller Pluralität gestartet. Er wurde mittlerweile von über 100 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens unterzeichnet, darunter Pastoren, Professoren, Abgeordnete, Künstler und Gewerkschafter.
Das Hamburger Bündnis gegen Rechts bezeichnete das Engagement gegen Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Rechtsextremismus und Rassismus als „zentrale Aufgabe der Gesellschaft“. Man werde das Grundrecht auf Religionsfreiheit „gegen rassistische Angriffe verteidigen, unabhängig davon, ob wir selbst gläubig sind oder fundierte Kritik an Religionen haben“.