Vor gut neun Jahren scheiterte ein Verbot der NPD. Nun wird über einen erneuten Anlauf diskutiert. Murck: Gesammeltes Material reicht.

Hamburg. Hamburgs oberster Verfassungsschützer Manfred Murck räumt einem möglichen neuen Anlauf für ein Verbot der rechtsextremen NPD begründete Chancen ein. Das 1200 Seiten starke Material, das eine Arbeitsgruppe der Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern gesammelt habe, stütze nach seiner Einschätzung die Forderung nach einem NPD-Verbotsverfahren, sagte Murck. „Sehr viele Einzelbelege zeigen den rassistischen, neonazistischen und demokratiefeindlichen Charakter der NPD.“ Eine abschließende Bewertung, auch durch die Innenminister, stehe aber noch aus, sagte der Leiter des Hamburger Landesamtes für Verfassungsschutz.

Innerhalb des Verfassungsschutzverbundes arbeite man seit Februar sehr konzentriert an den Grundlagen für ein neues Verfahren. sagte Murck. Es seien zunächst die Kriterien aufgestellt worden, die berücksichtigt werden müssten, damit man nicht dieselben Fehler wie 2003 mache. „Dazu gehörte auch, alle V-Leute in Führungspositionen auf Bundes- und Landesebene abzuziehen“, sagte der Verfassungsschützer.

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Vor neun Jahren war das erste Verbotsverfahren gescheitert, weil der Verfassungsschutz unter anderem in der Parteispitze Informanten hatte. Auch bei einem erneuten Anlauf gebe es natürlich Risiken, „aber man sollte ein eventuelles Scheitern nicht vorab zum GAU erklären“, meinte Murck.

Es sei seines Erachtens wichtig, dass diesmal das Bundesverfassungsgericht selbst darüber urteile und damit auch für eventuelle weitere Verfahren klarstelle, „was wirklich an Belegen reicht, um eine solche Partei zu verbieten oder ob die Schwellen noch höher liegen als bei der NPD heute“. Das letzte Verfahren sei ja schon vor der mündlichen Beweisaufnahme gescheitert.

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Nach Ansicht von Murck wäre es für die politische Diskussion gut, wenn sich Bundesrat, Bundestag und Bundesregierung geschlossen für einen Verbotsantrag aussprächen. Dann könnte – zumindest nach dem Fahrplan der Innenminister – Ende des Jahres klar sein, ob ein Verbotsantrag eingereicht werde oder nicht. Für ein Verbot muss der NPD vor dem Bundesverfassungsgericht nachgewiesen werden, dass sie aggressiv-kämpferisch gegen die demokratische Grundordnung vorgeht.

Das Landesamt für Verfassungsschutz stuft in der Hansestadt 450 Menschen als Mitglieder oder Unterstützer rechtsextremistischer Bestrebungen ein. „Was den härteren, gewaltorientierten Kern betrifft, liegen wir in Hamburg bei 180 Leuten, zumeist sind das Neonazis“, erläuterte Murck. Der NPD-Landesverband mit 140 Mitgliedern sei seit einigen Jahren stark neonazistisch geprägt und entsprechend aktionsorientiert.

(dpa)