Der Strafrechtler steht oft im Rampenlicht - er verteidigte auch Alexander Falk und ein Mitglied der Osmani-Familie.
Eigentlich wollte Thomas Bliwier Lehrer werden. Nachdem er selbst einst schlechte Erfahrungen mit der Strafjustiz machte, sattelte er um und studierte Jura. Heute ist er Strafverteidiger von Ahmad-Sobair Obeidi.
Der 24 Jahre alte Afghane muss sich derzeit vor dem Schwurgericht wegen Mordes verantworten, weil er seine jüngere Schwester Morsal (16) mit 23 Messerstichen tötete, da ihm ihr westlicher Lebenswandel nicht gefiel. "Eine schlimme persönliche Tragödie zwischen zwei Geschwistern", sagt der 54-Jährige. "Dieser Fall hat mich schon sehr berührt." Ist Verteidigung Kampf, wie es ein berühmter Strafverteidiger-Kollege einst formulierte? "Ja, immer", sagt Bliwier energisch. So kämpft er auch im Fall O., als Wahlverteidiger, privat bezahlt, aus dem Kreis des Mandanten. Mord, heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen begangen, ist angeklagt, auf Totschlag, will er hinaus. Auf verminderte Schuldfähigkeit.
Bliwier sitzt in einem Büro in Barmbek, nur ein paar Strafakten liegen auf dem Tisch. An der Wand: ein Bild von sich und seiner Frau, beim Berlin-Marathon. Auch sie ist Strafverteidigerin. Er läuft gerne, spielt Golf, mag Belletristik. "Beim Marathon muss man auch ausdauernd sein", sagt er lächelnd. Wie bei der Verteidigung. Der Sohn eines Büchsenmachers und einer Schneiderin wuchs in Osdorf auf, ging in Blankenese zur Schule - und studierte zunächst ein paar Semester, "auf Lehramt". Soziologie, Pädagogik, Geschichte. Bei einer Demo für bessere Freizeitmöglichkeiten von Jugendlichen geriet er mit der Polizei aneinander. Bekam einen Strafprozess wegen Widerstands. Er wurde freigesprochen. "Das war eine Art Initialzündung", Bliwier absolvierte die einstufige integrierte Juristenausbildung. Und wurde 1984 Anwalt. "Von Anfang an wollte ich Strafverteidiger werden", sagt er, "aus einer Art Gerechtigkeitsgefühl heraus." Seit 17 Jahren ist er mit seiner Frau als Partner in der eigenen Kanzlei. "Da diskutieren wir natürlich auch privat manche Fälle, man kann schwer abschalten."
Fälle, die Aufsehen erregten, hat der Anwalt mittlerweile zuhauf. Mit Kollegen vertrat er den Millionär und Stadtplan-Erben Alexander Falk, der wegen versuchten Betrugs verurteilt wurde. Bliwier war auch Anwalt eines Mitglieds des berüchtigten Osmani-Clans, vertrat ihn wegen Untreue. Er wollte in beiden Fällen jeweils auf Freispruch hinaus - vergebens. Beide Mandanten wurden zu Haftstrafen verurteilt. Ohne Bewährung.
Niederlagen für den Starverteidiger? Bliwier: "Nein, das würde ich so nicht sagen." Der Falk-Prozess sei "eine erbitterte hochemotionale Schlacht gewesen". Aber: "Beide Verfahren sind noch nicht rechtskräftig, man muss immer sehen, was vorher angeklagt war und was am Ende herauskommt." Entscheidend sei: "Man muss alles geben bei der Verteidigung, dann honoriert es auch der Mandant." Stichwort Honorare. Haben Mandate wie die von Falk und Osmani ihn reich gemacht? Bliwier lächelt vieldeutig, winkt ab: "Nein, weder reich noch wohlhabend." Sagt er. Nicht jedes Mandat würde er übernehmen. "Nazis verteidige ich nicht." Und Kinderschänder? "Kommt auf den Einzelfall an." Er hat einen Sohn (26), der ist kein Jurist. Wo zieht Bliwier Grenzen? Würde er Terroristen verteidigen? "Die Frage stellte sich bisher nicht bei mir", sagt Bliwier und fügt hinzu. "Gott sei Dank."
Bei allem Kampf für das Recht will Bliwier nicht immer alles wissen vom Mandanten. "Ich frage sie nicht aus wie ein Ermittler." Aber natürlich brauche man eine gemeinsame Basis, könne etwa nicht an der Beweislage der Akten vorbeiverteidigen. Von "Deals" mit dem Gericht hält er nichts, da bleibe oft die Wahrheit auf der Strecke. "Das oberste Interesse ist das des Mandanten, das muss man gemeinsam besprechen." Auch im Fall O. Am 5. Januar 2009 kämpft Bliwier dort weiter. Bis zum Urteil.