Senat hat ehrgeizige Ziele: Strenge Isolierungsvorschriften für Neubauten, Stadtbahn und öffentliche Stadtwerke sollen helfen, den Kohlendioxid-Ausstoß um 40 Prozent zu senken.
Vielleicht waren am Ende auch ehrliche Worte entscheidend. "Hamburg ist nicht die ideale Stadt, die bereits alle Probleme gelöst hat", sagte Umweltstaatsrat Christian Maaß (GAL), als er die Hansestadt der Europäischen Union für den Wettbewerb der "Green Capital" vorstellte. In einer Stadt, wo 1,5 Kilometer Luftlinie vom Rathaus entfernt die Norddeutsche Affinerie tonnenweise Kupfer produziert, müssten eben besondere Lösungen gefunden werden, sagte der gelernte Umwelt-Rechtsanwalt. Trotzdem hat Hamburg gestern den Titel der EU-Umwelthauptstadt gewonnen, allerdings erst für das Jahr 2011. Bis dahin hat sich der schwarz-grüne Senat zwar vieles vorgenommen, doch Skeptiker fordern nun, diesen Plänen auch Taten folgen zu lassen.
Um den Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid bis zum Jahr 2020 um ehrgeizige 40 Prozent zu senken, hat der Senat unter anderem folgende Ziele festgelegt: Die Wärmedämmung von Gebäuden soll Energie für die Heizung sparen. Zudem gelten für Neubauten nun die strengsten Isolierungs-Auflagen im Bundesgebiet. Das Nahverkehrssystem soll um eine Stadtbahn erweitert werden, zudem prüft die Behörde eine Sperrzone für ältere Fahrzeuge in der Innenstadt. Die GAL hat zudem öffentliche Stadtwerke angekündigt, um den Anteil von Strom aus erneuerbaren Energien in Hamburg deutlich anzuheben.
Politiker der GAL begrüßten den Sieg Hamburgs euphorisch, als sie die Nachricht gestern Abend während einer Fraktionssitzung erreichte. Umweltpolitikerin Jenny Weggen sieht darin vor allem einen Verdienst ihrer Partei. Sie sagte: "Grünes Regieren wirkt, wichtige Ideen kamen aus der Umweltbehörde."
Die Opposition, aber auch Hamburger Umweltverbände, wollen diese Meinung allerdings nicht teilen. "Das sind Vorschusslorbeeren", sagte SPD-Umweltpolitikerin Monika Schaal. Zwar habe die CDU bereits vor zwei Jahren mehr als 200 Maßnahmen zum Umweltschutz beschlossen, nach den Koalitionsverhandlungen mit der GAL seien dann noch 83 hinzugekommen - doch außer Umweltpartnerschaften mit Firmen werde davon nicht viel umgesetzt, sagte Schaal. "Im Bereich der Wärmedämmung ist nach nun fast einem Jahr fast nichts passiert." Dora Heyenn (Die Linke), begrüßte zwar die Auszeichnung, fügte jedoch hinzu: "Wir dürfen uns nun aber mit angeblichen Schadstoff-Bilanzen nicht die Wahrheit schönrechnen." Und BUND-Chef Manfred Braasch sagte: "Man kann den Preis nur akzeptieren, wenn man einige Ereignisse in der Vergangenheit ausblendet, etwa die Zerstörung des Mühlenberger Lochs." Naturschutzbund-Geschäftsführer Stephan Zirpel bezeichnete den Preis gar als "Witz". Hamburgs Defizite seien unübersehbar, etwa die Feinstaubproblematik, Belastung durch die HafenCity und Abgase der Schiffe im Hafen. Zudem seien die Themen Naturschutz und Artenvielfalt in der Tier- und Pflanzenwelt beim Wettbewerb ausgeblendet worden. "Das Ganze klingt wie eine Marketingidee", sagt Zirpel. Anscheinend habe die Jury die Kriterien flach gehalten, damit sich Großstädte wie Hamburg für den Preis bewerben können.
In zwei Jahren wird sich Hamburg als "Green Capital" feiern dürfen. Bis dahin hat der Senat nun Zeit, alle davon zu überzeugen.