Gut verdienende Eltern sollen künftig 452 Euro im Monat mehr bezahlen. Auch höhere Beiträge für das Essen in den Horten sorgen für Protest. Verbände und Opposition kritisieren Pläne der schwarz-grünen Regierung.
Hamburg. Laut Sparplänen des Senats sollen auch Eltern von behinderten Kindern künftig deutlich mehr für Betreuungen in Kitas bezahlen. Galt bisher eine Pauschale unabhängig vom Einkommen, will die Sozialbehörde nun Gebühren nehmen, die auch Eltern nicht behinderter Kinder zahlen. Wie aus einem Entwurf des Senats hervorgeht, bedeutet das für Gutverdiener künftig: 483 Euro statt bisher 31 Euro monatlich, Familien mit geringem Einkommen zahlen 55 Euro statt bisher 31 Euro. Laut der von Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) geführten Behörde betrifft dies rund 1800 Kinder. Innerhalb von zwei Jahren sollen demnach 3,6 Millionen Euro gespart werden. Ab August könnten die neuen Beiträge gelten.
"Hier wird gleich gemacht, was nicht gleich ist", kritisierte Martin Eckert, Geschäftsführer von "Leben mit Behinderung". Zu befürchten sei, dass die ohnehin belasteten Familien ihre Kinder verstärkt aus der Kita abmeldeten, was auch für die Integration schädlich sei. Eckert kritisierte zudem die Absenkung des Betreuungsanspruchs, der nur noch bis zur sechsten Klasse gelten soll: "Schon die bisherige Altersgrenze bis zum 14. Lebensjahr schließt Jugendliche aus, die nicht stundenweise alleine bleiben können."
Wie das Abendblatt berichtete, will die Sozialbehörde bis 2011 rund 30 Millionen Euro Mehrkosten auf die Eltern umlegen. Bereits ab 15. Mai wird das Essen in Kitas demnach von monatlich 13 Euro auf 21 Euro teurer, das Essen für schulpflichtige Kinder steigt auf 42 Euro monatlich. Zudem werden die Beiträge ab August für Besserverdiener um bis zu 100 Euro monatlich steigen. Für Geschwister, die gleichzeitig Kitas besuchen, gelten weiter Ermäßigungen (siehe Kasten).
Opposition und Verbände kritisierten die Sparpläne: "Wieder einmal fragt man sich, wofür der Senat Geld hat und wofür nicht", sagte SPD-Familienexpertin Carola Veit. Mit dem Argument, dass gut verdienende Ehepaare sich höhere Gebühren leisten können, blende der Senat Familien aus, "die schon mit moderaten Mehrkosten Schwierigkeiten bekommen würden." Zum teureren Essen sagte Mehmet Yildiz (Linke): "In Hamburg kommen seit Jahren immer mehr Kinder hungrig zur Schule, trotzdem spart der Senat am Essen der Kleinsten." Der Landeselternausschuss Kindertagesbetreuung signalisierte, eine Gebührenerhöhung sei nur akzeptabel, wenn damit mehr Qualität verbunden sei. "Das können wir aber nicht feststellen. Eltern sollen nicht für Haushaltslöcher bezahlen", sagte Vorsitzender Bodo Heuer. Die Diakonie begrüßte zwar, dass Besserverdienende nun stärker in die Pflicht genommen würden, kritisierte jedoch, dass auch Hartz-IV-Empfänger mehr für Kita-Essen zahlen sollen: "4 Euro mehr im Monat hört sich wenig an, ist aber mit den Bezügen nicht zu leisten", sagte Vorsitzende Gabi Brasch. Auch der Elternkammer-Vorsitzende Peter Albrecht kritisierte die Erhöhung des Beitrags für das Hortessen: "Diese Steigerung um 220 Prozent wird erhebliche Verärgerung hervorrufen", sagte Albrecht. Er befürchte, dass Eltern mit hohen Einkommen ihre Kinder aus den Horten abmelden könnten, weil sie von der Beitragserhöhung besonders betroffen sind. "Das kann für den Senat nach hinten losgehen, weil dann die Einnahmen einbrechen." Im Kita-Bereich warnt Albrecht vor einer "Zwei-Klassen-Gesellschaft", wenn Eltern ihre Kinder aufgrund höherer Kosten vom Essen abmeldeten.
Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) sagte, die Maßnahmen seien "durch wegbrechende Steuereinnahmen" begründet. Sämtliche Beschlüsse gingen auf die Sparklausuren des Senats zurück, zudem fließe "jeder Cent" aus den höheren Beiträgen in den Ausbau des Kita-Systems. Zudem seien Beiträge seit 2000 nicht erhöht worden. Dennoch mache der neue Elternanteil "nur 20 Prozent" der künftigen Mehrkosten von rund 150 Millionen Euro aus. Zur Verschiebung des Betreuungsanspruchs für Zweijährige auf 2013 sagte Wersich, Hamburg sei "sehr stolz", dass jedes Kind ab der Geburt einen Anspruch auf Betreuung habe. "Die Verschiebung betrifft nur Familien, bei denen ein Elternteil ganz zu Hause ist."