Investor Karl Ehlerding auf Einkaufstour. Die Hansestadt hat er aber nicht im Visier. Das Problem: “Hier sind die Immobilienpreise zu hoch.“
Hamburg. 15. Stock am Sandtorkai. Der Hamburger Investor Karl Ehlerding scheut eigentlich die Öffentlichkeit. Dennoch geht er für das Abendblatt-Foto auf die Dachterrasse. Danach kehrt er in die 310 Quadratmeter umfassenden Büroräume zurück. Sie bieten viel Platz - für nur fünf Mitarbeiter. Ehlerding mag es ruhig. Hier zwischen Elbphilharmonie und Michel ist seine Schaltzentrale. Hier fädelt er Deals ein, wie etwa die Übernahme von Unternehmen. Besiegelt werden die Geschäfte oftmals in seinem Lieblingsrestaurant Alt-Hamburger Aalspeicher. Manchmal kommt dann sogar der Notar in das Restaurant und macht die Verträge.
Zu den jüngsten Coups des Mannes, der morgen 70 wird, zählt die Gründung des Hamburger Unternehmens Kommunales Wohnen AG (KWG). Inzwischen besitzt die Firma 10.000 Wohnungen in Berlin, Wuppertal, Düsseldorf, Braunschweig, Dresden und Erfurt. "Wir wollen weiter wachsen", sagt er und sondiert Zukaufmöglichkeiten. "Derzeit haben unsere Wohnungen einen Börsenwert von 550 Euro pro Quadratmeter. Diesen wollen wir auf 950 Euro steigern." Hamburg hat er aber nicht im Visier. "Hier sind die Immobilienpreise zu hoch."
Wenn der Sohn eines Krabbengroßhändlers aus Bremerhaven eine gute Gelegenheit sieht, reagiert er schnell. Schon als Student handelte er erfolgreich mit Volkswagen-Aktien. "Bei der Privatisierung von VW wurden Aktien im Wert von 350 Mark angeboten. Als junger Mann gab es für mich noch einen Sozialrabatt von 70 Mark sowie einen Studentenrabatt in gleicher Höhe." Somit zahlte der Investor, der 1962 in Hamburg Betriebswirtschaftslehre studierte, gerade mal 210 Euro. Der Aktienkurs stieg. Als Ehlerding die Papiere bald darauf verkaufte, wurden aus 3000 Mark mehr als 40.000.
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Ehlerding wollte schon als junger Schüler die Welt der Wirtschaft erkunden. "Ich hatte immer gute Lehrer in der Schule und an der Universität." Während andere Studenten wenig Lust auf Vorlesungen über Bilanzrecht und Ähnliches hatten, brannte er bereits innerlich. "Ich freute mich über jede Vorlesung." Ehlerding hat sein Wissen genutzt. Er beteiligte sich an Unternehmen wie der Jute AG, Klöckner, Eisenbahnfirmen oder Spar. Er war Herr über Tausende Arbeitsplätze. Für den Handelskonzern Spar ging das allerdings nicht gut aus. Ehlerding verkaufte die Läden von Eurospar an den US-Konzern Wal-Mart, der inzwischen nicht mehr in Deutschland aktiv ist. Die restlichen Filialen gingen an die französische Kette Intermarché. Auch diese verabschiedeten sich wieder vom Markt, Spar kam bei Edeka unter. Hat Ehlerding bei Spar dazu beigetragen, dass ein Unternehmen auf einmal wirtschaftlich schlecht dastand? "Nein", sagt er entschieden. "Wenn ich damals bei Spar nicht eingestiegen wäre, wären die pleite gewesen."
An dem freundlich wirkenden Investor scheiden sich die Geister. Einige behaupten, er schade den übernommenen Unternehmen, andere loben ihn für deren Rettung. "Ich mache nichts Ungesetzliches", sagt er. "Ich nutze nur allgemein zugängliches Wissen." Auch bei den alten Firmenmänteln, die er an der Börse aufstöbert, übernimmt und auswertet, laufe alles völlig legal. Mit solchen "Mänteln" können Unternehmen schneller an die Börse gehen, da die Aktien dieser Firmen bereits gelistet sind. Das spare Kosten. Steuerlich richtig lukrativ wird das Geschäft, wenn ein Unternehmen noch Verlustvorträge aufweisen kann. "Der US-Investor Warren Buffett ist damit reich geworden", sagt Ehlerding.
Seine früher sehr erfolgreich agierende Firma WCM (Württembergische Cattun Manufactur) kam über einen "Mantel" an die Börse. Ehlerding machte aus der WCM ein bedeutendes Unternehmen für Beteiligungen und Immobilien mit 80 000 Wohnungen. Anfang 2000 war die WCM an der Börse sieben Milliarden Euro wert. Ehlerding, der zusammen mit seiner Familie zu den Hauptaktionären gehörte, zählte zu den reichsten Deutschen.
In den vergangenen Jahren ist es ruhig geworden um den Mann, der aus 3000 Mark drei Milliarden Euro gemacht und sich dann aber bei einem Übernahmeversuch der Commerzbank gründlich verrechnet hat. Ehlerding hatte im Jahr 2000 gemeinsam mit Partnern einen Anteil der Commerzbank erworben. Ziel war es, das Paket an die damals noch selbstständige Dresdner Bank zu verkaufen. Doch dann sank der Kurs des Commerzbank-Anteils, gleichzeitig ging es auch mit den WCM-Aktien bergab. Die Banken stellten Kredite fällig. Es kam eine schwierige Zeit, als der erfolgsverwöhnte Investor 2003 mit den Banken wegen seiner Schulden verhandeln musste. "Das führte dazu, dass mein Vermögen nun eine Null weniger hat." Das scheint ihn aber nicht zu stören. "Meine Frau Ingrid und die beiden Söhne standen hinter mir. Wir haben Tag und Nacht zusammengesessen." Das gab ihm Kraft.
Ehlerding ist nicht der Mann, der lange wegen einer Niederlage mit sich hadert. Auch wenn er kaum noch in der Öffentlichkeit zu sehen war, machte er weiter das, was ihn schon zu Jugendzeiten ein Vermögen einbrachte. Ehlerding kauft Firmen wie vor eineinhalb Jahren die Lloyd-Werft in Bremerhaven, die Schiffe repariert und verlängert. Auch die Sebeckwerft gehört ihm. "Ich habe sie für den Offshore-Bereich umgerüstet. Als ich den Betrieb kaufte, hatte die Werft 350 Mitarbeiter, heute sind es 100 mehr."
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Dass er, der Firmenkäufer, der hauptsächlich unterbewertete Unternehmen übernimmt, auch Arbeitsplätze schafft, ist ihm wichtig. Denn Investoren wie er haben eher den Ruf, dass sie wegen ungezügelter Gier, Geld aus den Unternehmen herauspressen. "Das habe ich nie getan", sagt der 69-Jährige.
Auch privat verzichte er auf einen ausschweifenden Lebensstil. Ehlerding meidet Partys, wohnt in einem Haus in Niendorf, hat kein Privatflugzeug oder sonstigen Luxus. "In genieße die Nähe zum Niendorfer Gehege. Dort jogge ich morgens und abends jeweils 20 Minuten." Geld ausgeben darf seine Frau. Ihre vor 19 Jahren gegründete Ingrid-Ehlerding-Stiftung kümmert sich um benachteiligte Kinder. So finanziert die Stiftung mehrere Bauernhöfe, darunter auch einen an der Ostsee, in denen Kinder Ferien machen können.
Ehlerding hat auch mal gespendet, 1998, sechs Millionen Mark an die CDU für eine Anzeige, die kurz vor der Wahl in jeder deutschen Zeitung stand. Der Grünen-Politiker Rezzo Schlauch witterte daraufhin eine Spendenaffäre. Es gab einen Untersuchungsausschuss, der jedoch kein Fehlverhalten feststellte. "Die Dinge, die man damals über mich verbreitete, haben mich mehr belastet als die Verhandlungen mit den Banken im Jahr 2003", sagt er. Spenden an Parteien will der Hamburger Investor deshalb künftig vermeiden.