Die Jenfelder wollen die Unterbringung von Sicherungsverwahrten um jeden Preis verhindern. “Die Frauen haben bereits jetzt ein mulmiges Gefühl.“
Hamburg. Die Pappschilder hat Ralf Sielmann schon bereitgestellt. Das Gelände haben er und seine mehr als 100 Mitstreiter im Blick. Per E-Mail informiert er sie über die aktuellen Entwicklungen. Die Anwohner Jenfelds haben sich vorbereitet auf ihre neuen Nachbarn. Mit einer Demo wollen sie die ehemaligen Sicherungsverwahrten Hans-Peter W. und Karsten D., die der Senat in einem Haus an der Straße Elfsaal unterbringen will, begrüßen.
"Wir wollen es den Herren hier so unangenehm wie möglich machen", sagt Sielmann, der keineswegs ein unbekanntes Gesicht ist und Erfahrungen mit Protestaktionen hat. Er gehörte zum Team von Schulreform-Gegner Walter Scheuerl, der die Volksinitiative "Wir wollen lernen" gegründet hatte.
Nun will er sich mit anderen Jenfeldern gegen den Umzug des Sexualstraftäters Hans-Peter W. und des wegen Totschlags verurteilten Karsten D. in das Wohngebiet wehren. "Die Frauen haben bereits jetzt ein mulmiges Gefühl", sagt Sielmann. Zudem befänden sich zwei Schulen und drei Kitas in der Nähe des gelben Klinkerbaus, der für ein Jahr das Zuhause der verurteilten Schwerverbrecher werden soll. Wie der Tagesablauf und die Überwachung der Männer in dem ehemaligen Altenheim am Elfsaal aussehen wird, erläuterten die Justizsenatorin Jana Schiedek, Innensenator Michael Neumann und Sozialsenator Detlef Scheele (alle SPD) rund 300 Bürgern am Dienstag in der Helmut-Schmidt-Universität. Doch sie wurden regelrecht überrollt von der Angst und der Wut der Jenfelder, und es kam zu tumultartigen Szenen. "Wir hoffen, die Senatoren haben begriffen, dass wir ihr Vorhaben nicht akzeptieren werden", sagt Sielmann.
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Doch die Behörden halten an ihrem Plan fest. "Es war uns wichtig, dass wir uns den Fragen der Anwohner stellen", sagte Jana Schiedek gestern. "Dabei war uns klar, dass wir nicht nur auf Zustimmung stoßen werden und dass dies auch deutlich geäußert wird." Die Behörden seien weiterhin offen für die Sorgen und Ängste der Bürger. Schiedek: "Auch mit den ehemals Sicherungsverwahrten werden wir die Gespräche fortsetzen."
Dass Hans-Peter W. und Karsten D. noch bereit sind, in dem Haus in Jenfeld zu leben, bezweifelt der Rechtsanwalt Ernst Medecke, der die Männer vertritt. "Ich werde meinen Mandanten zudem davon abraten, dorthin zu ziehen", sagte Medecke gestern dem Abendblatt. "Ich bin empört, dass die Anwohner fast zur Lynchjustiz aufgerufen haben." Die drei Senatoren hätten nicht den Mut gehabt, aufzustehen und dagegen anzuhalten. "Das ist feige", sagte Medecke.
Nach dem Plan des Senats sollen die Ex-Sicherungsverwahrten von rund 40 Polizisten im Schichtdienst rund um die Uhr bewacht werden. Kosten: zwei Millionen Euro pro Jahr. Hans-Peter W., der 1980 zwei Frauen vergewaltigt hatte, war bereits im Juli 2010 aus der Justizvollzugsanstalt Freiburg entlassen worden und nach Hamburg gezogen. Das hat die Stadt bislang mehr als eine Million Euro gekostet. Denn neben der sozialen Betreuung (55 000 Euro) und der Gebäudeanmietung plus Renovierung (30 000 Euro) hat vor allem die Bewachung des Mannes hohe Kosten verursacht. Laut einer Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bürgerschaftsabgeordneten Martina Kaesbach betragen die Kosten für einen Polizisten, der einen ehemaligen Sicherungsverwahrten observiert, im Jahr rund 50 000 Euro. Hans-Peter W. wird rund von 20 Polizisten bewacht.