Ein Dutzend Protestler unterbrach die Rede Ackermanns bei einer Versammlung. Der Deutsche-Bank-Chef bezeichnete sie als feige.

Der Vorstandschef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, hält ein Festhalten an Europa für unabdingbar. „Es gibt keinen anderen Weg, als neu zu überdenken, wie wir Europa gestalten können“, sagte Ackermann am Dienstagabend in der Hamburger Handelskammer vor mehreren hundert Gästen. Die politische Debatte darüber werde aber dauern. „Ein Auseinanderbrechen des Systems ist mit noch höheren Kosten verbunden“, mahnte er.

Der Vorstandschef war als Redner der Versammlung „Eines Ehrbaren Kaufmanns“ (VEEK) der Handelskammer eingeladen. Sein Vortrag wurde für etwa zehn Minuten von Anhängern der „Occupy“-Bewegung unterbrochen. Ackermann lud das gute Dutzend Störer – darunter ein Teilnehmer mit Guy-Fawkes-Maske – zur Diskussion auf das Podium ein. „Ich stelle mich sehr gern der Debatte“, sagte Ackermann. „Aber etwas vorzulesen, hinter einer Maske, das finde ich feige.“ Ohne weiteren Wortwechsel zogen sich die „Occupy“-Mitglieder friedlich unter die Zuhörer zurück.

„Wir sind in einer ganz, ganz schwierigen Situation“, sagte Ackermann zur aktuellen Staatsschuldenkrise in Europa. Es müsse gelingen, Griechenland so zu strukturieren, dass es seine Schulden wieder alleine tragen könne. Andere europäische Länder wie Italien müssten ihre Haushalte konsolidieren, um die Glaubwürdigkeit an den Märkten zurückzugewinnen. Die angeschlagenen Länder müssten zudem ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Zur Zwischenfinanzierung wird nach den Worten Ackermanns ein europäischer Rettungsschirm im Volumen von bis zu 1,5 Billionen Euro erforderlich sein.

+++ Protestcamp vor der HSH Nordbank +++

Auflösungstendenzen kann sich Europa nach Auffassung des Bankenchefs nicht leisten. „Vor allem Deutschland hat mit seiner sehr exportorientierten Wirtschaft größtes Interesse an einem möglichst tief integrierten, politisch und wirtschaftlich starken Europa. Nur ein solches Europa vermag den Wohlstand, den wir erreicht haben, zu sichern“, sagte Ackermann. Und nur ein solches Europa wird nach seinen Worten auch in Zukunft selbstbewusst gegenüber anderen großen Akteuren wie den USA oder China auftreten und in der Welt Gestaltungseinfluss ausüben können.

In der Staatsschuldenkrise trage die Deutsche Bank, aber auch die deutsche Wirtschaft insgesamt, besondere Verantwortung – allerdings nicht weil die „Unternehmen für diese Krise ursächlich gewesen wären“, sagte Ackermann. Vielmehr sei Deutschland eines der wenigen Länder, das überhaupt noch stark genug sei, um zu helfen. „Daneben wären wir aber auch von einem Scheitern der Rettungsbemühungen wohl am stärksten betroffen.“

Eine „Occupy“- Anhängerin warf Ackermann und der Deutschen Bank in einer Fragerunde vor, alle ethischen Regeln außer Acht zu lassen. „Sie vereiteln eine wirkliche Lösung der Finanzkrise“, sagte sie. Ackermann hielt ihr entgegen, dass die Deutsche Bank keine Geschäfte mit Streubomben-Herstellern mehr mache und seine Handelsaktivitäten daraufhin überprüfe, ob sie wesentlich zu einem „unbegründeten Anstieg der Nahrungsmittelpreise“ beitragen könnten. „Wenn wir uns Ihnen anschließen, werden wir keine Stimme mit Gewicht in der Welt mehr haben“, entgegnete Ackermann. Sein Ziel sei, dass Deutschland stets über eine global operierende Bank verfügt.

Staatsgelder für die Deutsche Bank lehnt der Manager weiterhin kategorisch ab. Wie in der Bankenkrise 2008 betrachte er es als wesentlichen Teil der gesellschaftlichen Verantwortung des Geldinstituts, die Staatsschuldenkrise ohne Geld der Steuerzahler, aus eigener Kraft, zu bewältigen. „Jeder Steuerzahler und Politiker sollte froh darüber sein, wenn Unternehmen ohne Staatshilfe auskommen“, sagte Ackermann.

Die Versammlung „Eines Ehrbaren Kaufmanns“ sieht sich als größte wirtschaftsethische Vereinigung Deutschlands – mit einer Tradition seit 1517. Der „Ehrbare Kaufmann“ bekennt sich zur Internationalität und zum Freihandel. Er steht zu seinem Wort, sein Handschlag gilt. (dpa)